25.12.16; 1. Weihnachtsfeiertag

4.7K 439 11
                                    

Wir verabschiedeten uns von Ryans Familie erst gegen Nachmittag, nachdem man es nochmals versucht hatte mir Poker beizubringen und sich schließlich geschlagen gegeben hatte.
Natürlich bedankte ich mich bei allen nochmals, mich so freundlich aufgenommen zu haben und ich machte mir gedanklich eine Notiz ihnen irgendetwas als Dankeschön noch zukommen zu lassen. Vielleicht ein paar Maggies.
Die Autofahrt mit Ryan zurück war ruhiger als sonst, aber ich schrieb das mehr Sam zu, der seinen Onkel ziemlich auf Trapp gehalten hatte. Trotzdem war es natürlich nicht auszuschließen, dass mein unbedachtes Handeln von gestern Nacht nicht doch noch auf mich zurückfiel. Ich jedenfalls verwandelte mich während dieser Stunde zu einem richtigen Nervenbündel.
Zu jeder Bewegung seinerseits hatte ich irgendwas zu sagen, dass er wahrscheinlich irgendwann aus Prinzip nur noch ausweichend antwortete, aber ich konnte meinen Mund einfach nicht ruhigstellen.
Deswegen musste es ja auch so kommen, dass ich schlussendlich, als Ryan vor unserem Apartmentkomplex den Motor abstellte, fragte: "So gut wie du dich mit Sam verstehst, willst du doch bestimmt auch einmal Kinder, oder?"
Das letzte Wort war mir noch nicht entschlüpft, da wünschte ich mich schon weit, weit fort. Oder einfach in mein Bett. Das hörte sich am verlockensten an.
Das Ryan mich danach wie ein UFO anstarrte, zeigte nur all zu deutlich was für einen Blödsinn ich redete.
Rot anlaufend stieß ich meinen Atem aus und ließ den Kopf zurückfallen, dabei meinen gesamten Mut zusammennehmend, um das nächste zu sagen.
"Okay, tut mir leid. Ich habe nur das Gefühl irgendwie... Irgendwie... Ach! Hast du nichts zu dem Kuss zu sagen?!"
Völlig gestresst raufte ich mir die Haare und ließ meinen Blick überall hingleiten, außer zu Ryan. Ich meine der Schneematsch am Randstein war doch auch viel interessanter, nicht wahr?
"Deswegen machst du dich die ganze Zeit verrückt?"
Erst sein fast spöttischer Tonfall brachte mich dazu, ihn wieder direkt anzusehen, nur um sein altbekanntes Grinsen vorzufinden, was das erste war, das mir half um etwas zu entspannen.
"J..ja, vielleicht."
"Du hattest was getrunken und warst mir dankbar, ich denke nicht, dass der Kuss etwas ist, über dass wir uns weiter den Kopf zerbrechen sollten, okay?"
Obwohl er damit genau das Gegenteil erreichen wollte, verunsicherten seine Worte mich nur noch mehr. Denn selbst wenn er es so sah, für mich hatte es etwas zu bedeuten. Nicht unbedingt der Kuss. Viel mehr alles andere. Dass es Ryan war, den ich geküsst hatte, an Weihnachten, von dem ich erwartet hatte, dass es trostlos an mir vorbeiziehen würde, und dass er immer wusste, wie mich aufzuheitern.
"Maggie?"
Anscheinend hatte ich meinen Einsatz etwas zu sagen verpasst, denn Ryan hob mein Kinn bestimmt mit zwei Fingern an und weckte damit in mir nur noch mehr Zweifel an dem, was er gesagt hatte. Selbst dieser kaum merkliche Körperkontakt brachte meine Haut zum Prickeln.
"Ich sehe das nicht so."
Obwohl ich gedacht hatte normal zu sprechen, waren meine Worte so leise dass ich sie selbst kaum verstand, geschweige denn Ryan, der sich mit gerunzelter Stirn zu mir vorbeugte.
So nah, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten und mein Gehirn auf Stand-by schielt. Anders konnte ich mir das nächste zumindest nicht erklären.
Denn anstatt meine Worte zu wiederholen, überbrückte ich die letzte Distanz zwischen uns und küsste ihn einfach erneut.
Und zwar dieses Mal eindringlicher.
Wie auch das letzte Mal erstarrte Ryan im ersten Moment überrascht.
Doch ich musste ihm und wahrscheinlich genauso mir beweisen, dass es eben nicht etwas war, dass man getrost ignorieren konnte, also zwang ich mich, nicht scheu zurückzuzucken, sondern mutig meine Hände in seinen Nacken zu legen und ihn noch näher zu mir zu ziehen.
Und schlussendlich... Zahlte es sich aus.
Ich merkte genau den Moment, als Ryan ein kleiner Seufzer entwich und dann seine Lippen ganz weich wurden, während er den Kuss erwiderte.
Ab da war mein Gehirn wirklich Aufnahme unfähig. Alles was ich im Nachhinein noch wusste war, dass auch er irgendwann seine Hände um mein Gesicht schloss und sich näher zu mir lehnte.
Wer weiß wie lange wir so dasaßen. Ich war völlig eingelullt von Ryans Duft, seiner Ausstrahlung, seiner... Ach, einfach von Ryan an sich.
Erst das Bellen eines Hundes aus der Ferne brachte uns dazu uns wieder von einander zu lösen und noch einen kurzen Moment Gesicht zu Gesicht zu verharren, bevor ich nach hinten griff und die Beifahrertür öffnete.
Dadurch fiel ich gerade zu aus dem Auto, aber das erschien mir immer noch geschickter als alles durch Worte wieder zu zerstören.
Deswegen war alles was ich noch zu Ryan sagte: "Komm einfach in mein Apartment, wenn... Wenn du willst."

Weihnachtsglück nebenanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt