Alles oder Nichts

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Zwei Stunden später hielt Jaxon vor meinem Zuhause.
Mein Herz klopfte zum Zerspringen als ich sah, dass Tylers Mustang vor dem Haus stand.
„Soll ich ihn wegschicken?", fragte Jaxon angespannt.
Ich schüttelte den Kopf.
„Tyler wird mir nichts tun ... er ..."
„Bist du dir da Sicher? Ich meine, er war vorhin wirklich wütend", gab er zurück.
Er glaubte mir nicht.
Was ich vollkommen verstehen konnte. Immerhin hatte er Tyler ziemlich wütend gesehen. Angst einflößend.
Aber ich war mir sicher, dass er mir nichts tun würde.
Ich nickte.
„Er ist kein schlechter Kerl. Glaub mir. Er ist nur ... ziemlich aufbrausend", versuchte ich Jaxon zu beruhigen.
Jaxon seufzte schwer.
„Na schön, aber wenn was sein sollte, ruf mich an, okay?"
Ich lächelte ihn an.
„Natürlich", versprach ich ihm.
Dann stieg ich aus dem Auto aus.
Zur selben Zeit stieg auch Tyler aus seinem Wagen.
So schnell schien er nicht aufzugeben.
„Kannst du kurz hier draußen warten. Ich würde mich gerne noch frisch machen", bat ich ihn als ich hinter mir dir Türe des Autos zugemacht hatte.
Er nickte dazu nur.
Ich atmete schwer aus und ging also ohne zu zögern zum Haus.
Niemand war da, was mich nicht wunderte.
Deswegen ging ich auch gleich hoch um zu duschen, mir die Zähne zu Putzen und mir frische Klamotten anzuziehen. Bevor ich mit meinem Handy wieder hinunterging.
Jaxon war mittlerweile weggefahren.
Tyler stand an der Autoseite und lehnte gegen den Wangen.
Als ich auf ihn zu kam, stieg er allerdings wieder ein.
Mit klopfenden Herzen tat ich es ihm gleich.
Kaum hatte ich mich angeschnallt, fuhr er auch schon los.
Keiner von uns beiden sagt etwas.
Ich wusste noch nicht einmal wo wir hinfuhren.
Alles was ich wusste war, das wir Hemmington verließen.
Und dann fuhren wir durch einen Wald, auf einen Weg, der nur aus Kies bestand.
„Wo fahren wir denn hin?", erkundigte ich mich vorsichtig.
Im nächsten Moment hielten wir auch schon.
Tyler warf mir einen kurzen Blick zu und stieg aus.
Ich tat es zögernd. Folgte ihm zur Motorhaube seines Autos.
Wir befanden uns auf eine Art Berg, von unseren Aussichtspunkt konnte man auf die ganze Stadt blicken.

Es sah unglaublich aus.
„Seit ich klein bin, komme ich hier her wenn alles um mich herum ... wenn alles mir zu viel wird", begann Tyler und sah nach vorne. „Hier oben hatte ich das Gefühl, nichts könnte mir etwas antun, mir wehtun. Hier oben konnte ich der sein der ich wollte."
Bei seinen Worten zog sich in mir etwas zusammen.
„Es hat mir früher immer geholfen."
„Und jetzt nicht mehr?", schaffte ich zu fragen.
Er atmete schwer aus und dann sah er mich an.
Die Verzweiflung war immer noch in seinen Augen.
Tyler wandte sich zu mir.
Zwischen uns war gerade noch ein paar Zentimeter platz.
„Nur noch du", wisperte er, „Ich habe es versucht. Ich habe versucht dich von mir fernzuhalten. Das ist das Beste für dich. Aber ..."
Tyler hob seine Hand und legte sie auf meine Wange. Mit dem Daumen fuhr er mir federleicht über die Lippen.
Mir stockte der Atem.
Tyler trat noch näher, und dann gab es nur noch ihn.
Seine Lippen auf meinen. Vollkommener Rausch an Glücksempfindungen.
Seine Hand fuhr in mein Haar, hielten mich fest, besonders seine freie Hand die er um mich legte und mich enger an sich zog.
Ich konnte mich nicht dagegen wehren. Ich legte meine Arme um ihn und erwiderte den Kuss.
All die guten Vorsätze waren weggeblasen. Ausradiert. Gelöscht.
Hatte ich noch vorhin vorgehabt ihm zu sagen das wir einfach in Zukunft getrennte Wege gehen sollten, wollte ich nun alles und noch mehr. Mir waren die Konsequenzen vollkommen egal. Hauptsache Tyler würde mich weiter so berühren, so küssen.
Tyler gab eine Art Knurren von sich und der Kuss wurde noch leidenschaftlich.
Ich vergaß alles um mich herum. Alles was ich konnte war mich an ihn zu klammern und mich in diesen Kuss fallen zu lassen. Und mein Gott wie gut er küssen konnte. So hatte er mich noch nicht mal bei unseren ersten Kuss geküsst.
So standen wir eine Ewigkeit da und dann unterbrach ich den Kuss.
„Warte. Bitte", keuchte ich nach Luft.
Tyler stoppt sofort. Los ließ er mich nicht.
„Wirst du mich morgen wieder ignorieren?", fragte ich ihn.
Ich musste mich wieder fangen. Dabei wollte alles mir diesen Moment einfach genießen.
Doch ich wusste, ich musste klar denken, zumindest wieder anfangen damit.
Tyler zuckte zusammen. Wirkte ziemlich Schuldbewusst.
„Ich hab versucht, das Richtige zu tun", antwortete er mir.
„Das Richtige?", hakte ich verständnislos nach.
Er atmete tief durch und beugte sich zurück.
Tyler strich mir meine Haare zärtlich aus dem Gesicht.
„Du und ich sind uns nicht erst auf der Party am Strand begegnet. Du kannst dich daran nur nicht erinnern", erzählte er mir.
Liebevoll blickten seine Augen mich nun an.
„Kurz nachdem ihr hier hergezogen seid. Ich war damals zehn Jahre alt. Dein Vater der neue Polizeichef, und der Einzige, dem es nicht egal war, dass mein Vater mal wieder vollkommen betrunken auf meine Mutter und mich los ist. Er hat mich eines Nachts, als es mal wieder ganz schlimm war, nach einem Einsatz mit zu euch genommen."
Daran konnte ich mich gar nicht erinnern.
„Ich war vollkommen fertig, sonst kümmerte ich mich immer um mich selbst. Doch kaum waren wir bei euch, hast du das getan. Ein kleines Sechs Jahre altes Mädchen. Du hast mich sogar getröstet als ich einen Albtraum hatte. Seit diesem Moment gehöre ich vollkommen dir. All die Mädchen mit denen ich was hatte ... mit ihnen habe ich versucht, dich von mir fernzuhalten. Mich davon abzuhalten mir das zu holen nachdem ich mich sehne. Doch du ... dann die Party. Ich konnte es nicht länger."
Er lehnte seine Stirn gegen meine, atmete verzweifelt aus.
„Ich bin kein guter Kerl, das werde ich niemals sein. Ich kann dir absolut nichts bieten. Dabei verdienst du jemanden, der dir die Sterne vom Himmel holt."
Ich konnte es nicht glauben. Er machte mir gerade eine Art Liebeserklärung. Auf seine Art.
„Ich bin nur ein Kerl der versucht, sein Leben auf die Reihe zu bringen. Der Kerl der aus der Gosse kommt. Ich bin nicht so schlau und gut wie du. Ich -."
Mit einem zärtlichen Kuss brachte ich ihn zum Verstummen.
Damit hatte er absolut nicht gerechnet.
„Hör auf dich so nieder zu machen, okay? Tu mir bitte den Gefallen. Denn das mag ich nicht."
Er gab ohne zu zögern nach und nickte einverstanden.
„Tyler? Was willst du von mir?", fragte ich ihn dann, wobei ich meinen ganzen Mut zusammennehmen musste.
Er lehnte sich wieder zurück und sah mich an.
„Willst du das wir uns wieder voneinander fernhalten? In unsere Leben zurückkehren und weiter so tun als wäre zwischen uns absolut nichts passiert?"
Etwas was ich nicht wollte.
Nicht nach diesem Kuss.
„Oder willst du mich? Denn wenn ja, dann muss dir klar sein: alles oder nichts. Keine anderen Mädchen. Was anderes kommt für mich nicht infrage. So ein Mädchen bin ich einfach nicht."
Ich war so ehrlich wie ich konnte. Zeigte ihm meinen Standpunkt.
„Ich will dich nicht ändern, aber damit ... da lass ich nicht mit mir Reden."
Er sah mich nur an.
„Du musst dich entscheiden. Denn ich kann das nicht. Dieses Hin und Her. Das schaffe ich nicht."
So nun war es raus. Ich hatte ihm alles gesagt. Jetzt war es alleine seine Entscheidung wie es mit uns weiterging.
Denn nur wenn er es wirklich wollte, wenn er sich dafür entschied, würde es funktionieren. Und mein Gott, ich wollte so sehr, dass er einverstanden war und es funktionierte.
„Rylee, ich hab dir gerade gesagt ich gehöre dir seit dem ich zehn Jahre alt bin. Soll ich deutlicher werden? Denn das kann ich auch", begann er dann, „Ich habe mich in dich verliebt. War es früher nur die Sehnsucht nach Rettung, habe ich mich vollkommen in dich verliebt. In dem Moment als du in mein Auto eingestiegen bist. Als du mir als Dank, einen Kuss auf die Wange gegeben hast. Und es macht mir ziemlich Angst. Ich will dir nicht wehtun. Ich will dich nicht mit meinem Scheiß belasten."
Sein Geständnis beförderte mich in den Himmel, damit hatte ich nicht gerechnet.
„Aber du hast recht dieses Hin und Her. Das geht nicht. Und ich will mich nicht mehr von dir fernhalten, ich kann es vielmehr nicht mehr."
Ich wagte mich nicht, noch nicht zu hoffen.
„Die Mädchen sehen in mir nur ein Abenteuer, sie wollen nur Spaß mit mir haben Rylee. Und bis jetzt war es genau das, was ich auch wollte. Doch ich will nicht, dass es so zwischen uns ist. Ich will, dass wir beide vollkommen sind. Dass du mir ganz gehörst. Mit Herz, Seele und Körper. Und ich will das nur mit dir. Voraussichtlich du gibst mir eine Chance."
Wollte ich es?
Wollte ich es riskieren?
Tyler könnte immerhin mir das Herz endgültig brechen. Es würde alle Mauern zum Einsturz bringen.
Wollte ich das?
Konnte er sich denn für mich ändern?
Mein Herz klopfte rasend gegen meinen Brustkorb, als wollte es sich bemerkbar machen. Es wollte das Risiko auf sich nehmen. Es wollte Tyler und mir, der Sache zwischen uns, eine Chance geben.
„Ich liebe dich", wisperte ich ihm zu und stellte mich auf die Zehenspitzen.
Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ich spürte richtig wie meine Mauern einstürzten. Sie ließen die Gefühle die ich zurückgedrängt hatte an die Oberfläche. Es fühlte sich an, als würde eine große Last von meinen Schultern fallen. Als hätte ich Flügel bekommen um endlich wieder zu fliegen.
Einen langen Moment sah mich Tyler nur an, doch dann beugte er sich herunter und küsste mich heftig.
„Alles oder nichts", raunte er mir zu.
Ich nickte leicht.
„Alles oder nichts", erwiderte ich.

Fighting Heart - BegehrtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt