Zuflucht

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Sawyer hatte mich zu sich nach Hause gebracht.
Er hatte mich hoch in sein Zimmer getragen und mich einfach dort weiter im Arm gehalten.
„Mein Auto steht noch vor Tylers Wohnung", hauchte ich.
Sawyer strich durch meine Haare.
„Shhhh ...", machte er „Darum kümmere ich mich später", versprach er mir.
„Sawyer ..."
„Schlaf ein bisschen", schlug er mir sanft vor. „Ruh dich ein bisschen aus."
Ich nickte nur und schloss meine Augen.
Vielleicht konnte ich so endlich den Schmerzen entkommen.

„Hat sie dir erzählt was passiert ist?", hörte ich eine weibliche Stimme flüstern.
Nur am Rande nahm ich sie wahr, ich war noch nicht richtig wach.
Aber ich wusste, die Stimme gehörte zu Ms. Wiland. Sawyers Mutter.
Eine Frau die ich sehr gerne mochte. Sie war der Inbegriff von einer perfekten und immer liebenswerten Mutter. Ms. Wiland war nach dem Tod meiner Eltern eine große Stütze gewesen.
Hatte mich täglich im Krankenhaus besucht. Auch als ich zusammengebrochen war, hat sie mich nie deswegen verurteilt.
„Nein ... ich wollte sie nicht drängen. Ich wollte sie nur in Sicherheit bringen. Ich dachte, hier kann sie runterkommen und sich beruhigen", antwortete Sawyer leise. „Ich hab sie noch nie so fertig gesehen."
„Bestimmt hat das mit diesem ... diesem Adams zu tun. Wie kann er es nur wagen unserer süßen kleinen Rylee wehzutun", schimpfte sie aufgebracht.
Darauf erwiderte Saywer nichts.
„Ich bin froh, dass du sie hier hergebracht hast. Sie hier im Haus zu haben tut gut", meinte dann Ms. Wiland ruhiger zu ihrem Sohn.
„Hast du ihrer Tante bescheid gesagt?", fragte er sie.
Es ließ sie aufseufzend.
„Natürlich. Nicht, dass sie sonst die Polizei oder so einschaltet. Sie hat mir versichert, dass sie hier bleiben kann", verriet ich ihm und schnaubte „Als würde ich sie in diesem Zustand nach Hause schicken. Bevor sie da, bei dieser schrecklichen Frau wohnte, ging es ihr gut. Sie ließ sich nicht auf unmögliche Jungs ein. Diese Rory hat einen absolut schlechten Einfluss auf sie."
Ich vergrub mich noch mehr in das Bett, damit ich nichts mehr mi bekam.

Stunden verstrichen eher ich wieder wach wurde.
Mir fehlte aber die Kraft aufzustehen, oder mich überhaupt zu bewegen.
Ich starrte einfach vor mich hin.
Irgendwann setzte sich Sawyer zu mir.
Er strich mir über den Arm.
„Hey", begrüßte er mich behutsam.
„Hi", erwiderte ich.
„Dein Auto steht wieder bei dir in der Garage", teilte er mir mit.
„Danke"
„Nichts zu danken."
„Nicht nur dafür."
Er lächelte mich an.
„Ich bin da für dich. Das habe ich dir doch gesagt."
Ja das hatte er.
Aber sagen und es auch tatsächlich auch so zu meinen waren zwei unterschiedliche Dinge.
Das wusste ich auch durch die Sache mit Tyler.
„Wie hast du mich eigentlich gefunden?", fragte ich Sawyer.
„Ich hab dich in den Friedhof rennen sehen. Ich hab gesehen, dass irgendetwas nicht stimmt", erzählte er mir „Also habe ich meinen Wagen geparkt und gewartet das du wieder herauskommst. Aber das bist du nicht. Weswegen ich also ausgestiegen und hineingegangen bin."
Sawyer strich noch mal über meinen Arm.
„Ich hab mit Becca telefoniert"
Rückartig wandte ich mein Kopf zu ihm.
„Sie ist auf den Weg hierher. Was übrigens nicht meine Idee war, sondern ihre. Ich wollte von ihr nur wissen wie ich dir helfen kann. Ich hol sie später vom Busbahnhof ab."
Das überraschte mich keinesfalls.
Und ich musste zugeben, ich war froh, das Becca bald be mir war. Sie wüsste bestimmt was zu tun war. Sie musste es wissen.
„Bist du ihm begegnet?", fragte ich leise.
Sawyer erstarrte leicht. Er wusste wenn ich meinte.
„Er hat mich gefragt wo du bist. Aber ich hab es ihm nicht verraten. Nur das du mich per SMS gebeten hast deinen Wagen zu dir nach Hause zu bringen."
Das erleichterte mich.
Geschwächt und emotional am Ende setzte ich mich auf und nahm mein Handy, das nicht mehr in meiner Hosentasche steckte von Sawyers Schreibtisch. Der direkt neben dem Bett stand.
Sawyer hatte es mir wohl aus der Hosentasche gezogen.
Im dunklen Display konnte ich erkennen, das ich furchtbar aussah. Was mir egal war.
Ich wollte nachsehen, wollte mich den Nachrichten die unaufhörlich eingegangen waren stellen. Doch das konnte ich nicht.
Sawyer schien mir das anzusehen und nahm mir mein Handy wieder aus der Hand. Er legte es zurück auf seinen Schreibtisch.
„Meine Mom hat für dich Butterkuchen gemacht. Ich hol dir ein Stück, okay?"
Ich nickte nur, ließ mich wieder auf das Bett sinken.

Nachdem ich den Butterkuchen gegessen hatte, ging es mir ein bisschen besser. Und ich ging Duschen. Währenddessen steckte Ms. Wiland meine Klamotten in die Waschmaschine. Was sie jedes Mal tat, wenn ich bei Sawyer duschte, ein langes Bad nahm oder über Nacht blieb.
Deswegen musste ich auch Klamotten von Sawyer anziehen.
Eine Boxershort und ein schwarzes Shirt.
Ich hatte mich gerade wieder auf dem Bett gemütlich gemacht, als die Türe aufgemacht wurde und Becca hereinkam.
Ohne zu zögern richtete ich mich auf und sprang ihr um den Hals.
Sie erwiderte meine Umarmung, drückte mich an sich. Genau so wie ich es im Augenblick brauchte.
„Ich bin hier", wisperte sie mir zu. „Ich bin hier."

Wir hatten Sawyers Zimmer für uns beschlagnahmt, saßen an das Kopfende des Bettes gelehnt. Zwischen uns einen riesigen Eimer Vanilleeis, das wir in uns löffelten. Und ich Becca erzählte was vorgefallen war.
Sie hörte schweigend zu. Gab keinerlei zwischen Kommentare von sich.
Selbst als ich fertig war, blieb sie eine ganze Weile still.
„Willst du mir nicht sagen, ich hab es dir gleich gesagt?", hakte ich dann nach.
„Ich glaub nicht, dass dir das weiterhelfen wird", erwiderte sie darauf.
Damit hatte sie recht. Es würde mir nicht helfen.
Aber was würde mir denn helfen?
Dann griff sie an mir vorbei, nach meinem Handy. Etwas zu was ich nicht stark genug war.
„Zudem wird dir das deine Cousine genug um die Ohren Hauen", meinte sie, nachdem sie die ganzen Nachrichten und Anrufe durchging.
Ich seufzte schwer.
Das war mir klar.
„Der einzige Grund wieso ich hier bin ist um dir dadurch zu helfen. Das ist meine Aufgabe, nicht nach dir zu treten. Was wäre ich für eine beste Freundin wenn ich das tun würde."
Das sagte sie, als Sawyer ins Zimmer trat. Er überreichte Becca eine Wasserflasche.
„Du bist auch die einzige Person die ihr helfen kann. Sie sieht ... besser aus", mischte er sich ein.
„Lügner. Ich sehr furchtbar aus."
Darüber musste er grinsen.
Was auch Becca tat.
„Aber eben nicht mehr ganz so furchtbar."
Ich murrte nur, lehnte mich zurück uns schob einen weiteren Löffel Eis in mich hinein.
„Kennst du das Mädchen?", fragte mich dann Becca vorsichtig.
Ich schüttelte den Kopf.
„Blond und unfassbar lange Beine. Mehr habe ich nicht gesehen. Ich musste ... ich hab mich einfach umgedreht und bin weggelaufen."
Sawyer runzelte plötzlich seine Stirn.
„Er hat dich betrogen?", hakte er nach.
Becca sah zu ihm hoch.
„Was dachtest du denn?"
Er schwieg kurz.
Was mich etwas verwirrte. Es überraschte ihn nämlich.
„Sawyer?"
„Ich muss kurz ...", meinte er, holte sein Handy heraus und verließ das Zimmer.
Becca und ich sahen ihm irritiert nach.
„Was ist denn in ihn gefahren?", fragte meine beste Freundin mich.
Ich zuckte mit den Schultern.
„Deine Eltern waren bestimmt nicht sehr begeistert, dass du einfach so in den Bus gestiegen bist", wechselte ich das Thema.
Mir war alles lieber, als über Tyler und mich zu sprechen.
Sie winkte ab.
„Die haben genug Sorgen gerade mit Madison."
Madison, Beccas ältere Schwester.
Madison die hinter den Rücken ihrer Eltern ein gemeines intrigantes Biest war. Und zu Beccas leiden nach ihrem Highschool Abschluss auf die Belmont Universität ging. Und somit problemlos weiter ihre jüngere Schwester tyrannisieren konnte.
Deswegen würde sich Becca auch an Colleges bewerben, die mehrere Tausende Meilen entfernt waren. Damit sie so weit wie sie konnte, entfernt von ihr war.
Als ich Becca fragend anblickte, verdrehte sie ihre braunen Augen.
„Das übliche Madison Drama."
Ich lehnte meinen Kopf auf ihre Schulter.
„Ich bin froh hier zu sein", fügte sie hinzu.
„Und ich das zu hier bist", erwiderte ich.

So saßen wir also da, aßen Eis und stützten uns irgendwie beide gegenseitig.
Ich hob erst meinen Kopf, als Sawyer wieder ins Zimmer kommt.
„Aufstehen und mitkommen!", befahl er mir.
Verwirrt sah ich ihn an.
„Wieso?"
„Tu es einfach!"
„Aber meine Klamotten -."
„Komm einfach so mit."
In seinen Boxershort und Shirt?
Da er so aussah, als würde er es wirklich ernst meinen, stand ich auf und ging mit ihm mit. Becca folgte uns, da sie mich nicht alleine mit ihm mitgehen lassen würde.
Fragen tauschten wir Blicke.
Doch Sawyer blieb stumm während wir das Haus verließen und in sein SUV stiegen.
Ich hatte keine Ahnung, was jetzt kommen würde.


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