Kapitel 22 - Ein nettes Äffchen

77 8 7
                                    

...Am nächsten Morgen wachte ich auf und stellte fest, dass Yi nicht da war. Wieso wird er immer wach, wenn ich aufstehe, aber ich verpenne ihn jedes Mal? Dann fand ich einen Zettel auf dem Tisch. Er war für Wukong einkaufen. Toll, ich durfte alleine rumgammeln, wow. Also beschloss ich ein Bad zu nehmen.

Nach der Erfrischung sah ich nach draußen und das Wetter war wundervoll. Die letzten Wochen hatte man wegen des anfänglichen Winters nicht viel von der Sonne gesehen, also musste ich unbedingt raus. Ich schob die Glastür auf und betrat den Garten. Sofort drang mir das beruhigende Rauschen der kleinen Quelle in die Ohren. Es roch so schön nach nassem Gras und Blättern; wie nach einem Regentag. Ich sog die frische Luft ein. Es gab mir ein kurzes Gefühl der Freiheit.

Während ich weiterhin tief durchatmete, vernahm ich einen mir unbekannten Geruch. Es war keine Pflanze und kein Mensch, also musste es ein Tier sein, dessen Geruch ich noch nicht kannte. Und wenn man sein Leben lang in Shurimas Wüste lebte, hatte man nicht die Möglichkeit viele Gerüche kennenzulernen, was mich schon oft ärgerte. Doch in dieser Situation war mir klar, dass es Wukong sein musste. Ich konnte es kaum erwarten ihn kennenzulernen. Wie er wohl auf mich reagieren würde? So kam er schnell näher. Ich ging schon mal zur Haustür und wartete auf ihn.

Er ließ nicht lange auf sich warten. Eine schemenhafte Gestalt huschte durch den Wald, bis ein riesiger Affe einige Meter vor mir auftauchte und erstarrte. Er trug eine Rüstung und hatte einen Stab bei sich. Plötzlich drehte er sich und erschien direkt vor mir. Ich wich erschrocken zurück, als er mir ins Gesicht schnaubte. Wir starrten uns eine Weile stumm an, bis ich fragte: ,,B-Bist du Wukong?" ,,Ja", antwortete er mir ernst. ,,Und du musst dann Neru-Anne sein", sagte er. ,,Ja." Ich war schüchtern und etwas ratlos. Der Affe betrachtete mich noch mal von allen Seiten, bevor sein Blick deutlich freundlicher wurde. ,,Ist mein Meister da?", strahlte er mich an. ,,Leider nein. Ich habe ihn selbst den ganzen Morgen noch nicht gesehen." Er sah gleich so traurig aus. ,,Aber komm doch rein. Er beeilt sich bestimmt. Er weiß doch, dass du kommst", sagte ich ihm lächelnd. Er kam zufrieden mit mir. Sofort sah er sich um und meinte: ,,Er hat in all der Zeit immer noch nichts geändert." Wir lächelten.

