Autor: @LeeJongSa
Cast: KNK
Kimchii! Kim Jihun!
,,Kimchiiii!" Wir rennen am Maisfeld vorbei in den kleinen Wald, der den Fuß des Hügels, der sich beim besteigen eher wie ein Berg anfühlt, markiert. ,,Kimchiiiiiii!" ,,Warte Seungjun!" Ich drehe mich um und sehe zu wie Inseong hechelnd versucht zu mir auf zu holen. ,,Beeil dich, es wird bald dunkel!" Inseong bleibt stehen und geht in die Hocke. ,,Nur eine kurze Pause. Wir haben das ganze Dorf abgesucht und ihn nicht gefunden. Warum glaubst du, dass er hier ist?" Ich gehe die paar Schritte zu ihm zurück und halte ihm meine Hand hin. ,,Weil hier alles angefangen hat. Hier haben wir uns das Versprechen gemacht oder nicht?" Inseong schaut zu mir auf und nickt. Ich ziehe ihn hoch. Gemeinsam rennen wir mit neuer Kraft durch den Wald. Ich stolpere mehrmals über unwegsames Gestrüpp. Meine Hände frieren, so eiskalt ist der Boden an dem ich mich abstütze wenn ich falle; es ist nur noch eine frage der Zeit bis der erste Schnee fällt. ,,Kimchii! Kim Jihun!" Weder auf seinen Spitznamen, den wir öfter benutzen als seinen richtigen Namen, noch auf letzteren, erklingt eine Antwort. Zwei Schritte weiter und wir brechen aus dem Wald aus. Schon viele Meter zuvor konnte man durch die Kahlen Äste das Ende sehen. Vor uns erstreckt sich die Spitze des Hügels als sanfte, weite Graslandschaft. Früher kam sie mir endlos vor, als ob ich Jahre brauchen würde um sie zu durchqueren. Jetzt sehe ich wie klein sie ist und fühle mich, wie so oft in letzter Zeit, beengt. Wir leben an einem Ort, der nur so lange schön ist, bis man den Blick zum Horizont schweifen lässt und sich fragt was für eine große Welt dahinter liegt. ,,Da!" Nur ein dunkler Fleck stört die Idylle. Wir haben ihn gefunden. Inseong zieht eilig sein Handy aus der Tasche um den anderen Bescheid zu sagen.
,,Kim Jihun." Er hockt wie ein Häufchen Elend auf dem Boden, die Arme um seine angezogenen Knie geschlungen. Er reagiert nicht. Inseong beugt sich zu ihm runter. ,,Weinst du?" Ich trete näher an ihn heran und stelle mich zwischen ihn und das Licht der untergehenden Sonne. Endlich regt er sich. Langsam hebt er seinen Kopf. Er blinzelt. Geweint hat er nicht. Er wirkt tiefenentspannt, als hätte er sich hier einen erholsamen Schlaf gegönnt. ,,Habt ihr was gesagt?" ,,Wo warst du? Wir haben dich den ganzen Nachmittag gesucht!" Statt das er mir eine Antwort gibt, steht er auf und schaut hinter mich. Heejun und Youjin haben Inseongs Nachricht wohl bekommen und sind zu uns gestoßen. Sie haben im Dorf gewartet, falls Jihun dort wieder aufgetaucht wäre. ,,Hey, wir haben dich gesucht!" Youjin stapft auf Jihun zu. Einen Moment sieht es so aus als würde er ihn anschreien wollen, im nächsten klopft er mit besorgter Miene seine Schultern und Arme ab. ,,Wir haben gehört, dass du mit deinen Eltern gestritten hast. Haben sie dich wieder geschlagen?" ,,Vielleicht." ,,Vielleicht? Jihun, du -" Inseong hebt die Stimme, aber verstummt, ob aus Sprachlosigkeit oder Wut kann ich nicht sagen. Ich stelle eine andere Frage, auch wenn ich glaube die Antwort zu kenne. ,,Warum habt ihr euch gestritten?"
Jihun schaut ein paar endlose Sekunden lang zum Himmel hoch bevor er sich uns vieren zuwendet. ,,Meine Eltern haben herausgefunden, dass ich gehen will." Ich wusste es. Irgendwie habe ich es gefühlt. Wir leben auf einer kleinen Insel abseits vom Festland. Andere Menschen sehen wir nur, wenn das Schiff mit den Lieferungen einmal alle zwei Wochen kommt. Hier kennt jeder jeden. Wer hier geboren wird, bleibt sein Leben lang hier. Wenn doch einmal jemand geht ist das ein Skandal. Seit mein älterer Bruder die Insel vor sechs Jahren verlassen hat, haben meine Eltern nie wieder über ihn geredet. ,,Wie haben sie reagiert?" Alle gucken mich an. Inseong verdreht die Augen. ,,Ernsthaft? Sie haben gestritten, das hätten sie nicht wenn sie von der Idee absolut begeistert gewesen wären."
Heejun hebt die Hände um sowohl mich als auch Inseong abzuwürgen.
,,Wissen sie das wir alle fünf gehen wollen?" Jihun schüttelt den Kopf. ,,Nein." Damals haben wir uns versprochen das wir zusammen gehen werden, wenn es soweit ist und es keiner mehr hier aushält. Etwas feuchtes berührt meine Wange. Ich schaue auf. Der erste Schnee fällt lautlos und unangekündigt vom Himmel. So langsam, dass ich sofort glauben würde wenn mir jemand erzählte, dass Feen in weißen, bauschigen Hochzeitskleidern durch die Luft schweben. ,,Ich denke es ist bald soweit. Wenn wir dieses Jahr nicht die Insel verlassen, werden wir es niemals tun." Gemeinsam sehen wir zu wie die Graslandschaft von grün zu weiß wechselt und die letzten Sonnenstrahlen die Hügelspitze sanft zum Abschied streicheln.