Autor: @KyunTaHyuk
Cast: Jung Taek-Woon/ Leo (VIXX)
SOMEONE
Ein letztes Mal zupfe ich meinen Schal zurecht und ziehe meine Kapuze weiter nach vorne, bevor ich aus der Toilette raustrete und mit sicheren schnellen Schritten das Foyer durchquere. Mein Atem wird heiß unter dem Schal; insgesamt ist es hier drinnen ziemlich warm mit einem Wintermantel und Schal. Ich bin etwas nervös und mein Atem wird etwas hastiger, doch niemand scheint mich zu bemerken. Das werde ich schaffen!
Ich schaue erst wieder auf, als sich die schwere Glastür hinter mir schließt. Etwas erleichtert atme ich auf und eine weiße Wolke entsteht vor meinem Gesicht. Hier draußen ist es kalt, und ich bin froh warm angezogen zu sein.
Ich schaue mich um, darauf bedacht so wenig wie möglich von meinem Gesicht zu zeigen, und beobachte für einige Momente die Menschen. Eine bunte Masse aus Mänteln, Mützen und Schirmen, die vor dem langsam herab rieselnden Schnee schützen, immer in Bewegung, mal langsamer, mal schneller.
Mit zügigen Schritten gehe ich die Treppe hinab, mische mich unter die Leute und gehe bestimmt in eine Richtung. Es tut gut mal nicht von allen erkannt zu werden, keine kreischenden Fans attackieren mich. Weil ich jetzt unauffällig bin. Niemand erkennt mich, niemand schießt Fotos. Jetzt bin ich nur ein ganz normaler Bürger.
Zielstrebig gehe ich durch die Straßen, mit langen Schritten nähere ich mich meinem Ziel. Ich schaue mehr auf den Boden als nach vorne, sehe aber in den Augenwinkeln viele sich schnell bewegenden Beine.
Als vor mir plötzlich zwei Turnschuhe stehen bleiben und mir nicht wie gedacht ausweichen, stoppe ich abrupt und mein Blick zuckt nach oben.
Vor mir steht ein Mädchen in einen langen schwarzen Mantel gehüllt. Die grau-blauen Augen und die Form ihres Gesichts geben mir Auskunft über ihre definitiv nicht ganz koreanische Abstammung. Was mich ein wenig verwirrt ist, dass ihr Blick nicht auf mich gerichtet ist, sondern auf etwas über mir. Kurz mustere ich ihr glattes Haar, das ihr in dunkelbraunen Strähnen knapp auf die Schultern fällt, und ihren verhüllten Körper.
Ich will gerade meinen Weg fortsetzen und um sie herumgehen, als eine Hand auf meiner Brust mich daran hindert. Verwirrt sehe ich erst auf die langgliedrigen Finger, dann schaue auf. Nun schaut die Unbekannte mir direkt ins Gesicht und ich zucke ein bisschen zusammen, ihre Augen sind wie ein Sturm und nehmen mich gefangen.
»Du solltest nicht auf der Straße herumlaufen. Es erkennt dich sonst noch jemand.« Ihre Stimme ist leise und tief mit einem leichten Akzent. Ich schaue sie leicht verwirrt und etwas überrumpelt an; sie hat mich nicht nur erkannt, sie hat - obwohl sie anscheinend genau weiß wer ich bin - informell mit mir gesprochen. Ich bekomme keinen Ton heraus. Sie ist eine völlig Fremde!
Ihre blassen Lippen verziehen sich zu einem angedeuteten Lächeln, bevor sie ihre Hand senkt und mich verwirrt stehen lässt.
Nach einigen Sekunden erwache ich aus meiner Starre und drehe mich um, doch ich kann nirgendwo ihren schwarzen Mantel ausmachen. Innerhalb von diesen wenigen Augenblicken ist sie verschwunden, einfach abgetaucht! Ich nehme einen tiefen Atemzug der kalten Luft und schaue in die Richtung, in die das Mädchen gestarrt hatte. Das riesige Plakat an der Wand eines Kaufhauses zeigt eine normale Werbung für Naturkosmetik.
Ich will schon wieder meinen eigentlichen Weg fortsetzen, als ich in der oberen Ecke einen kleinen schwarzen, handgeschriebenen Schriftzug entdecke.
›Du musst mich finden!‹An dem kleinen Laden angekommen drücke ich die verspiegelte Glastüre auf und betrete den Laden. Aber nicht die zahlreichen Hautpflege- und Kosmetikartikel interessieren mich, stattdessen gehe ich auf den Tresen zu.
Die junge Frau lächelt mir zu und kommt mir entgegen, die pink gefärbten Haare trägt sie stolz zu zwei Zöpfen geflochten. Sie ist eine der wenigen, die mit dieser Haarfarbe immer noch gut aussieht, und die Zöpfe lassen sie noch jünger und niedlicher wirken.
»Ah, Sie kommen für die Maniküre.«, sagt sie fröhlich und führt mich, nach einem Nicken meinerseits, durch eine bunte Tür. Grinsend setzt sie noch ein »Ich denke, Sie werden schon erwartet« hinzu und geht wieder in den Laden.
Ich höre, wie der Schlüssel die Tür hinter mir verschließt und setze die Kapuze ab. Kurz starre ich in den dunklen Gang, dann lockere ich meinen Schal und gehe los. Eins, zwei, drei. Ich bin froh, nicht mehr durch den Schal Atmen zu müssen und sauge die klare warme Luft ein. Vier, fünf, sechs, sieben. Meine Schritte hallen leicht.
Ich bleibe stehen und wende mich nach links, klopfe an die metallene Tür und warte auf den Klang von Schritten auf der anderen Seite. Die Tür öffnet sich und ich betrete ohne Zögern den hell erleuchteten Raum. Erst als sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt haben verbeuge ich mich leicht vor dem Schwarzhaarigen.
»Hallo Taek-Woon, du kommst spät.«, werde ich von dem Jungen begrüßt. Ich nicke, wende mich aber sofort wieder der Mitte des Raumes zu als ich eine tiefe Stimme höre.
»Kommt her, wir haben nicht genug Zeit um die Höflichkeitsfloskeln auszuführen. Jung Taek-Woon, ich hoffe du bist unerkannt geblieben.« Trotz der Aussage nicke ich nochmal, dann gehe ich die zwei Stufen herunter.
Der Raum in dem ich mich befinde ist mit allerlei technischen Geräten ausgestattet, immer wieder blitzen Drähte zwischen den Bildschirmen auf. In der besagten Mitte steht ein hüfthoher langgezogener Tisch, darauf verteilt unzählige Karten, ausgedruckte Informationen, Zeitungsartikel und weiteres.
Um den Tisch verteilt drei Personen; der dreiunddreißigjährige So Ji-Seob, der uns zu sich gerufen hat sowie seine etwas jüngere Freundin Shin Min-Ah, die auf einem Stuhl sitzt und konzentriert eine Karte studiert, ihre schwarz glänzenden Haare offen über den Schultern. Des weiteren blickt mir noch der zierliche Junge - Lee Hwan-Hee heißt er und ist noch fast zu jung um hier zu sein - erwartungsvoll entgegen.
Als ich den Tisch erreiche ziehe ich meinen Mantel und Schal aus, lege beides über die Lehne eines Stuhles und wende mich So Ji-Seob zu. Derweil hat sich Lee Chang-Hyun - der Schwarzhaarige der mir die Tür geöffnet hat - neben seinen Freund gestellt und streicht leicht über dessen hellbraune Haare. Chang-Hyun und Hwan-Hee sind nicht einfach Freunde, sie sind zusammen - ein wirklich flauschiges Pärchen finde ich.
Nun sieht auch Shin Min-Ah zu So Ji-Seob und dieser beginnt zu reden. »In dem neuen Artikel von ›SMallTalk‹ steht ein deutlicher Hinweis. Ob absichtlich oder nicht, wir haben den ersten Anhaltspunkt.« Ich unterbreche ihn. »Was steht dort?« Er blickt mich an.
»Das SMT Entertainment will ein Zweitunternehmen in Daegu gründen, ein kleines Entertainment das nur Schauspieler herausbringen wird.« Auf den verständnislosen Blick von Chang-Hyun hin lächelt er nur. »Das ist nicht alles. Sie schauen nach ungewöhnlichen Gesichtern die gute Fähigkeiten haben, eine Sache von Moral ist das. Sie werden nicht auf das Aussehen sondern darauf achten, dass die jungen Leute Talent und Fähigkeiten haben, die weiter ausgebildet und perfektioniert werden sollen. Keine Zwangsdiät und mehr Freiheit beim schauspielern, das ganze Programm also ziemlich offen. Sie haben schon einige im Blick, sagen sie.« Bedeutungsvoll sieht er in die Runde.
Das folgende Schweigen bricht schließlich Hwan-Hee. »Du meinst damit, dass sie unter anderem Han Sang-Hyuk im Blick haben?«
»Ich denke schon.«
Nachdenklich schaue ich auf die Tischplatte, auf der ich mich abgestützt habe. Was haben die vor?
»Hast du Informationen, wen sie sonst noch so beobachten?« Meine sonst so leise Stimme hört sich in der entstandenen Stille viel lauter an.
So Ji-Seob schüttelt den Kopf. »Leider nicht.«
»Ich aber.«, meint Shin Min-Ah ernst. »Bei Lalisa Manoban aus Thailand und Choi Yoo-Na bin ich mir ziemlich sicher, ich glaube aber, dass Oh Se-Hun ebenfalls ein Kandidat ist.« Ich sehe an ihrem vorsichtigen und traurigen Blick, dass sie diesen Namen eigentlich nicht sagen wollte. Kein Wunder.
»Hwan-Hee, dieser Gesichtsausdruck gefällt mir nicht.«, sagt So Ji-Seob stirnrunzelnd, als er prüfend in die Runde blickt um sich abermals unserer Aufmerksamkeit zu vergewissern - die offensichtlich bei ein paar gewissen Leuten nicht wirklich vorhanden ist.
Mit einem wilden, leicht verschleierten Blick schaut der Angesprochene auf. »Dieser Bastard. Er hat mir alles genommen!«, faucht er.
Ich kann deutlich den verletzten Ausdruck im Gesicht seines Freundes sehen. Lee Chang-Hyun hat es alles andere als leicht. »Es wird die Zeit kommen zu der er es versteht, zu der er wieder klar sehen kann!« So of hatte ich meinem Kameraden diese Worte gesagt. So lange schon werden sie nicht wahr.
Ich schüttle den Kopf um meine Gedanken wieder auf die jetzige Situation zu konzentrieren, denn egal wie lange ich in Gedanken versinke, es ändert sich nichts daran, dass Han Sang-Hyuk unauffindbar ist.
»Wieso sollte gerade der Schauspieler werden?!«, höre ich Hwan-Hee empört ausrufen. So Ji-Seob sieht nun leicht genervt aus, seine Augen hat er zu Schlitzen verengt und die Brauen sind zusammengezogen. Ich glaube, dass ihm das Thema langsam überdrüssig wird.
Chang-Hyun reagiert sofort auf Ji-Seob's eindeutigen Blick, legt Hwan-Hee einen Arm um die Schultern und führt ihn aus dem Raum, sichtlich angespannt. Die schwere Tür schließt sich mit einem Klicken hinter ihnen. Wie So Ji-Seob gesagt hat, wir haben wenig Zeit.
Ich wende meinen Blick von der Tür ab und schaue zu den nun noch im Raum Verbliebenen. Schon wieder ist es unglaublich still.
»Wir sollten weiterarbeiten«, sagt Shin Min-Ah leise und fängt sogleich an, die Karte vor ihr weiter zu studieren.
So Ji-Seob schaut mich an und still erwidere ich seinen Blick. Einige Sekunden verstreichen, ich kann unter anderem Mitgefühl aus seinen Augen lesen, sonst blicken mich nur dunkelbraune Augen an.
Mit einem mulmigen Gefühl wende ich mich dem Tisch zu und picke mir einige Artikel aus dem Internet heraus. Ich ziehe den Stuhl mit meinem Mantel zu mir und setze mich, bevor meine Hand wie von selbst nach einem der auf dem Tisch verstreuten Stifte greift.
Ich versuche mich auf den Text zu konzentrieren, doch die Worte ergeben keinen Sinn. Ich kneife meine Augen zusammen, versuche wieder die Worte zu lesen, aber die Buchstabe verschwimmen.
Als mein Bauch anfängt zu grummeln, höre ich Shin Min-Ah schmunzeln. »Geh etwas essen, sonst hältst du es hier ja niemals aus.«
Ich stehe dankend auf und bleibe unschlüssig stehen. »Der Kühlschrank ist draußen zwei Türen weiter«, beantwortet sie meine unausgesprochene Frage ohne aufzublicken.