Jetzt sah er mich aus großen Augen an und fragte: ,,Bist du von Geburt an so?" Dabei deutete er auf meine Beine. Ich sah an mir runter, bevor ich antwortete: ,,Ja. Und kannst du von Geburt an sprechen?" ,,Ja", er setzte sich aufs Sofa, ,,ich wurde deswegen bei den anderen Affen immer verstoßen. Aber auch nicht jeder Mensch sieht gerne ein sprechendes Tier. Zum Glück sind wir hier in Ionia; die Leute nehmen mich hier so hin wie ich bin." Ich setzte mich zu ihm: ,,Ich verstehe dich. Bei mir wollten die meisten auch nichts mit einem Menschen zu tun haben, der zu einem Drittel ein Tier ist. Wölfe habe ich bis heute keine kennengelernt, aber da wäre es bestimmt nicht anders. Es war eine gute Entscheidung nach Ionia zu ziehen. Das Volk ist wirklich wunderbar." Er grinste mich an: ,,Wir sind zum Glück beide an den richtigen Menschen gekommen." Ich musste auch grinsen. ,,Meinem Meister waren normale Menschen sowieso schon immer zu langweilig. Deshalb hat er sich hier zurück gezogen", erzählte er. ,,Ich habe noch ein paar Fragen." ,,Nur zu", ich sperrte die Lauscher auf. ,,Woher kommt ihr eigentlich?", begann er. ,,Shurima" ,,Wer sind eure Eltern? Sie können doch nicht normale Menschen sein" ,,Unsere Mutter schon, aber unser Vater ist ein Gott" Er staunte nicht schlecht. ,,Weiter... wie bist du mit meinem Meister zusammen gekommen?", grinste er. Ich spürte augenblicklich die Röte im Gesicht. ,,Eh... es war am Blutmond", sagte ich schüchtern. ,,Wer hat den ersten Schritt gemacht?", stichelte er weiter. ,,Details", er kicherte. Am liebsten hätte ich nicht geantwortet, aber ihm konnte man eindeutig vertrauen. Außerdem schien er seinen Meister so sehr zu verehren, dass es nur fair wäre, wenn er es weiß. Also antwortete ich: ,,Es ist zwar absolut nicht meine Art, aber tatsächlich ich. Es überkam mich einfach, da musste ich ihn küssen. Es lag ganz bestimmt am Mond", versuchte ich die Schuld auf den Mond zu schieben. Er grinste breit. Dieses Grinsen kenne ich doch. Ja, es war Yis verdammt ähnlich. ,,Und was magst du an ihm?", fragte er weiter. Meine schüchterne Gegenfrage: ,,Was sollte ich an ihm nicht mögen?" ,,Das weiß ich um ehrlich zu sein auch nicht." ,,Wie lange bleibst du eigentlich?", wollte ich wissen. ,,Solange ich darf. Aber am liebsten über den Winter. Ionia kann ziemlich kalt werden." ,,Also ich habe nichts dagegen, und Yi bestimmt auch nicht", lächelte ich den Affen an. ,,Danke." ,,Wie lange hast du Master Yi nicht mehr gesehen?", fragte ich noch. ,,Zu lange...", antwortete er, ,,ein paar Jahre glaub ich." ,,Dann wird das doch ein schönes Wiedersehen!"

Wie aufs Stichwort klopfte es an der Tür. Wukong und ich drehten gleichzeitig blitzschnell unsere Köpfe dort hin. ,,Bin wieder da", sagte Yi, als er rein kam. Er schloss die Tür und sofort sprang ihm Wukong in die Arme. Yi musste die Einkäufe fallen lassen und taumelte nach hinten an die Wand. Er lachte und umarmte seinen ehemaligen Schüler. Ich glaubte sogar, dass ihre Augen feucht geworden sind. ,,Du bist schwer!", lachte Yi weiter. ,,Meister! Ich hab dich so vermisst!", schrie der Affe. ,,Ich dich auch, Wu", sagte Yi, setzte ihn auf dem Boden ab und streichelte ihn. ,,Wie ich sehe habt ihr euch schon kennengelernt", er schaute zu mir. Wir nickten. Jetzt trat ich auch zu ihnen. ,,Versteht ihr euch auch?" ,,Ja. Ich war erstmal skeptisch, aber ich mag sie", sagte Wukong. ,,Du bist echt niedlich. Ich mag dich auch", erwiderte ich. Er wurde verlegen, was ihn nicht weniger niedlich machte. ,,Das ist ja super!", freute sich Yi, ,,Wu, ich habe dir Bananen mitgebracht." Wukong sprang wie ein Hündchen auf und sah ihn bettelnd an. Yi gab ihm eine Banane und er verkroch sich sofort auf dem Sofa. Ich schaute nur lächelnd zu. Dann spürte ich kräftige Arm auf meinen Schultern. ,,Vielleicht bilde ich es mir ein, aber ich glaube sogar, dass er gewachsen ist", meinte er. Ich kuschelte mich an ihn und schloss die Augen.

Der Kleine ist mir wirklich schnell ans Herz gewachsen, und bald fing es an zu schneien. Jetzt hatte ich besonders viel Spaß draußen. Bastet und Yasuo kamen nun immer zu uns, wenn ihnen zu kalt war. Aber bald würde das Jahr um sein und der Frühling wiederkommen...
__________________________________
Ich arbeite ab jetzt noch an einer zweiten FF, also KÖNNTE es sein, dass die Kapitel etwas seltener kommen. Aber natürlich wird diese im Fokus stehen.

Zwei Tiere in Ionia - League of Legends FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt