24.12.16; Heilig Abend

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Es musste schon fast zwei Uhr nachts sein, als sich schließlich unsere Gruppe auflöste. Obwohl ich immer noch bei weitem am wenigsten Getrunken hatte, alle Schwangeren ausgeschlossen, spürte ich doch deutlich den Alkohol, aber auf eine angenehme Weise. Ryan und ich erklärten uns dazu bereit alles in die Küche zu räumen, sodass sich die anderen schon Bett fertig machen konnten, während wir kichernd und klirrend alle Gläser wegräumten.
Ich hatte gerade die letzten zwei in der Hand und beeilte mich hinter Ryan durch die Tür zu schlüpfen, bevor sie zufiel. Doch natürlich war ich ein Tick zu spät und dachte die Tür einfach mit dem Unterarm abzufangen, was mit dem Glas in der Hand natürlich nicht sonderlich schlau war. Denn dadurch verlor ich den Griff um das leicht feuchte Glas, sodass es im hohen Bogen durch die Luft in die Küche hineinsegelte.
Ich musste ein leises Grnuzen oder etwas ähnliches ausgestoßen haben, denn Ryan drehte sich genau in diesem Moment um und erfasste die Situation mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Während ich also noch meinen Mund zu einem erschrockenem  "Oh" öffnete, sprang er schon mit vollem Körpereinsatz los und schnappte das Glas genau in der richtigen Sekunde, bevor es auf dem Boden aufschlug.
Ich erahnte bereits das stolze Lächeln auf seinem Gesicht, als er immer weiter und weiter auf dem Boden rutschte... Und voll in einen Küchenschrank hineinrauschte, in dem es gefährlich klapperte.
Wir beide bewegten uns einen langen Moment gar nicht bis sich unsere Blicke treffen. Ich gab mir wirklich größte Mühe, aber das Lachen überrollte mich einfach. Bevor mir noch ein Missgeschick passieren konnte, eilte ich schnell zur Spüle und legte das in meiner Hand verbliebene Glas ab, bevor ich mich einfach auf den Boden rutschen ließ.
Auch Ryan hatte sich wieder etwas aufgesetzt und lachte aus vollem Hals und jedes Mal wenn wir uns ansahen wurde es noch schlimmer.
Erst als Joyce Stimme irgendwo aus dem Haus erklang und fragte, ob alles in Ordnung sei, beherrschte ich mich wieder und presste mir eine Hand vor den Mund, damit Ryan seiner Mutter antworten konnte.
"Ja...", er musste wieder ein Kichern unterdrücken. "Ja, alles in Ordnung."
Für einige Sekunden blieb es still, dann hörten wir eine Tür zufallen und kaum dass sich unsere Blicke wieder trafen, musste ich wieder ein Lachen unterdrücken.
Doch dieses Mal rappelte ich mich auf und wankte zu ihm hinüber, um auch ihm auszuhelfen. Der Arme hatte sich heute immerhin schon zwei Mal den Kopf gestoßen.
"Alles klar bei dir?", meine Stimme klang durch das unterdrückte Lachen gepresst, aber da Ryan nickte, während er sich die Tränen aus den Augen wischte, musste er mich wohl trotzdem verstanden haben.
Um die anderen nicht nochmal zu stören, gab er mir per Handzeichen zu erkennen ihm zu folgen. Dass er dabei meine Hand ergriff, war bestimmt eine Vorsichtsmaßnahme, damit ich nicht schwankte und irgendwas umstieß. Aber aus welchem Grund auch immer... Es gefiel mir.
Ryan führte mich in den Keller, in dem wir uns für die Nacht einrichten durften und öffnete eine Tür, die uns zu einem Raum führte, der komplett von einem großen Doppelbett eingenommen wurde.
"Geh du ruhig als erstes ins Bad, ich glaub ich brauch ein bisschen zum Umziehen."
Kichern deutete ich auf mein eigentlich gemütliches Kleid, das mir momentan allerdings viel zu eng und umständlich zum Ausziehen vorkam.
Doch anstelle dass Ryan einfach ins Bad ging, drehte er sich zu mir um und grinste mich voller Schalk an. "Sicher dass ich dir nicht lieber helfen soll?"
Als wäre ich ein pubertierender Teenager und nicht eine erwachsene Frau, begann ich bei diesem Kommentar an zu Kichern und vergrub mein Gesicht an seiner Brust, bis ich mich wieder unter Kontrolle hatte.
Allerdings schien ich Ryan damit nur anzustecken, denn seine Brust rumpelte auch unter erneutem Gelächter, während er seine Arme um mich schloss.
So standen wir einfach da.
Mir war flauschig warm. Zum einen durch das Glühen des Alkohols von Innen und zum Anderen durch Ryans Umarmung. Allerdings wiegte mich diese Wärme auch in einen schläfrigen Zustand, bis alles nur noch ganz gedämpft zu mir Drang.
Gähnend lößte ich mich von meinem Nachbar und stellte mich ohne lange darüber nachzudenken auf die Zehenspitzen, um meine Lippen auf seine zu drücken.
Natürlich war es kein inniger Kuss, dafür waren wir beide wahrscheinlich viel zu überrascht, doch er entfachte trotzdem ein seltsames Prickeln auf meinen Lippen, das sich immer weiter ausbreitete, bevor ich mich von Ryan losriss.
Völlig durcheinander von all den Eindrücken, die mein Verstand gerade zu verarbeiten hatte, berührte ich fast ehrfürchtig Ryans Lippen mit meinen Fingerspitzen, als müsste ich spüren, ob sie genauso kribbelten wie meine.
Dann versanken meine Augen in seinen, während mein Mund wie ferngesteuert Worte formte.
"Danke für diesen Abend. Irgendwie... Bringst du mir das Leben zurück."
Dann wandte ich mich mit glühenden Wangen -natürlich nur wegen dem Alkohol- ab und torkelte zum Bett, auf dass ich mich einfach fallen ließ und sogleich eingeschlafen war.

Weihnachtsglück nebenanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt