Wie sollte Luciana die nächsten Tage beschreiben? Der Montagmorgen wurde mit einem Beben eingeleitet – und dies nicht im metaphorischen Sinne. Der Boden unter ihren Füßen hatte gebebt, als sie in den frühen Morgenstunden dabei gewesen war, sich für einen kleinen Joggingausflug durch das Schloss anzuziehen.
Zunächst war sie davon ausgegangen, sich dieses eingebildet zu haben, doch eine weitere Erschütterung, die kurz darauffolgte und selbst ihren Zauberstab vom Nachtisch rollen ließ, belehrte sie eines Besseren. Die darauffolgenden Stunden hatten sie dieses Ereignis fast vollständig vergessen lassen, bis Luciana auf dem Weg zum Frühstück auf den Schulleiter traf.
Dumbledore hatte einen leicht zerstreuten Eindruck auf sie gemacht, das sollte heißen, noch mehr als üblich. Auf die Frage, wie es Professor Snape nach dem kleinen Keksdisaster gehen würde, hatte er zunächst ausweichend reagiert – als sie sich dann allerdings, eigentlich scherzhaft gemeint, erkundigte, ob Snape gleich nach dem Erwachen den halben Kerker auseinandergenommen habe, weil sie die ‚Nachbeben' in der Früh noch im Gryffindorturm zu spüren bekommen hatte, schien sie genau ins Schwarze getroffen zu haben.
Dumbledore versicherte ihr zwar darauf, dass er ihm nochmals genauestens zu verstehen gegeben hatte, dass es sich um ein Missverständnis zwischen Remus und Johnny gehandelt habe und nicht (wie Snape anscheinend vermutet hatte), um einen gezielten Anschlag auf seine Person. Nach dem Hinweis Dumbledores, Luciana solle die folgenden Begegnungen mit ihrem Zaubertranklehrer nicht zu persönlich nehmen und dass seine momentane Art (welche diese im Detail sein sollte, ließ der Schulleiter selbstverständlich aus) seine ganz persönliche Bewältigungsstrategie seines tiefsitzenden Schamgefühls sei, hatte sie es mit der nackten Angst zu tun bekommen. Und diese erwies sich als nicht ganz unbegründet.
Zunächst hatte sich Snape beim Frühstückstisch nicht blicken lassen, gut, mit etwas anderem hatte sie auch nicht gerechnet. Aber der Zaubertrankunterricht am Vormittag war ... ein Erlebnis. Professor Snape war nicht sauer auf sie. Nein. Dieses Wort vermochte die Realität nicht vollends zu erfassen. Für das Gefühl, welches er ihr entgegenbrachte, musste ein neues Adjektiv erfunden werden. Vielleicht mordrig? Ja genau, er war ziemlich furchtbar mordrig auf sie und es schien sehr an seinen Kraftreserven zu zerren, ihr nicht beide Hände um den Hals zu legen und ein paar Minuten fleißig und kräftig zuzudrücken.
Stattdessen fand er sich damit ab, nicht einen einzigen ihrer Arbeitsschritte außer Augen zu lassen und jede, wirklich jede verdammte Bewegung ihrer Hände mit schnippischen Kommentaren über ihre ‚schlampige Arbeit' zu versehen, um sie somit aus dem Konzept bringen zu können. Zu ihrem Bedauern war er damit sogar teilweise erfolgreich ... allerdings nicht wegen seiner Worte, sondern eher wegen Lucianas nervtötenden Kopfkinos, welches Snape hin und wieder in nichts weiter, als einer angegrauten Unterhose vor ihrem geistigen Auge erscheinen ließ. Und sie hätte schwören können, hin und wieder, wenn er einen Blick in ihre Augen erhaschen konnte und ihr zu diesem Zeitpunkt genau dieses Bild vorschwebte, bebten seine Nasenflügel und sein Blick wurde noch eine Spur mordriger – als wüsste er ganz genau, an was sie gedacht hatte.
Am Ende der Doppelstunde war Luciana unglaublich erleichtert, einen intakten Sinnesschärfungstrank gebraut zu haben. Sie verkorkte eine Probe davon in einer Phiole und stellte sich zur Abgabe in die Schlange aus Schülern, die sich vor Snapes Pult gebildet hatte. Es dauerte ein paar Minuten, in denen ihre Knie (aus total unerfindlichen Gründen) ein wenig weich wurden, bis sie an der Reihe war. Sie streckte ihm die Probe wortlos und ohne ihn dabei anzusehen, entgegen – im nächsten Moment war ein lautes Klirr zu hören ... Snape hatte die Phiole fallen gelassen, direkt zu ihren Füßen, in purer, boshafter Absicht, wie sie mit einem Blick in sein Gesicht mehr als deutlich zu spüren bekam.
„Ups", ließ er verlauten und zog beide Brauen in die Höhe, ganz als sei ihm ein ‚kleines Missgeschick' passiert. „Da müssen Sie wohl eine neue holen." Wie gesagt, Snape hatte nicht eine von Lucianas Bewegungen außer Augen gelassen, demnach wusste er sehr genau, dass sie ihren Kessel schon längst gereinigt hatte. Sie hätte es wissen müssen.
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Luciana Bradley und der Orden des Phönix
FanficTEIL 1 VON 3!!! SS/OC; 5.Schuljahr; Luciana ist gezwungen kurz nach ihrem Abschluss auf einer nicht magischen Schule ihre Zukunftsplanung über den Haufen zu werfen und ihre ZAG-Prüfungen an der Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei nachzuholen. Z...