Erneuter Rückschlag

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30 Tage danach

Als ich aufwache schlummert Ramiro noch. Sein Arm ist immernoch um meine Hüfte geschlungen. Sein Gesicht hat friedliche Gesichtszüge. Er ist so süß wenn er schläft. Es tat gut endlich wieder neben ihm zu schlafen, das hat mir gefehlt. Ich habe gut geschlafen. Vermutlich weil es immer Gewohnheit war Ramiro neben mir zu haben. 
"Morgen" nuschelt er verschlafen und öffnet dann seine Augen, sodass wir uns ansehen.
"Guten Morgen" erwidere ich grinsend.
"Hast du gut geschlafen?"
"Wie ein Murmeltier und du?"
"Das erste mal seit langem wieder richtig gut"
"Etwa wegen mir?" frage ich lachend.
"Nein, ich glaube daran lag es nicht" ärgert er mich.
"Du bist fies" schmolle ich gespielt traurig.
"Du bist süß, wenn du frisch aufwachst" grinst er.
"Achja?" frage ich und suche die erneute Bestätigung.
"Ja, die süßeste von allen" erwidert er.
"Ich finde es schön sowas zu hören..das erinnert mich an den alten Ramiro"
"Alter Ramiro?"
"Du bist nicht mehr der alte und das ist okay, obwohl ich ihn sehr vermisse"
"Was ist anders?"
"Das werde ich dir nicht sagen"
"Komm schon, vielleicht habe ich das nur noch nicht gezeigt"
"Vielleicht später mal" grinse ich.
"Na schön, damit werde ich wohl leben müssen"
"Ich steh jetzt lieber auf, nicht das die Schwester mir noch Zimmerverbot erteilt" sage ich und löse mich aus seinem Griff.
"Die war heute eh schon mal hier und ich musste versuchen ihr so leise es nur gut zu erklären das sie gehen soll" lacht Ramiro.
"Das heißt die ist nicht ausgeflippt?" frage ich verwundert.
"In sich drinnen ist sie bestimmt wie ein Vulkan explodiert, aber äußerlich war sie ganz ruhig und ist gegangen"
"Oh Gott, diese Frau hasst mich zu Tode"
"Mich auch, aber bald bin ich ja hier raus, also alles gut" 
"Wie kannst du das nur so locker sehen?"
"Was will sie denn machen? Mich durchs Krankenhaus jagen?" witzelt er. Im nächsten Moment stehen auch schon Pedro und Delfi im Zimmer.
"Morgen ihr beiden" sagt Delfi und umarmt erst mich und dann Ramiro, während Pedro das umgekehrt macht.
"Seit wann bist du denn hier?" fragt Pedro und setzt sich auf einen freien Stuhl.
"Seit etwa einer halben Stunde. Hast du gar keine Schule Delfi?" frage ich.
"Das gleiche könnte ich dich auch fragen" lacht sie, "Ich habe zwei Freistunden und da Pedro eh noch nicht arbeiten muss, dachten wir, kommen wir Ramiro mal besuchen. Und du?"
"Mir gings heute nicht sooo gut und eh ich zu Hause, alleine mich zu Tode langweile bin ich hier hergekommen"
"Und hast gleich deine Schuhe ausgezogen" lacht Pedro. Shit, die hatte ich ganz vergessen anzuziehen.
"Hier ist so warm und Schuhe sind auf Dauer unbequem"
Während meiner ganzen Worte sieht Ramiro mich verwirrt an. Ich will nicht das alle davon wissen. Dieser Moment gehört erstmal nur uns. Ich will es erstmal langsam angehen lassen.

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Am Vormittag holt mich dann meine Mamá ab und fährt mich nach Hause. Dort mache ich mich erstmal frisch. Die Verabschiedung von Ramiro vorhin war komisch. Ich wusste nicht wie ich mich verhalten sollte und er irgendwie auch nicht. Trotzdem war die Nacht wunderschön und ich bin froh mich ihm wieder so angenähert zu haben. Meiner Mutter erzähle ich nicht viel von dem was war, nur kurz und knapp. Ich bin froh das sie das alles versteht und mich sogar in der Schule entschuldigt hat. Später ist dann auch Jim da, die mir Hausaufgaben und den Stoff den sie aufgeschrieben haben vorbei bringt. Gemeinsam machen wir alles für die Schule und dann erzähle ich ihr alles von gestern und heute. Jim ist meine beste Freundin und keiner außer ihr erfährt es, da bin ich mir bei ihr absolut sicher. Wir unterhalten uns gefühlte Ewigkeiten darüber und ich werde immer fröhlicher deswegen. Das liegt aber auch an ihren aufmunternden Worten. Wir sind noch mitten im Gespräch als mein Handy klingelt. Nina? Was will sie denn?
"Hallo Nina, was gibt es denn?" frage ich freundlich nach.
"Schnell- Krankenhaus- Ramiro- ganz schnell.." höre ich ihre zittrige Stimme.
"Yam, du musst ins Krankenhaus kommen, Ramiro ihm geht es ganz schlecht" höre ich nun Gastón sagen. Scheinbar hat er Nina das Handy weggenommen.
"Beeil dich" fügt er noch hinzu und legt auf. Ich spüre wie mir die Farbe aus dem Gesicht weicht.
"Yam? Gehts dir gut?" fragt Jim und rüttelt leicht an mir. 
"Ramiro, ich soll ins Krankenhaus" sage ich nur kurz und knapp, ehe ich wie eine Gestörte aufspringe und das Haus zusammenschreie indem ich meine Mutter rufe.
"Yamila! Was ist denn?" fragt sie.
"Wir müssen ins Krankenhaus, Ramiro. Irgendwas ist mit ihm" sage ich und bin den Tränen nah.
"Zieht euch an" sagt Mamá, als Jim schon neben mir steht. Wir ziehen uns Schuhe an und dann fahren wir auch schon los. Bitte lass es nichts schlimmes sein. Bitte nicht. Ich kann nicht schon wieder sowas durchmachen. Das eine Mal hat gereicht. Er ist doch auf dem Weg der Besserung. Oder war das nur Fassade? Scheiße! Ramiro, bitte sei okay!
Stürmisch betrete ich das Krankenhaus, auf der Suche nach Gastón und Nina. Auf Ramiros Etage begegne ich ihnen, zusammen mit seinen Eltern.
"Was ist los? Wo ist Ramiro?" frage ich verzweifelt.
"Sie untersuchen ihn gerade, er hat angefangen ganz komisch zu reden und war total verwirrt. Dann ist er plötzlich ohnmächtig geworden. Wir haben dann sofort einen Arzt geholt" erklärt mir Gastón.
"Nein. Nein. Nein. Nein. Das darf nicht wahr sein. Ramiro ist stark, er schafft das" rede ich eher mir selbst ein. 

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Der Arzt führt ein Gespräch mit Ramiros Eltern, wo wir natürlich nicht dabei sein dürfen. Ich könnte sofort wieder in Tränen ausbrechen, wenn ich daran denke das es Ramiro wieder schlecht geht. Ich liebe ihn so sehr und wenn ihm was passiert, dann nimmt mich das ganze genauso sehr mit wie ihn vermutlich auch. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen seine Eltern wieder zu uns.
"Ramiro liegt jetzt im künstlichen Koma. Er hatte einen schweren Schlaganfall" verkündet sein Papá leise. Schlaganfall? Künstliches Koma? Wie konnte das denn passieren?
"Können wir zu ihm?" frage ich.
"Heute darf er noch keinen Besuch haben, aber Morgen. Maximal zwei Stunden meinte der Arzt"
"Wird er wieder okay werden?"
"Das werden wir erst nach dem Aufwachen erfahren. So lange er im Koma liegt können die Ärzte noch keine Aussagen treffen"
Ich setze mich auf einen der Stühle an der Seite auf dem Gang und fange an jämmerlich zu weinen. Immer trifft es die guten Menschen. Immer trifft es die, die es am wenigsten verdient haben.

Nach dem anfänglichen Hoch, folgt bekanntlich immer ein Tief. Ob die beiden das meistern werden?😐😶

Vergiss Mich NichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt