Bernsteinbraun [BoyxBoy]

24.

Langsam gehe ich einen Schritt auf Tommy zu und nehme ihm das Bild aus der Hand. Vorsichtig, wie als wäre es zerbrechlich falte ich es auseinander.
Ich hole das Bild aus meiner Tasche und halte es neben Louis'. Es ist das selbe Foto. Mein Lieblingsbild von uns beiden, welches immer auf meinem Nachttisch stand.
Tommy stellt sich neben mich und legt mir lächelnd seine Hand auf die Schulter.
"Hab ich dir nicht gesagt, dass man das was ihr hattet nicht so schnell vergessen kann ?"
Ich muss lächeln. Für einen kurzen Moment vergesse ich, dass ich nicht weiß ob er es geschafft hat, ob er aufgeflogen ist, ob er noch lebt. Das Einzige was in diesem Moment zählt, ist dass Louis und ich uns noch immer lieben.
Ich stecke den Brief und die Fotos ein. Dann nehme ich Louis Jacke und werfe sie zu seiner Hose und den restlichen Sachen ins Feuer.

*Person of view - Louis*

"Und du weißt also nichts mehr ab dem Punkt, wo John dich festgehalten hat, damit Tommy dich ausziehen konnte ?" fragt Johns Mutter nochmal nach und ich nicke. "Sie haben mich umgezogen um mich zum Versorgungsteil zu bringen. Anscheinend haben sie das auch geschafft, aber was ab dann passiert ist weiß ich nicht mehr. Auch nicht wie ich hierher gekommen bin." Johns Vater nickt verstehend. "Und ich glaube John denkt ich bin mit Finn zusammen .." füge ich leise hinzu.

Meine Augen fallen immer wieder fast zu und eine Krankenschwester betritt das Zimmer. "Er sollte sich jetzt erst einmal wieder ausruhen. Er hat viel Blut verloren, davon erholt man sich nicht so schnell." sagt sie und bittet so meine Eltern zu gehen, welche verstehend nicken. Die Schwester möchte das Zimmer bereits wieder verlassen, als Papa sie aufhält. "Entschuldigung? Wissen sie bereits wann Louis operiert wird ?" Sie nickt. "Wenn alles gut geht, in drei Tagen. Zu ihrem großen Glück konnten wir einen Arzt finden der die Operation durchführen kann." Ich sehe sie fragend an. "Operation ?" "Ich möchte ehrlich mit ihnen sein. Die Kugel, die sie getroffen hat, ging glatt durchs Bein und hat ihre Sehne komplett durchtrennt. Wenn wir nicht operieren kann es sein, dass sie das Bein vielleicht nicht mehr bewegen können."

*Person of view - Tommy*

"Tommy ?" John sieht mich ernst an. "Mhm ?"
"Ich muss hier weg. Ich muss nach Hause, zu Louis. Ich muss sehen ob es ihm gut geht, ob er es geschafft-"
Noch bevor ich antworten kann explodiert eine gewaltige Bombe, ein gutes Stück weg von uns. John sieht mich geschockt an. Dann springen wir beide fast gleichzeitig auf, zücken unsere Waffen und rennen in die Richtung, aus der die Explosion kam.
Wo der Graben mal war, kann man nur noch raten. Ein riesiges Loch mit einem Durchmesser von fast zehn Metern ragt vor uns in der Erde. Rings herum liegen verstreut einige Soldaten, manche tot, andere noch am Leben, zwischen Waffen und abgetrennten Körperteilen auf der Erde. Und überall ist Blut. John und ich rennen zu den ersten Männern hin, versuchen denen zu helfen, die es nicht allzu schwer erwischt hat, als eine weitere Bombe hochgeht.

Plötzlich ruft ein Soldat und wir sehen wie sämtliche Franzosen ihre Gräben verlassen haben und mit erhobenen Waffen auf uns zu gestürmt kommen.

Ich hebe sofort meine Waffe an, ziele und schieße auf jeden der in unsere Richtung kommt. John steht währenddessen reglos neben mir und sieht zu. "John! Mach schon!" rufe ich ihm zu. "Ich will niemanden mehr töten!" schreit er zurück. "Also willst du lieber sterben und Louis nie wieder sehen ?! Schieß endlich!"
Ich muss meine Waffe nachladen. Wenn er jetzt nicht schießt sind wir den Gegnern schutzlos ausgeliefert.
Als er das sieht, hebt er seine Waffe an und schießt dem ersten Mann, der auf uns zukommt, direkt in den Kopf.
Er ist einer der besten Schützen, dass haben uns alle Ausbilder immer gesagt, doch er wollte das nicht hören. Ich sehe noch einmal nach oben, während ich Munition aus meiner Tasche hole.
Ein anderer Soldat kommt genau auf uns zu, zielt mit seiner Waffe direkt auf ihn. Ich sehe zu John und stelle fest, dass er ihn nicht bemerkt hat.
Doch ich kann nicht schießen.
Noch ein letztes Mal sehe ich zu John, bevor der Mann abdrückt.