Ein einziger Scherbenhaufen

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RORY: Ist Tyler bei dir aufgetaucht?

Rory, die von Lynn sozusagen Bewährung bekommen hatte, hatte sich direkt mit Quinton getroffen. Zumindest hatte sie das gesagt.
Ich blieb zu Hause und verbrachte den Abend mit August und April. Die Ablenkung und Normalität tat den beiden gut.
Und mir taten sie auch gut.
Ich war wirklich froh, dass meine Tante die beiden bei uns wohnen ließ, bis Carol aus dem Krankenhaus entlassen wurde und es ihr besser ging.
Lynn setzte währenddessen alle Hebel in Bewegung, damit Carol das Sorgerecht für die beiden bekam.
Als die beiden im Gästezimmer endlich eingeschlafen waren, erzählte ich ihr was genau passiert war. Und sie war darüber mehr als entsetzt. Was verständlich war. Selbst ich war darüber noch entsetzt.
Das das ganze so eskaliert, damit hätte ich niemals gerechnet.

RYLEE: Nein, wieso? Was ist los?

Schrieb ich sofort zurück.
Ich hoffte, es ging ihm gut.

RORY: Quinton und ich haben ihn aus den Augen verloren. Wir suchen ihn schon die ganze Nacht. Kannst du vielleicht in seiner Wohnung nachsehen?

RYLEE: Ich bin schon auf den Weg.

Es war ziemlich früh am Morgen. Alle anderen schliefen noch.
Also schlich ich mich so leise wie ich konnte aus dem Haus und nahm mein Wagen, denn ich so selten fuhr.
Ein silberner Volvo, denn mir mein Vater als Belohnung, dass ich einen durchgehenden Einser Notenschnitt mit nach Hause brachte.
Mit dem Auto war ich viel schnell bei Tyler als wenn ich gelaufen wäre.
Mit einem unguten Bauchgefühl ging ich ihn das Gebäude zu der Wohnung hoch.
Mit meinen Schlüssel, denn mir Tyler gegeben hatte, trat ich hinein und wurde von Stille empfangen.
Ohne zu zögern ging ich zu seinem Zimmer und öffnete die Türe und erstarrte.
Tyler war da.
Er lag auf dem Rücken in der Mitte des Bettes und schlief.
Doch er war nicht alleine.
Ein Mädchen lag neben ihm, den Arm um seinen Brustkorb gelegt.
Auch sie schlief.
Ich hatte das Gefühl, jemand würde mich erwürgen. Alles drehte sich um mich herum, als ich Tyler und das Mädchen in seinem Bett sah.
Tränen füllten meine Augen und ich wusste, ich musste da weg.
Also drehte ich mich um und lief den Gang zur Türe.
Ich wollte nur weit, weit weg.
Ich musste es irgendwie schaffen um nicht zusammenzubrechen. Irgendwie. Und das würde ich nicht hier. Nicht wenn Tyler einige Meter von mir entfernt mit einem anderen Mädchen zusammen war.
Gerade als ich endlich die Türe erreichte wurde sie bereits geöffnet.
Quinton und Brandon sahen mich an.
Beide atmeten erleichtert aus.
„Er ist hier", stieß Brandon schwer atmeten aus.
Eine Last schien ihm von den Schultern zu fallen.
Zumindest bis er sah wie Tränen meinen Augen hinunterliefen. Denn die konnte ich nicht stoppen. Nur meinen vollkommenen Zusammenbruch.
„Was ist los?", fragte er sofort nach.
Ich konnte nicht sprechen. Ich konnte es nicht laut sagen.
Quinton lief den Gang an mir vorbei zu Tylers Zimmer.
Ich blickte mich nicht um.
„Was zum Teufel!", fluchte Quinton los. „Tyler was soll der Scheiß!", herrschte er.
Ich wollte das nicht mitbekommen.
Ich schob mich an Brandon vorbei und verließ die Wohnung. Folgte meinen Instinkt, und lief. Vielleicht hätte ich das wirklich tun sollen, bevor Tyler mir mein Herz gestohlen hatte. Denn mit jeder Sekunde die verstrich, brach es.
Tyler hatte es mir gebrochen.
Woran ich ganz alleine selber schuld war. Man hatte mich vorgewarnt. Er hatte mir geraten, mich nicht auf ihn einzulassen. Aber ich hatte nicht gehört.
Mein Auto ließ ich stehen. Wusste ich wäre nicht imstande überhaupt zu fahren. Außerdem tat das Rennen gut.
Ich rannte, powerte mich aus.
So war es schwer für mein Körper das Zerbrechen zuzulassen. Es zögerte es hinaus.
Meine Füße trugen mich zum Friedhof, direkt zu meinen Eltern.
Denn genau in dem Moment brauchte ich meine Mom so sehr.
Niemand anderes hätte mir helfen können.
Aber sie war nicht da.
Mein Dad war nicht da.
Ich war alleine.
Ich setzte mich an den Grabstein gelehnt auf den Boden und weinte und schluchzte vor mir hin.
Ich hoffte ich würde sterben. Dann wäre ich bei ihnen.
Dass mein Handy in meiner Hose vibrierte, nahm ich wahr. Immer wieder, es hörte einfach nicht auf.
Doch ich ignorierte es.
Und dann trat jemand neben mich, legte seine Hand auf meinen Rücken.
Es war Sawyer.
Verheult blickte ich zu ihm auf.
Sorge stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Ich will zu meiner Mom und meinen Dad!", schluchzte ich.
Sawyer setzte sich neben mich hin und zog mich sofort an sich.
Während ich an seiner Brust weinte, strich er mir immer wieder über den Kopf und den Rücken.
Stunden verstrichen bevor ich alle Tränen verbraucht hatte.
Aber los ließ Sawyer mich nicht und ich wollte es auch nicht.
„Lass mich dich hier wegbringen!", bat er mich dann.
Alles was ich konnte war zu nicken.
Nicht einmal eine Minute später hob er mich hoch und trug mich vom Grabstein meiner Eltern weg. Verließ mit mir dem Friedhof.
Bei seinem SUV hielt er und setzte mich auf den Beifahrersitz.
Wo er mich hinbrachte, war mir egal.
Das laute Vibrieren meines Handys, das einfach nicht aufhören wollte, war das Einzige das in dem Auto erklang.


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