Kapitel 42 - Neuer Horizont

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...Ich stellte mich auf die Reling und wartete darauf, dass das Schiff nah genug an die Küste fuhr. Yi stand dicht hinter mir und schaute sich die Stadt nur mit einem missbilligendem Blick an. ,,Ich geh dann jetzt", sagte ich zu meinem Schatz und beugte mich zu ihm runter, um ihm einen Abschiedskuss zu geben. ,,Pass gut auf dich auf und halt dich nicht zu lange hier auf", sagte er leise mit geschlossenen Augen, nachdem wir uns lösten, als wäre er noch irgendwie benommen. Er öffnete seine Augen langsam und sah mich irgendwie... leer an. ,,Ganz bestimmt", antwortete ich kalt, ,,pass du auch auf dich auf" Er nickte und ich sprang ab, noch bevor der Anker überhaupt geworfen wurde. Yi würde jetzt noch weiter fahren.

Die letzten Stunden war diese merkwürdige Spannung zwischen uns gewesen. Wir verhielten uns eher, als wären wir uns völlig fremd und hätten keine Gefühle für einander. Aber ich spürte, wie ihn die Sorgen quälten, genauso wie mich; vor allem nach meinem Erwachen. Auch am Kuss gerade konnte ich spüren, wie ungern er mich gehen ließ. Er hatte sich mir nämlich noch hinterher gestreckt, als ich mich löste, und schien so berauscht. Ich konnte nur hoffen, dass diese Reise etwas brachte. Aber Kata würde mich nicht zu ihr ins Land rufen, wenn es nicht wichtig wäre.

So schnell wie möglich huschte ich durch die dreckigen Straßen Zhauns und suchte mir den besten Weg hinauf. Der Gestank machte sich in meinem gesamten Kopf breit. Ich hätte würgen können. Vorsichtig sprang ich umher, um nicht in eine Pfütze oder Ähnliches zu treten. Stück für Stück machte ich mir um die Aufzüge herum meinen Weg nach oben, indem ich von Dach zu Dach sprang.

Oben angekommen war ich nicht gerade erleichtert. Piltover schien offensichtlich sauberer zu sein, aber hier würde ich genauso wenig wohnen wollen. Es war mir hier zu hell und modern. Während ich in Zhaun trotz meiner Eile komplett ignoriert wurde, kassierte ich hier sofort neugierige Blicke.

Ich sah mich um, um mir eine Übersicht zu verschaffen, und rannte sofort weiter Richtung Süden. Auf dem Schiff hatte man mir erzählt, dass es dort einen Pass durchs Gebirge gab. Es wäre zwar ein kleiner Umweg, aber durch die Berge zu rennen würde deutlich länger dauern.

Nach wenigen Stunden konnte ich den Engpass schon erkennen und lief geradlinig darauf zu. Ich lief nur noch von automatisch. Meine Beine trugen mich in einem gleichmäßigen Tempo, während ich meine Aufmerksamkeit ganz in mich rein fokussierte. Ich bemerkte gar nicht, dass ich schon im Sumpfgebiet war, und lief instinktiv die Bergkette nach Osten entlang.

Ich malte mir aus, was in Noxus passieren würde, spekulierte darüber herum, was Kata wohl genau wollte, aber erinnerte mich auch einfach an schöne als auch schlechte Momente meiner Vergangenheit in Shurima, bis meine Erinnerungen irgendwann auch in Ionia angekommen waren: wie wir Ahri kennengelernt haben, die uns dann den anderen vorgestellt hat, wie ich meinen Helden zum ersten Mal sah, wie dieser Held mich tanzen lehrte und ich danach auf Zed traf, wie noch Yasuo dazu kam, wie die Noxier und Ionier zum ersten Mal aufeinander trafen, was Kata Talon für Kopfschmerzen bereitet hat, wie der Blutmond verlaufen ist, unser erster Kuss, die Magie des Lotusgartens, wie ich Lucian fand, wie unser Ausflug in die Berge schief gegangen war, aber ein wirklich schönes Ende nahm, wie viel Spaß ich mit Wukong hatte, aber auch wie ich eines Nachts erwachte und mich einem Toten und meiner Vergangenheit stellen musste, wie wir uns kurz darauf in einem Blitzkrieg behaupten mussten, wie ich bei den Vastaya etwas über mich selbst herausfand, wie ich Riven und Jhin konfrontiert hatte - oder sie eher mich, wie ich Yi rettete, aber es nur noch mehr eskalierte, wie wir zusammen den Sieg feierten, wie süß und angepisst Yi sein konnte, wenn er eifersüchtig war... und dann... dann war ich wieder hier. Ich habe schlimme Sachen in Ionia erlebt, das ist wahr, aber dafür hatte ich hier ein schönes Leben, indem ich Spaß, Liebe und Freundschaft erfahren durfte. Alles, was vor vor einem Jahr stattgefunden hatte, war ein öder Alltag, der nur aus trainieren, lernen, essen und schlafen bestanden hatte. Einfach unglaublich wie schnell sich ein ganzes Leben ändern konnte. Ich wollte nie wieder weg; ich wollte, dass es ewig währte...

Zwei Tiere in Ionia - League of Legends FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt