25.

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Langsam sehe ich nach unten. Ich hebe meine Hand, berühre das Loch in meinem Bauch, betrachte das Blut an meinen Fingern.
Wie durch eine Wand höre ich John hinter mir dumpf meinen Namen schreien.

*Person of view - John*

Alles passiert innerhalb von Sekunden. Ich sehe einen Soldaten. Seine Waffe ist auf mich gerichtet. In der selben Sekunde, in der ich ihn sehe drückt er auch schon ab und in der selben Sekunde springt auch Tommy vor mich.
Erst ein paar Sekunden später realisiere ich was passiert ist. Tommy wurde von der Kugel getroffen, die eigentlich für mich gedacht war.

*Person of view - Tommy*

Ich spüre einen stechenden Schmerz in der Nähe des Einschusses. Immer schneller, im stärker brennt er sich in meinen Körper, bis ich mich nicht mehr auf den Beinen halten kann. Taumelnd stolpere ich nach hinten, bis ich mit meinem Rücken an der Seite des Graben zum Stehen komme. Schwarze Punkte beginnen vor meinen Augen zu tanzen, als ich langsam an der Grabenwand runterrutsche. Die Schmerzen sind fast nicht mehr auszuhalten.

Ich sehe zu John, der krampfhaft versucht alle Menschen zu erschießen, die in unsere Nähe kommen. Als er niemanden mehr sieht stürzt er sofort auf mich zu. Hektisch beginnt er Verbandszeug aus seiner Ausrüstung zu holen. Seine Stimme zittert, als er spricht. "Keine Sorge Tommy, wir- wir kriegen das wieder hin. Ich-.. Lass mich nur-.."

Schwach lege ich meine Hand auf seine und schüttele leicht den Kopf, deute ihm aufzuhören. "Aber-" "John." unterbreche ich ihn, bemerke jetzt erst wie schwer es mir fällt zu sprechen.

Mit zitternder Hand legt er den Verbandskasten zur Seite und lehnt sich neben mich an die Grabenwand. Mit einer Hand immer noch seine Waffe haltend, zieht er mich so vorsichtig wie möglich auf seinen Schoß. Dann legt er ganz vorsichtig einen Arm um meinen Körper, nimmt meine Hände in seine. "Es tut mir so Leid Tommy. Ich sollte jetzt an deiner Stelle sein .." Ich höre seiner Stimme an, dass er weint, obwohl er das eigentlich nie tut. "N-nein" flüstere ich mit schmerzverzerrter Stimme. "Du-du hast Louis." Ich hole Luft, komme dabei ins Husten, spucke Blut. "Ihr braucht euch. Ver-versprich mir, dass du-.. alles tust.. um ihn.. wieder zu sehen. Auch- auch wenn du dafür.. dafür töten musst." Meine Augen fallen zu und ich höre auf gegen die mich überkommende Müdigkeit anzukämpfen. "Lass-.. meinen Tod nicht umsonst gewesen sein." sage ich noch, doch es ist nicht mehr als ein leises Wispern. "Ich verspreche es." antwortet John leise, mit brüchiger Stimme. "Danke für alles, Tommy. Danke, dass du so ein unglaublicher bester Freund warst." Ich möchte noch etwas erwiedern, doch ich habe nicht mehr die Kraft dazu.

Langsam werden alle Geräusche um uns herum immer leiser, wie als würde ich mich von ihnen weg bewegen. Ich spüre nur noch wie meine Hand, aus der von John rutscht. Dann stoppen mit einem Mal alle Schmerzen. Noch ein allerletztes Mal fühle ich mein Herz schlagen. Dann spüre ich nichts mehr.

*Person of view - John*

Seine Hand rutscht aus meiner und ich drücke ihn fester an mich, will irgendetwas machen. Doch ich weiß, dass es zu spät ist. Tommy hat sein Leben für mich gegeben und diese Tatsache zerstört mich. Vorsichtig, ohne ihn unnötig zu bewegen, lege ich meine Hand an seine Brust, versuche einen Herzschlag zu finden, wo keiner mehr ist. Ich spüre eine weitere Träne meine Wange herunterrollen. Warum ausgerechnet er ? Tommy war der liebenswürdigste Mensch den ich kenne. Die Art Mensch, der nicht einmal Fliegen verletzen würde und immer ausnahmslos zu Jedem nett und hilfsbereit ist. Er hat es am allerwenigsten verdient so früh gehen zu müssen.

Vorsichtig nehme ich ihn von meinem Schoß und lege ihn so sanft wie möglich mit dem Rücken auf den Boden. Dann ziehe ich langsam den Ärmel seiner Jacke ein Stück nach oben, knote das Lederband, welches er schon seit Jahren um sein Handgelenk trägt, behutsam auf und binde es um mein eigenes Handgelenk.

Eine Weile noch bleibe ich neben Tommys leblosem Körper, bis mich drei feindliche Soldaten bemerken. Am Anfang will ich mich nicht wehren, habe meinen Drang zu überleben durch Tommys Tod verloren. Doch dann erinnere ich mich daran, was ich ihm versprochen habe. Zu kämpfen, Louis zu finden. Also bewege ich mich zur anderen Seite des Grabens, wo ich in Deckung gehen kann. Aus dieser schieße ich auch kurz danach den ersten der drei tot. Darauf hin springen die anderen Beiden runter zu mir in die Deckung. Ich bin schneller als der Erste, treffe ihn sofort. Der Andere stolpert über Tommys Leiche und verschafft mir somit genug Zeit auch ihn zu erschießen.

Ich schließe kurz meine Augen, verschnaufe für eine Sekunde. Grade als ich wieder aufstehen und abhauen will fliegt neben mir wieder eine Bombe in die Luft.

Bernsteinbraun [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt