2. Kapitel/Melissa/Eintragung

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„Hey Hoooooooo!", rief Felice durch das ganze Klassenzimmer und zog die Aufmerksamkeit aller Schüler wie ein übergroßer Magnet auf sich. Am Anfang dachte ich mir, dass ich mich verhört habe und es nicht Felice ist, denn sie würde absolut niemals schreien. Als dann jemand über eine Tasche stolperte, war ich mir zu hundert Prozent sicher, dass es doch Felice war. Müde richtete ich meinen Blick auf sie und vergaß fast zu atmen. In Hopserlauf galoppierte meine Freundin auf mich zu und grinste mich mit einem nach meinem Geschmack zu gut gelaunten Lächeln an. Nicht dass sie mit ihren 178 cm locker 12 cm größer war als ich – wie fast jeder Schüler in diesem Internat – und ich mir wie ein Zwerg vorkam, war das Problem. Sondern was gänzlich anderes ...

Ich starrte wie besessen ihre lila Haare und das Bridge-Piercing zwischen ihren leuchtenden Augen an.

Was war nur im Sommer mit ihr passiert ...

Felice ließ sich auf den Sessel neben mir plumpsen und biss sich neugierig auf ihre Unterlippe.

„Und fällte dir etwas auf?", fragte sie mich, als wäre es nicht offensichtlich was mit ihr passiert bist.

„Meine beste Freundin ist ein ... Punk?", lachte ich unsicher. Was war nur in den Ferien passiert? Ich sah vor mir kein grinsendes, blondes Mauerblümchen, das nicht einmal geschafft hatte, dem Lehrer zu sagen, dass sie auf die Toilette musste.

„Punk?", sprach Felice verwirrt und fuhr sich durch ihr langes – lila – Haar.

„Ach vergiss es! Die Frisur steht dir und das Piercing ist echt cool!", gab ich ehrlich zu und vermisste irgendwie mein altes Mauerblümchen.

„Thank ya!", sagte Felice und holte einen Block mit einem Kugelschreiber heraus. Sie war doch noch ganz die Alte – jedenfalls ein Teil.

„Hey, kannst du mir vielleicht einen Stift leihen?", fragte ich meine Freundin und lächelte sie entschuldigend an.

„Logo.", damit legte sie einen Stift auf den Tisch, als ich einen Notizblock herausholte. Gerade als ich den Kugelschreiber in die Hand nahm, fiel mein Blick auf die Inschrift „Alexander", und ich hielt inne.

„Der ist von dem neuen Restaurant Alexander. Die machen echt gutes Essen.", erzählte Felice, aber ich vernahm ihre Stimme fast kaum.

Alexander.

Ich konnte seine sturmgrauen Augen vor mir sehen und erschauerte. Es war fast so als hätte man mir einen Dolch ins Herz gerammt. Mein Mund wurde schlagartig trocken und ich starrte den Stift an, der in meinen Händen zu zittern begann. Alexander. Hätte ich meine Augen geschlossen, dann hätte ich ihn vor mir sehen können mit seinem verwehten, dunkelbraunen Haar und den sturmgrauen Augen die mich liebevoll anfunkelten. Aber ich brauchte nichts davon tun – denn ich sah ihn vor mir.

Mein Atem blieb in meiner Kehle stecken und ich blickte ihn fassungslos an. Alex saß verkehrt auf den Sessel vor mir, legte seinen Kopf auf die Lehne und musterte mich lächelnd.

„Alexander?", hauchte ich verwirrt. Wie konnte er hier sein?

„Mel?" Es war unmöglich, dass er hier wäre. „Mel?" Und doch konnte ich ihn sehen als würde er vor mir sein. „Mel ...?" War das alles ein Traum? Würde ich nun endlich aus dem Albtraum erwachen?! „Mel!", schrie auf einmal Felice meinen Namen und ich schreckte zu ihr hinüber. Ich blickte in ihre himmelblauen Augen, die mich fragenden anschauten.

„Ich habe ...", wollte ich beginnen ihr von Alexander zu erzählen und blickte wieder nach vorne. Ein leerer Sessel. „Ich musste an etwas denken.", besserte ich mich aus und ich spürte wie meine Hoffnung wieder in mir versank. „Dass im Sommer mir passiert war."

Love to hate youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt