Spiel mit dem Feuer?

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Als kleines Kind habe ich mir manchmal das Hochzeitsfoto meiner Eltern angeschaut. Sie sahen nicht sehr glücklich aus, meine Mutter trug ein weisses Kleid was aber kein echtes Brautkleid war. Ihr kugelrunder Bauch stach einem sofort ins Auge, sie war schwanger. Mit mir. Einem Kind das sie beide nicht wollten, aber damals waren Abtreibungen keine Option. Es war ein Tabuthema, eine Todsünde auch wenn meine Eltern nicht religiös aufgewachsen sind, so galt dies als ein unausgesprochenes Gesetz. Also waren sie gezwungen zu heiraten, und so kam es zustande, dass dieses Foto, ein Erinnerungsstück das eigentlich an den schönsten Tag in einem Leben erinnern sollte, Beweis eines unglücklichen Unfalles war. Auch mein Vater, an den ich mich kaum noch erinnere, stand da und schaute in die Kamera, aber in Wahrheit war er betrunken. Das war er eigentlich immer, sein Atem roch immer nach Alkohol. Meistens nach billigen Fusel den er sich in einem Schnapsladen gleich um die Ecke besorgen konnte. Er war dort Stammkunde sozusagen.

Nein, meine Eltern waren kein gutes Vorbild in Sache Ehe. Im Gegenteil über ihrer Ehe, die durch mich erzwungen wurde, lag stets ein Schatten. Obwohl man der Ansicht ist, dass Kinder die von einem oder beiden Elternteilen abstammen die einen Hang zum Alkoholismus haben, ebenfalls daran erkranken, bin ich ein gute Beispiel. Doch heute ist eine Ausnahme. Heute greife ich gerne zum Glas. „Noch einen." Ich stelle das leere Glas auf den Tresen und schiebe es dem Barkeeper hin, fordere ihn damit auf es aufzufüllen. Sein Blick sagt mir, dass er es sich überlegt doch dann schenkt er mir doch noch einen ein. „Geht doch." Ich setze das Glas an und kippe es auf ex runter, die durchsichtige Flüssigkeit die sich Tequila nennt, brennt höllisch als sie sich einen Weg durch meine Kehle sucht. Aber ich heisse das Brennen willkommen, der Alkohol fängt an meine Gedanken zu stoppen und neben dem Brennen schleicht sich eine dumpfe Benommenheit in meinen Kopf. Ich schiebe das Glas dem Barkeeper erneut entgegen, dieser sieht mich eindringlich ein.

„Gibt es einen Grund, dass du dich um elf schon betrinkst?" Der Typ, ein grobschlächtiger, breitschultriger Mann mit Glatze und einem leichten Dreitagebart sieht mich auffordernd an. Ich lehne mich etwas zu ihm rüber und sehe wie er die Nase rümpf, die Geste erinnert mich an meine Mutter. Auch sie hat manchmal die Nase gerümpft wenn mein Vater sie küssen wollte. Sie hat sich dann immer schnell weggedreht und hat so getan, als hätte er es nicht absichtlich getan. Genau wie die Schläge. Eine Menge Schläge, noch immer kann ich das dumpfe Geräusch hören das seine Faust erzeugt hat, wenn er sie wieder einmal zusammen geschlagen hat. Oh nein, meine Eltern waren wirklich kein gute Beispiel was eine Ehe anbelangt. „Mein Freund, den ich für tot gehalten habe, tauchte plötzlich wieder auf. Obwohl ich mich beinahe in einen anderen verliebt hätte, oder vielleicht habe ich das auch. Keine Ahnung. Jedenfalls hat er alles aufgewirbelt, den ganzen Scheiss den wir zusammen durchgemacht haben. Und das beste kommt noch, heute wird er operiert. Hirntumor, fünfundneunzigprozentige Chance, dass er es nicht überleben wird. Aber es kommt noch besser, bevor er rausgeschoben wurde hat er mir einen Antrag gemacht." Ich ziehe beide Braune nach oben und sehe wie meinem Gegenüber für ein paar Sekunden die Gesichtszüge entgleiten.

„Ganz genau." Ich tippe ihm gegen die Brust und lache, weil sich mein Finger wie Wackelpudding anfühlt. „Ich habe also allen Grund schon um diese Zeit betrunken zu sein.", lalle ich und nicke mehrmals. Er erwidert nichts darauf und schenkt mir noch mal ein, ich zwinkere ihm zu und kippe den Inhalt hinunter. Begrüsse erneut das Brennen und spüre wie mir etwas schwindelig wird, ich halte mich an der Kante fest, kann mich aber nicht mehr halten und falle auf den Boden. Der Barkeeper hilft mir auf und bringt mich nach draussen, wo er mich auf eine Stufe setzt und mir ein Handy in die Hände drückt. „Ruf wen immer du willst an. Aber besorg jemand der dich nach Hause fährt." Sein Blick ist irgendwie sanft was überhaupt nicht zu seinem Äusseren passt, aber es ist nett von ihm. Ich nicke und kneife die Augen zu als ich die Tasten sehe. Langsam und mit zittrigen Fingern tippe ich eine Nummer ein und als ich es klingeln höre, frage ich mich wen ich eigentlich anrufe. „Mia? Was ist los?" Derek. Ich habe also Dereks Nummer gewählt, schon komisch. Ich muss das Lachen, dass sich in meiner Kehle bildet, unterdrücken und atme tief ein. „Kannst du mich abholen?" Ich gebe ihm eine Beschreibung, denn die genaue Adresse kenne ich nicht.

Desert Love: Liebe vergisst nieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt