07 - überarbeitet

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Nachdem ich mit Raja gefrühstückt hatte – und eine ungesunde Menge Kaffee in mich hinein geschüttet hatte – waren die beiden anderen Zofen erschienen und man hatte mich für den Vormittag zurecht gemacht. Ich würde gleich zum ersten Mal bewusst auf meine ‚Mitstreiterinnen' treffen.

Raja packte mich an den Schultern. Man hatte mir ausnahmsweise flache Sandalen erlaubt, so dass ich ihr mühelos in die Augen sehen konnte. „Ihr erinnert Euch an das, was ich gesagt habe?" Wir hatten eine Strategie ausgeklügelt und da mir nichts Besseres einfiel, würde ich ihr tunlichst folgen.

Langsam wurde es draußen auf dem Flur unruhig, die ersten Mädchen machten sich auf den Weg. Ein letztes Mal atmete ich tief durch, versteckte den Ring an seiner Kette im züchtigen Ausschnitt meines Kleides.

Meine Tür machte es mir unmöglich, einfach still und leise mit der Menge zu verschmelzen. Sofort waren alle Augen auf mich gerichtet. Ich hielt mich bedeckt, versuchte niemanden zu lange anzustarren, aber auch niemanden arrogant zu ignorieren.

„Guten Morgen."
Meine Benimmregeln hatte ich vortrefflich gelernt. Nur wenige folgten meinem Beispiel und begrüßten mich ebenso höflich. Aus denen, die es getan hatten, würde ich mir jemanden raussuchen müssen, mit dem ich sowas wie eine Freundschaft entwickeln musste.

Innerlich seufzte ich. Wie hatte ich mich mit Thalia angefreundet? Ach ja – kam es mir in Erinnerung – Thalia hatte sich mit mir angefreundet. Ich hatte gar keine Wahl gehabt.

Schweigend fügte ich mich in die Reihen der Mädchen ein, die zu unserer ersten Unterrichtsstunde aufbrachen. Obwohl alle Zimmer und Räumlichkeiten hier riesig waren, passten nicht alle Mädchen in ein Lehrzimmer. Wir meldeten uns bei den verschiedenen Aufsichtspersonen und man gab uns eine Art Stundenplan. Die Gruppe der Mädchen, mit denen ich mich anfreunden könnte, wurde somit drastisch verkleinert. Von denen, die mich begrüßt hatten, war nur ein Bruchteil mit mir im selben Klassenzimmer gelandet. Viele hatten mich nicht begrüßt und der Großteil bestand aus Mädchen, die in einem anderen Bereich des Schlosses untergebracht waren.

Wir lernten die verschiedenen Titel und ihren Rang kennen – etwas, das eigentlich für die anderen Mädchen nichts neues sein sollte, aber jeder schrieb fleißig mit. Die Stunde zog sich und ich hatte Mühe, mich durchweg damenhaft zu benehmen anstatt einfach einzuschlafen. Die Nacht durchzumachen war keine gute Idee gewesen. Wenigstens bekam ich die Möglichkeit, mir einige der Mädchen genauer anzusehen.

Am auffälligsten war eine junge Dame namens Diana. Sie war mit Abstand das schönste menschliche Wesen, das ich je gesehen hatte. Ihre blonden Locken waren im Gegensatz zu den meisten anderen Blondinen hier natürlich. Sie hätte sich auch nicht solche Mühe geben müssen, ihre Reize zu betonen, denn ihr perfekter Körper lenkte sogar absolut heterosexuelle Frauen ab. Selbst ich, die ich mir immer etwas darauf eingebildet hatte, nicht eitel zu sein, verspürte einen Stich in meinem Ego, wenn ich sie so ansah.

Sie fiel definitiv raus als mögliche Freundin, denn sie würde unter allen Umständen ins Finale um die Prinzen kommen und in ihrem Schatten krochen schon genug Schleimschnecken, die sich durch Dianas Glanz auch etwas Ruhm erhofften.

Die nächste, die mir auffiel, war eine zierliche Maus, die sie Rosalie nannten. Diana hatte jetzt mit einer anderen Gruppe Unterricht und ohne ihren Alles einnehmenden Schein fielen einige Mädchen auf, die man vorher übersehen hatte.

Rosalie saß, wie schon in der Stunde vorher nur wenige Plätze von mir entfernt. Sie hatte etwas, das Diana komplett fehlte. Es war eine Eleganz und Anmut in jeder von Rosalies Bewegungen.

Ich erfuhr von meiner Sitznachbarin, dass Rosalie es wohl gewohnt war, bei Hofe zu sein. Ihre Eltern hatten gute Beziehungen und versuchten hier ihre Bemühungen endlich ans Ziel zu bringen. Ob Rosalie da so begeistert von war, konnte ich allerdings nicht mit Sicherheit sagen. Zuerst hatte ich Rosalie auch nicht in Betracht gezogen, da sie viel zu 'adelig' für meinen Geschmack war, aber gerade als wir den Unterricht beendet hatten, sah sie zu mir rüber und lächelte schüchtern. Kein Lächeln hinter dem ein Plan steckte, sie war schlichtweg ein guterzogenes, freundliches Mädchen.

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