Kapitel 37 - Künstler-Sache

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...Jhin betrachtete mich, nahm das Gänseblümchen aus meinem Haar und drehte es zwischen den Fingern. ,,Wieso hast du eine verwelkte Blüte im Haar?", fragte er. Ich hatte sie total vergessen. Ich richtete mich wieder auf und antwortete: ,,Sie ist von Yi. Als ich sie bekommen habe war sie noch wunderschön und hat in der Sonne gestrahlt. Dann habe ich sie vergessen" Er sah das zarte Ding an und legte es auf den Tisch.

,,Wir konnten bei unserer letzten Begegnung ja nicht wirklich reden, also möchte ich jetzt ein paar Dinge über dich herausfinden", sagte ich. ,,Nur zu. Frag mich alles was du willst", meinte er und stützte sich am Tisch ab.

Ich zeigte auf seinen rechten Arm: ,,Was ist mit deinem Arm passiert?" ,,Ach, nichts", winkte er ab, ,,ich habe ihn nur etwas umgebaut, damit er von Whispers Rückstoß beim Curtain Call nicht zerbirst. Und meine Schulter auch" Er deutete auf einen merkwürdigen Huckel auf seiner rechten Schulter, der vom Umgang verdeckt war.

,,Das mit dem Arm kannst du dir vorstellen wie eine Rüstung", erklärte er. Ich schaute mir den mechanischen Arm mit seinen kunstvollen Messing-Legierungen noch mal genauer an. Deshalb konnte er so mühelos meinen Angriff blocken.

,,Warum hast du jetzt eigentlich für Noxus gekämpft?", fragte ich und spitzte die Ohren. ,,Also erstmal habe ich nicht wirklich gekämpft. Und um deine Frage zu beantworten: Ich erfülle meine Aufträge als Gegenleistung für meine Freilassung. Ich werde deswegen wahrscheinlich zwar nie wirklich frei sein, aber es ist es mir wert, nur so kann ich die Welt verschönern"

Bilde ich es mir nur ein oder ist seine Stimme so dermaßen melodisch, dass es sich so anhört, als würde immer eine Melodie im Hintergrund spielen, wenn er spricht? Ich wusste noch nicht viel über ihn, aber er war keine Person, die sofort meinen Hass auf sich ziehen könnte.

,,Wieso warst du überhaupt eingesperrt?", interessierte mich jetzt. ,,Serienmord - so nennen sie es zumindest", sagte er sehr abwertend. ,,Wie würdest du es nennen?" ,,Kunst", kam es wie aus der Pistole geschossen.

Ich sah ihn unfassbar interessiert an, sodass er erklärte: ,,Der Tod ist das schönste Stadium eines Lebens, aber irgendwie versteht es keiner. Und ich muss diese Schönheit in die Welt setzen. Jedes meiner Kunstwerke ist makellos und wunderschön, aber... ich habe immer das Gefühl, als würde etwas fehlen", er wurde nachdenklich.

Also jemand in Ionia, der genug Macht hat einen Schwerverbrecher zu befreien, unterstützt die Entführung eines Ältesten. Okay... Okay...

,,Ich habe mir auch Gedanken gemacht und finde auch, dass der Tod etwas Besonderes ist", sagte ich lächelnd. ,,Oh, endlich jemand, der es versteht", sagte er.

,,Es fühlt sich so schön an jemanden zu töten", meinte ich noch. ,,Ein kaltherziger, einfacher Tod ist nichts Gutes. Ich bin kein Mörder, sondern Künstler. In eine Tötung muss viel Energie vom Sterbenden und Tötenden fließen, außerdem sind Konzentration und Präzision wichtig. Ist es dann noch was Besonderes und Einzigartiges kannst du es wahre Kunst nennen. Und Whisper ist perfekt für diese Anforderungen geschaffen", entgegnete er. Ich war wie gebannt von seinen Worten.

,,Wer oder was ist Whisper überhaupt?", fragte ich. ,,Mein Werkzeug", sagte er und legte seine kunstvolle Sniper auf den Tisch, die mir von Anfang an schon gefallen hat. ,,Wunderschön", hauchte ich. ,,Nicht wahr?", stimmte Jhin zu, ,,Ich habe sie extra für diesen Job anfertigen lassen"

In den Moment kam der Barkeeper mit einer großen Flasche Wein zurück und Jhin holte sein Geld raus. Große Scheine wechselten den Besitzer.

,,Warum hast du dich eigentlich ausgerechnet für so einen Wein entschieden?", fragte ich. ,,Ich halte mich nie lange in der Gegenwart von Menschen und Gebäuden auf. Also wenn ich mir schon was gönne, dann was Richtiges", antwortete er. Das machte Sinn.

In der Zeit inspizierte ich die verlockende Waffe vor mir. Aus welchem Material sie bestand konnte ich nicht sagen, aber sie war einfach wow.

Vorsichtig nahm ich sie in meine Hand, während Jhin wie ein Wachhund jede meiner Bewegungen beobachtete. Entsprechend der Form und Größe war das gute Stück wirklich schwer, aber sie lag wirklich bequem in der Hand. Aufgrund des breiten Laufes konnte ich mir das Kaliber gut vorstellen. Ich hätte dieses Tötungswerkzeug zu gern mal in Aktion erlebt.

Ich legte die Waffe wieder hin, da Jhin immer nervöser wurde. ,, Wirklich wunderschön", sagte ich lächelnd. ,,Vielen Dank. Habe sie extra anfertigen lassen", antwortete er wieder entspannt.

Ich schaute tief in sein rotbraunes Auge. Es zeigte das Verlangen nach Blut, aber nicht wie in einem Blutrausch, sondern eher amüsiert und entspannt. Unglaublich anziehend.

,,Was verbirgt sich eigentlich hinter dieser Maske?", fragte ich endlich. Jhin kicherte tief: ,,Das wird wohl nur der Tod selbst erfahren" Ich verstand und ließ das Thema bleiben, was meine Neugier jedoch nicht minderte.

Jetzt sagte Jhin: ,,Du hast mich so sehr ausgefragt, jetzt bin ich mal dran dich etwas kennen zu lernen. Lass uns etwas rausgehen. Die Sonne geht wieder auf" Es dämmerte tatsächlich schon. Die ganze Nacht hatten wir in dieser Bar verbracht.

Ich sah zu meinen Freunden rüber, die immer noch heiter und betrunken ihren Spaß hatten. Anscheinend haben sie meine Abwesenheit noch nicht bemerkt... Ist wahrscheinlich auch besser so.

,,Ja, etwas frische Luft würde mir auch gut tun", antwortete ich, nachdem ich wieder zu Jhin schaute.

Wir standen auf und gingen zur Tür. Noch ein letztes Mal sah ich zu den anderen rüber, aber dachte mir Lass ich sie etwas in Ruhe. So schnell werden sie mich schon nicht vermissen.

Draußen schob sich langsam eine rote Sonne über den Horizont und färbte den östlichen Himmel von feurig-orange zu zart-rosa.

Jhin und ich liefen gemächlich durch die Straßen Richtung Stadtrand, während ich die rosa Zuckerwatte am Himmel beobachtete...
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Noch unkorrigiert, weil gute Nacht.

Zwei Tiere in Ionia - League of Legends FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt