Marionettenspiel von Taekok_ (2.Runde)

214 8 1
                                    

Autor: Taekok_

Cast: Kyungsoo & Chanyeol (EXO)

Marionettenspiel

„Hey." Kyungsoo hob seinen Blick zu dem gebräunten Kerl, der plötzlich vor ihm stand und ihn angesprochen hatte „Hey", wiederholte er lächelnd, als er sich Kyungsoos Aufmerksamkeit sicher war, „was genau ist hier los?" Er nickte zu der Menschenmenge, die sich auf der breiten Verkehrsinsel versammelt hatte. Eine Bühne war aufgebaut worden, mehrere riesige Boxen und eine große Leinwand, damit auch die Leute am anderen Ende die Proklamationsredner sehen konnten.
„Hier ist die Demo gegen die Präsidentin", erklärte Kyungsoo mit nüchterner Stimme und musterte den Fremden von oben bis unten. Sein Stil - wenn man es überhaupt so nennen konnte - war schlicht und leicht heruntergekommen. Sein T-Shirt war bereits verschlissen vom häufigen Waschen und seine langen Haare hingen lang und zottelig ins Gesicht, sodass er sie ständig nach hinten streichen musste.
„Warum soll sie zurücktreten?", fragte der Typ, während er sich weiter umsah.
Kyungsoo blickte ihn sprachlos an. Er musste der einzige Koreaner auf der Welt sein, der nichts von dem Skandal wusste. „Guckst du keine Nachrichten?"
Der Typ zog abschätzig die Mundwinkel nach unten und schüttelte den Kopf, als wären Nachrichten etwas Unnötiges. „Ich bin erst seit gestern wieder in Korea", erklärte er dann, „und nicht sonderlich interessiert an Politik. Ein Freund meinte ich solle ihn heute hier treffen."
„Aha", sagte Kyungsoo trocken und warf einen Blick auf die Polizisten, die in Reih und Glied am Straßenrand standen. Obwohl sich die Demonstranten ruhig verhielten, war das Polizeiaufgebot enorm. Wichtige Gebäude wie die amerikanische Botschaft waren sogar mit Polizeibussen barrikadiert worden.
Es war Zeit, dass Junmyeon auftauchte, damit er nicht länger mit diesem Kerl reden musste.
„Also, was hat sie gemacht, dass hier alle ihren Rücktritt fordern?", fragte der Typ, nachdem er sich neben Kyungsoo an die kleine Mauer gelehnt hatte und seinen Blick über die Menschenmasse schweifen ließ.
Kyungsoo rollte die Augen nach innen, dann seufzte er. Er konnte einen Unwissenden nicht unwissend lassen. Jeder Koreaner sollte wissen, was gerade los war.
Kyungsoo dachte einen Augenblick darüber nach, wo er am besten anfangen sollte. „Kritiker nennen es die Geschichte von der Prinzessin und der Puppenspielerin, doch so märchenhaft wie es klingt ist es ganz und gar nicht. Es wurde ein Tablet gefunden mit Informationen über die Verbindung Park Geun-Hyes und einer zweiten Frau, einer schamanischen Sektentochter. Sie soll öffentliche Reden und Gesetzesentwürfe gelesen und geändert haben. Unterschlagung, Korruption, Erpressung, das volle Programm; Sie soll sogar bestimmt haben welche Minister eingesetzt wurden." Er machte eine kurze Pause.
„Nicht nur, dass die Präsidentin in unserer Demokratie zu viel Macht hat, es war nicht einmal sie selbst, die die Entscheidungen getroffen hat. Sie ist eine naive leichtgläubige Frau, die sich von einem Wahrsager und seiner Tochter um den Finger hat wickeln lassen." Kyungsoo hatte sich in Fahrt geredet und obwohl er versuchte sachlich und neutral zu bleiben, mischten sich seine Gefühle ein. „Gehirnwäsche, Hypnose, was auch immer, mir egal, wir sind es wieder die das ausbaden müssen. Wir brauchen endlich eine echte Demokratie, nicht diese scheinheilige Scheiße die momentan in unserem Land abläuft." Kyungsoo hatte seine Hand zur Faust geballt, als der ärger in ihm hochgestiegen war, doch er kam nicht zu seinem nächsten Worten.
„Macht unser Zwerg mal wieder Luft?", fragte Junmyeon väterlich amüsieret. Er war gerade zu ihnen gestoßen und wandte sich nun dem Fremden zu, während Kyungsoo von der niedrigen Mauer sprang. „Es ist schön, dass du endlich wieder da bist. An Kyungsoo erinnerst du dich ja noch", stellte er fest. Der Typ blickte kurz zu Kyungsoo, dann grinste er und nickte. „Chanyeol ist gerade aus Afrika zurück. Erinnerst du dich an ihn? Wir waren bei seiner Abschiedsfeier", erklärte Junmyeon.
Kyungsoo versuchte sich zu erinnern. Er erinnerte sich zwar an eine Abschiedsparty vor etwa einem Jahr, aber nicht an Chanyeol. Er schüttelte den Kopf, während er Chanyeol noch einmal musterte.
„Die anderen sind direkt zum Restaurant gegangen und warten dort. Lasst uns gehen", sagte Junmyeon, ohne weiter darauf einzugehen und deutete in eine Richtung. Sie gingen, während Junmyeon Chanyeol über sein Jahr in Afrika ausfragte, wo er mit einer Hilfsorganisation eine Schule aufgebaut hatte.
Während des Essen unterhielt Kyungsoo sich mit Minseok über die politische Lage und verschwendete keinen weiteren Gedanken an Chanyeol
-
Erst als sie zwei Stunden später in der Demonstrantenmenge standen und ihre Kerzen und Schilder in den Händen hielten, sprach Chanyeol ihn wieder an.
„Erinnerst du dich wirklich nicht an mich?", fragte er und sah ihn von oben her an.
Kyungsoo schüttelte den Kopf. Er hatte nicht weiter darüber nachgedacht und er wusste auch nicht, warum es wichtig war. Selbst wenn er sich erinnern würde, sie hatten sich höchstens für ein paar Stunden gekannt. Er blinzelte zweimal und wandte sich wieder nach vorne. Eine Band hatte ihre Instrumente aufgebaut und begann gerade zu spielen. Wenn das Thema nicht so ernst wäre, könnte man die ganze Veranstaltung leicht mit einem Festival verwechseln.
~ ~ ~
„Was genau möchtest du wissen?" fragte Kyungsoo, während die Eiswürfel in seinem Kaffee klirrten, als er ihn mit dem Strohhalm umrührte.
„Alles?"
Kyungsoo sah Chanyeol an, der seine Haare aus dem Gesicht wischte und ihn schief angrinste. Kyungsoo verdrehte die Augen. „Was weißt du denn schon?"
„Das was du mir erzählt hast", sagte Chanyeol, nachdem er zuerst ratlos mit den Schultern gezuckt hatte. „Und ein bisschen was aus dem Internet", fügte er noch hinzu.
Schon zum dritten Mal seit Kyungsoo der Verabredung zugestimmt hatte, fragte er sich, was er hier tat. Chanyeol schien nicht im mindesten daran interessiert, vielmehr hatte Kyungsoo das ungute Gefühl, dass er versuchte sich über ihn lustig zu machen.
Er seufzte. „Also gut", fing er an, „wenn du wirklich alles wissen willst, fangen wir am besten chronologisch an." Chanyeol nickte, während er auf seinem Handy die Uhrzeit checkte. „Hörst du mir zu? Wenn es dich nicht interessiert, dann gehe ich." Kyungsoo deutete eine Handbewegung zur Tür an.
Er glaubte ein kurzes Zucken an Chanyeols Mundwinkel zu bemerken, doch vielleicht hatte er es sich auch nur eingebildet, denn Chanyeol schüttelte eilig den Kopf. „Nein, nein. Ich hör zu. Chronologisch find ich gut."
Kyungsoo betrachtete Chanyeol noch einmal misstrauisch, bevor er begann alle Details zu erzählen die er kannte.
Nach Medienberichten begann es mit dem Attentat auf Park Geun-Hyes Mutter 1974. Das Attentat galt eigentlich Geun-Hyes Vater Park Chung-Hee, der das Land damals diktatorisch regierte. Nach dem Tod ihrer Mutter trat der Führer einer schamanischen Sekte, Choi Tae-Min, an Geun-Hye heran und erzählte ihr von einem Traum ihrer Mutter. Ab diesem Zeitpunkt hatten die beiden regelmäßig Kontakt und als fünf Jahre später auch ihr Vater ermordet wurde, wurde Tae-Min zu ihrem Mentor und Unterstützer. Geun-Hye blieb für mehrere Jahrzehnte von der Bildfläche verschwunden, bis sie in den 1990er Jahren zum ersten Mal für ein politisches Amt kandidierte. Unterstützung erfuhr sie auch dabei von der Familie Choi. Als Tae-Min verstarb, übernahm seine Tochter Choi Soon-Sil die psychologisch und religiöse Beeinflussung Geun-Hyes. 2012 wurde Geun-Hye schließlich zur Präsidentin gewählt.
In den folgenden Jahren (und bereits davor) übernahm Soon-Sil weitgehend die Entscheidungen - freundlich als Empfehlungen ausgedrückt - wie das Tablet beweist, dass vor einiger Zeit gefunden worden war und den Skandal überhaupt erst ausgelöst hatte. Soon-Sil soll demnach Gyeun-Hyes Reden vorab gelesen und geändert haben und, obwohl sie selbst keine politische Position innehatte, wichtige politische Positionen bestimmt haben. Zudem wurden Großkonzerne erpresst und Vorstandsvorsitzende zum Rücktritt gedrängt. Große Geldsummen wurden an Soon-Sil und andere Familienangehörige transferiert. Der Einfluss auf die Finanzen umfasst sogar Stiftungen, die als Alibi für große Geldbeträge gegründet wurden. Spekulationen zufolge waren diese Geldbeträge Vorbereitungen zur finanziellen Absicherung nach Gyeun-Hyes abtritt in eineinhalb Jahren.
„Es gibt immer neue Spekulationen und Mutmaßungen, doch was uns inzwischen am meisten beschäftigt ist der Rücktritt der Präsidentin. Sie muss strafrechtlich verfolgt werden, doch solange sie Staatsoberhaupt ist, kann kein Gerichtsverfahren gegen sie eingeleitet werden. Bis dahin kann man nur ermitteln und Beweise sammeln. Deswegen müssen wir jeden Samstag demonstrieren, bis sie keine andere Wahl hat, als zurückzutreten", schloss Kyungsoo schließlich. Sein Mund war trocken vom langen Reden und seine Stimme erschöpft.

K-Pop One Shots Battle 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt