12 | red blackness

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Ich kenne beide.

Doch wichtiger ist mir der Junge.

Es ist Harry.

„Nein!", schreie ich panisch. Meine Augen gleiten durchs Zimmer, um etwas zu finden, mit dem ich Simon außer Gefecht setzen kann.

Ich sehe das Gewehr, das an der Wand lehnt und greife es mir.

Es ist schwer in meinen Händen und ich habe keine Ahnung wie ich es bedienen soll.

Ich wanke etwas, doch finde meine Balance. Der Alkohol in meinen Adern verfliegt und wird ersetzt durch Adrenalin, als ich das Gewehr auf Simon richte und schieße.

Ich schaffe es fast nicht und meine Hand beginnt zu bluten, da ich beim Abziehen ausrutsche, aber das ist nicht wichtig, denn ich treffe Simons Kopf und er fällt auf Harry.

Simons Leiche fällt auf ihn.

Überall auf der weißen Decke ist nun Blut. Alles ist rot.

Harry schreit und weint und versucht verzweifelt unter Simon hervor zu kriechen.

Ich schmeiße das Gewehr auf die Erde neben mich und schiebe Simons toten Körper mit aller Kraft von der jüngeren Version Harrys.

Seine Haare sind etwas kürzer und sie sind lockig. Er hat rot umrandete Augen und schluchzt. Seine Wangen sind von Tränen verschmiert und die roten Lippen sind gar blutig gebissen.

Ich helfe ihm vorsichtig vom Bett. Meine rote Kapuze trage ich immer noch.

Harry wankt in meine Arme. Er trägt bloß eine Unterhose und ein aufgeknöpftes Shirt.

Er ist schweißnass und zittert.

Schließlich knicken seine Beine um und wir beide knien uns auf den Boden neben das Bett.

Ich schließe ihn fest in meine Arme und drücke ihn. „Harry", murmle ich leise vor mich hin. Immer wieder und wieder.

Der jüngere schluchzt in meine Schulter und krallt sich mit seinen Händen in den Stoff meines Mantels.

„Er kam hinein und ich dachte es wäre der Doktor, den du versprochen hast mir zu senden, aber... aber..." Er schluchzt erneut los und macht es mir damit unmöglich seine Sätze zu verstehen.

Ich sage ihm, dass er nicht sprechen muss. Dass nun alles in Ordnung ist und ich da bin.

„Du hast ihn erschossen, Louis", meint Harry dann in die Stille.

Er hat aufgehört zu Weinen und ich wiege ihn etwas hin und her.

„Er hat... Es ging nicht anders." Ich finde keine Worte und schüttle nur den Kopf.

„Ihn erschossen. Mit einem Gewehr... Was ist, wenn man uns jetzt findet, huh? Ich... Ich kann das nicht, Louis."

Harry löst sich von mir und sein Gesicht zeigt mir eine Verletzlichkeit, die mir so sehr in meinem eigenen Herzen schmerzt, dass mir selbst eine Träne die Wange herunter rollt.

Harry hat Recht. Ich habe gerade einen Menschen umgebracht.

Wie konnte ich so blauäugig sein und denken, dass das Märchen keinesfalls anders als das Original verlaufen würde? Wie konnte ich denken, dass ein wirklicher Wolf auf mich warten würde, der meine Großmutter gefressen hat?

Von vorne an war einfach alles viel zu einfach und zu deutlich. Ich wusste zu schnell wo ich war und das war der Fehler, der mich nun an diesen Punkt gebracht hat.

Harry sitzt vor mir und trocknet sich seine Tränen mit seinem weißen Hemd. Es ist voller Blut und erst da merke ich, dass Simons Blut auch an mir klebt.

Harry ist viel jünger als in den anderen Realitäten. Er ist fast noch ein Kind.

Ich sollte diesen Harry hier noch nie gesehen haben, ich sollte ihn nicht kennen. Aber er kommt mir mehr als bekannt vor.

Ich kenne ihn.

Ich kenne diese treuen Augen und diese Lippen. Ich kenne diese Haarlänge an ihm und sogar seinen Duft.

Harry riecht anders als sonst und damit meine ich nicht, dass sich der Gestank eines toten Menschen und der seines Blutes unter Harrys sonstigen Geruch mischt, sondern ich meine, dass Harry anders ist und anders riecht.

Er weint. Hat er das je?

Ich erinnere mich nicht.

Mein Kopf brummt und meine Gedanken laufen viel zu schnell.

Was passiert jetzt?

Am Ende des Märchens kommt der Jäger und schneidet den Wolf auf. Er befreit die Großmutter und wirft den Wolf mit Steinen im Magen in eine Grube.

Aber ich habe den Wolf getötet und Harry gerettet, bevor ihm noch mehr zustoßen konnte.

Werde ich in dieser Version derjenige sein, der aufgeschnitten wird?

Ich sehe Harry mit schuldigen Augen an.

Dieser sieht etwas an mir vorbei. Scheint nirgends wirklich hinzusehen.

„Louis, ich glaube du solltest gehen."

Ich sehe ihn fragend an. „Und was ist mit dir?"

„Ich werde es schon überleben. Ich gehe in die Stadt zum Doktor und lasse mich behandeln und dann..." Er schüttelt den Kopf. „Aber du solltest jetzt wirklich gehen."

Ich schlucke und weigere mich aufzustehen. Es sind meine Füße, die sich nicht bewegen wollen. Mein ganzer Körper, der nur starr dort sitzen kann.

Ich starre den Jungen mir gegenüber an.

Harrys Augen verlieren den Glanz. Sie werden nahezu schwarz.

Ernst.

Leblos.

„Du solltest jetzt gehen", wiederholt er.

Diesmal ist seine Stimme tiefer und bestimmender.

Ich erhebe mich.

„Jetzt." Er sitzt immer noch auf dem Boden und schaut mich an.

Ich schnappe nach Luft und greife mir meinen Korb. Dann renne ich so schnell wie ich kann aus dem Haus.

gedanken? jamie xx

wonderland | larry ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt