Zwiespalt

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„Darf ich dir den zweiten Inhaber vorstellen?", reisst mich Christina aus meinen Erinnerungen. Ich sitze wie erstarrt da und schaue in die blauen Augen des Mannes, den ich vor ein paar Monaten in Kairo kennen gelernt habe. „Mia Summers? Was für eine Überraschung Sie hier wieder zu sehen.", begrüsst er mich und lächelt charmant. „Ihr kennt euch? Woher?" Sie sieht mich fragend an und ich weiss gar nicht wem ich zuerst antworten soll. „Ja, wir haben uns in Kairo kennen gelernt.", erwidere ich stotternd. Dereks blaue Augen funkeln und sein Lächeln ist hübsch, aber ich frage mich mehr, wieso gerade er der Mitinhaber sein muss. „Das hast du mir gar nicht erzählt." Mir entgeht der Blick nicht den sie mir zuwirft, aber im Moment habe ich dafür keinen Kopf. Ich muss mich zur Ruhe zwingen, versuche so gut es geht gegen die aufsteigende Panik anzukämpfen.

„Was machen Sie hier? Und wie geht es Prinz Said?" Dereks Stimme ist meilenweit weg, es ist als hätte sich eine Blase um mich gebildet die mich vor der ganzen Aussenwelt abschirmt. „Er...er..." Ich breche ab, rutsche vom Hocker und will mich durch die tanzende Meute drängen. „Mia!", höre ich Christina rufen. Doch ich bleibe nicht stehen, kämpfe mich durch das menschliche Knäuel das sich wie eine unüberwindbare Wand zwischen dem Ausgang und mir bildet. „Mia...jetzt warten Sie doch." Derek steht plötzlich neben mir und hält mich auf, seine Hand schliesst sich um meinen Arm. Die Berührung lässt meinen ganzen Körper anspannen, meine Lunge verkrampft sich mit jedem Atemzug mehr und die Schmerzen werden immer stärker. So, als ob mir jemand ein Messer in die Brust stechen würde und mit Genugtuung Stück für Stück herumdrehen.

„Ich wollte Sie nicht...", er sucht nach den richtigen Worten das kann ich ihm ansehen. Ich muss mich aus dieser Situation befreien und der erste Impuls wäre abzuhauen und mich wieder zu verkriechen. Aber ich habe mir geschworen, das sich mich ändern werde. Also atme ich tief ein und überwinde meinen Schmerz. Miles ist tot, aber ich lebe. Und er hätte nicht gewollt, dass ich mich mein Leben lang verkrieche. „Wir haben uns getrennt." Dereks Augen leuchten für einen kurzen Moment auf, um höflich zu bleiben wird sein Blick mitfühlender. Ich vergebe ihm seinen egoistischen Moment und tue so, als hätte ich es nicht gesehen. „Das tut mir leid. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Ich verstehe natürlich wenn Sie jetzt gehen wollen." Er lässt meine Hand los und sieht mich abwartend an.

Mein Blick gleitet zur Tür und verweilt dort ein paar Sekunden, aber da ich mir vorgenommen habe weiter zu leben, auch wenn es mir noch so schwer fällt, lasse ich ab und schaue Derek an. Betrachte sein hübsches Gesicht und schüttle den Kopf. „Nein, ist schon okay. Die Umstände unserer Trennung waren schwierig und na ja, es fällt mir schwer darüber zu reden." Derek nickt verständlich und begleitet mich wieder zurück zu Christina die mich besorgt mustert. „Alles in Ordnung?" Ich nicke und setze mich wieder auf den Hocker, leere mein Glas und bestelle mir noch einen. „Alles ist okay.", sage ich mehr zu mir selbst als zu Christina. Ich sehe ihr an das sie mir nicht glaubt, aber wie ich es vorhin bei Derek ignoriert habe, ignoriert sie es bei mir. „Wieso haben Sie sich für das unsichere Leben eines Clubbesitzers entschieden?"

Ich nippe an meinem Drink und schaue ihn genau an, der leichte Dreitagebart lässt ihn noch männlicher wirken als in Kairo. Ich weiss jetzt wieder wieso ich ihn damals schon attraktiv fand, nicht, weil er mich an Miles erinnert hat, sondern, weil er dieses gewisse Etwas hat. Er nippt an seinem Whiskey und lässt das Eis im Glas hin und her kreisen. Was ein knisterndes Geräusch erzeugt und die Vorstellung wie das Eisstück zwischen seinen Lippen über meinen Körper fährt, lässt mich ein Gefühl spüren das ich schon lange nicht gefühlt habe. Lust. Aber auch Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit. Ich fühle mich schlecht, dass ich das bei Derek spüre, aber ich muss mir immer wieder sagen, dass ich am Leben bin und das ich auch Gefühle und Bedürfnisse habe. Was schwer ist, denn die Schuldgefühle Miles gegenüber sind da und lassen sich nicht so leicht ab schütteln. Auch wenn ich weiss, dass er es verstehen würde, empfinde ich es für zu früh für so etwas.

Desert Love: Liebe vergisst nieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt