Den nächsten Morgen, es war ein Sonntag (wem auch immer sei Dank, noch ein unterrichtsfreier Tag), bemerkte Luciana erst, als die ersten Sonnenstrahlen auf die Buchseiten vor ihrer Nase fielen und diese genauso schnell wieder verschwanden, wie sie gekommen waren. Nun, sie war schlechtes Wetter und viel Regen von ihrem Zuhause in Deutschland gewohnt, allerdings pflegte sich der Regen dort einmal richtig auszutoben oder es eben bleiben zu lassen – nicht wie in diesem vermaledeiten, schottischen Hochland, wo das Wetter seine Meinung so schnell änderte, wie ein pubertäres Schulmädchen.
Die Nacht war zu kurz gewesen, das von Snape geliehene Werk komplett durchzulesen, allerdings auch wieder lang genug, um bei Luciana sichtbare Spuren hinterlassen zu haben. Sie wusste, auch ohne in den Spiegel zu schauen, dass ihre Augen blutunterlaufen waren, ihre Haare zu Berge standen und ihr schon sonst heller Teint, einige Nuancen blasser sein würde. Mit einem Seufzen setzte sie sich in ihrem Bett auf, unterdrückte den darauffolgenden Schwindel, streckte ihre Glieder und öffnete dann eines der drei kleinen Turmfenster in ihrem überschaubaren Zimmer ... lein. Ah, Frischluft ... und gleich fühlte sie sich wieder munterer, auf jeden Fall munter genug, um ein wenig Nahrung zu sich nehmen zu können - also Kaffee trinken zu gehen ... ja, und der Klo-Myrte einen kleinen Besuch abzustatten.
Auf dem Weg in die große Halle ließ Luciana sich das Gelesene noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen. Die Kapitel um Voldemort waren kürzer ausgefallen, als sie angenommen hatte (verglichen mit dem schier endlosen Material zu ähnlich düsteren Persönlichkeiten in der nicht-magischen Geschichte). Eigentlich hatte dieses Buch mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet.
Zunächst einmal hatte die Autorin angedeutet, Voldemort sei nicht der Geburtsname dieses Magiers gewesen, aber welcher Alter Ego genau dahintersteckte, ließ sie daraufhin unbeantwortet. Als Kurzzusammenfassung schloss Luciana: Anfang der Siebziger hatte sich der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf (nicht das erste Mal rollte Luciana mit den Augen, als sie an diese Lächerlichkeit dachte), eine Gruppe Volldeppen besorgt, mit denen er in die Welt hinausgezogen war und Muggel (allein dieses Wort war schon verachtenswert und erniedrigend) sowie Muggelstämmige- oder Freunde tyrannisiert hatte und na ja, Luciana hatte die Todeszahl, die genannt worden war, nicht mehr ganz im Kopf, aber ja, ein paar Kollateralschäden hatte es dabei gegeben.
Und hier kam tatsächlich ihr Klassenmitsitzer, Harry Potter, ins Spiel ... der unvorteilhafte Blitz auf Potters Stirn war doch kein Branding, sondern ein Überbleibsel von einem Todesfluch, welcher auf ihn von dem Kerl, mit dessen Name es anscheinend Probleme gab, gewirkt worden war und den Potter überlebt hatte. Deswegen ein unglaublich einfallsreiches Pseudonym für Mr Potter: Der Junge der überlebte, wie im Buch geschrieben stand. Wow. Ja, und das hatte Voldemort offensichtlich in die ewigen Jagdgründe befördert, so zumindest das Buch. Anscheinend ja doch nicht ... verwirrend, diese magischen Hintertürchen.
Während dieser gedanklichen Verknotungen und kläglichen Versuche, diese Informationen in ein sinnvolles Ganzes zu bringen, hatte Luciana die große Halle erreicht, die sie fast vollkommen leer vorfand. Sie zählte drei Schüler und am Lehrertisch saß lediglich McGuyv-, pardon, Gonagall, die sie nur an dem übergroßen Zauberhut auf ihrem Kopf erkannte, dessen Spitze gerade eben über die aufgeschlagene Zeitung, in der sie gerade las, herüberragte. Hauptsache das Wichtigste war vorhanden: Die Kaffeekanne am Lehrertisch. McGonagall machte sich nicht die Mühe aufzusehen, als sich Luciana eine Tasse davon nahm.
Als sich ihre Hauslehrerin allerdings nach Lucianas dritter Tasse Kaffee erhob, die Zeitung mit dem Titel Tagespropheten energisch zusammenfaltete und sie darauf kurz mit strengem Blick musterte, fiel ihr ein, was sie die ganze Woche über erfolgreich verdrängt hatte: ... Hausaufgaben ... Berge an Hausaufgaben. Seufzend und mit den schlurfenden, schweren Schritten einer Person, die pure ‚keinen Bock' Aura verstrahlte, machte sie sich wieder auf den Weg zum Gryffindorturm.
DU LIEST GERADE
Luciana Bradley und der Orden des Phönix
FanfictionTEIL 1 VON 3!!! SS/OC; 5.Schuljahr; Luciana ist gezwungen kurz nach ihrem Abschluss auf einer nicht magischen Schule ihre Zukunftsplanung über den Haufen zu werfen und ihre ZAG-Prüfungen an der Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei nachzuholen. Z...