#9 Accepted

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Pov Jimin

"Warte,"

Er hielt sich am Stoff meiner Jacke fest.
"Wenn du jetzt gehst, findet er den Weg aber nicht."

Vor Erleichterung musste ich lächeln. Anscheinend hatte ich sein Vertrauen so weit gewonnen, dass er tatsächlich mit mir kommen wollte.
Er ließ sofort von meiner Jacke ab, als ich mich zu ihm drehte. Ich guckte auf die Uhr meines Handys.
"Dann sollten er und ich uns jetzt aber beeilen, damit mein Vater noch schläft, wenn ich ihn reinschmuggle." Spielerisch tippte ich auf mein Handgelenk, als befände sich dort eine Uhr. Mit großen Augen nickte mein Gegenüber, warf sich seinen Schulrucksack auf den Rücken und wir machten uns auf den Weg.

"Morgen sind wir alleine zuhause, also haben wir Ruhe und es fällt weniger auf, dass ich dich aufgenommen habe." Ich schaute auf den Weg, er auf den Boden.
"Du wirst mich verstecken müssen." Kam es leise von ihm und ich hatte das Gefühl, dass ich ihm mit doppelter Lautstärke antwortete, "Natürlich. Ich denke nicht, dass ich dich von meinen Eltern aus aufnehmen dürfte." Ich erinnerte mich an das gestrige Gespräch. Nein, mein Vater würde ihn ohne zu zögern aus dem Haus werfen.
"Deine Eltern verbieten es dir, dein Bruder und trotzdem machst du es. Noch dümmer kann man eigentlich nicht sein." Ich ignorierte den letzten Teil, weil es einfach seine Art war. "So bin ich nunmal. Ich ... will dir helfen."

Da sich das sehr schnulzig anhörte, hustete ich und fuhr fort, "Also, mein Vater ist um sechs Uhr morgens aus dem Haus, wenn du dich bis dahin nicht im Haus blicken lässt, wirst du ihm auch nicht begegnen, weil er erst sehr spät abends nach Hause kommt. Meine Mutter geht zwar nicht arbeiten, aber sie trifft sich zu oft mit ihren Freunden oder ist in der Stadt, als würdest du sie oft sehen. Und Hoseok sieht man sowieso nicht oft."

Bei jedem meiner Sätze nickte er verständlich. Ich hatte ein ziemlich gutes Gefühl bei der Sache, obwohl ich nicht so recht wusste, ob ich es schaffen würde ihn quasi versteckt zuhalten. Ich war einfach froh, dass er meine Hilfe diesmal ohne große Widerworte angenommen hatte. Ich konnte nicht einordnen, ob er es nervig fand oder es genoss jemanden an seiner Seite zuhaben.

**********************

Leise fiel die Haustür hinter uns ins Schloss. Erkundend guckte sich Yoongi um, wobei ich hoffte, dass es ihm vom ersten Eindruck her hier gefiel.
Ich zog meine Schuhe aus, er tat es mir gleich und ich stellte sie hinter meine im Schuhregal, um selbst dieser Möglichkeit aus dem Weg zu gehen, dass man sie bemerken würde. Er folgte mir die Treppen hoch, wo ich stehen blieb. Ich hatte bemerkt, dass Hoseok schon Zuhause war, also entschied ich mich mit diesem zu reden und flüsterte: "Geh du schonmal in mein Zimmer am anderen Ende des Flurs, ich rede kurz mit Hoseok."
Ein besorgter Blick schlich sich auf sein Gesicht. "Nein, ich werde ihm nicht sagen, dass du hier bist. Und jetzt geh." Er nickte und lief leise den Flur entlang. Ich sah ihm hinterher, etwas stolz. Ich hatte zwei Wochen darum gekämpft und jetzt lief er tatsächlich durch unseren Flur, ließ sich helfen.

Ich klopfte an der Tür meines Bruders und öffnete diese darauf. "Bist du hier?"
"Ja, aber warum bist du schon wieder hier? Wolltest du nicht mehr bei Yoongi bleiben?"
Ich schloss die Tür hinter mir, damit ja niemand von diesem Gespräch mitbekam.
Ich setzte mich etwas weiter von ihm weg aufs Bett, auf dem auch er saß.
"Erhm, tut mir leid wegen eben. Ich wollte-"
"Ist schon gut Jiminie."
"Mhm?" Ich sah verwundert zu ihm auf. Er seufzte.
"Das heute hat mir etwas die Augen geöffnet. Du musst wissen, dass ich manche deiner Entscheidungen nicht Gut heiße, weil ich weiß, dass du jünger als ich bist. Ich will dich vor manchen Sachen schützen und vergesse dadurch manchmal, dass du die Welt mit anderen Augen siehst und auch andere Erfahrungen machst. Die Sache mit Yoongi," er richtete sich auf und sah mir tief in die Augen, um seine Glaubwürdigkeit zu unterstreichen, "Ich respektiere deine Entscheidung, ihm zu helfen. Ich muss zugeben, dass ich ihm nicht selber so nah war, wie du heute und es muss ja schon seinen Grund haben, dass er dich noch nicht in Stücke gerissen hat." Er schenkte mir ein warmes, zufriedenes Lächeln.
"Oh Hyung.." Ich krabbelte zu ihm und ließ mich plump in seine Arme fallen. "Danke!" Er umarmte mich zurück und sagte bewusst: "Falls du bei irgendwas Hilfe brauchst, ich bin für dich da. Immer, Brüderchen. Was aber noch lange kein Grund ist, mich auf der Stelle zu erdrücken!" Das war mir egal. Es tat so gut zu wissen, dass nicht jeder gegen Yoongi und mich war. Es bedeutete mir so viel, dass mir mein Bruder Unterstützung versprach. Er gab nicht oft zu, dass er Unrecht hatte.
Um seine Geduld nicht auszuspannen, erzählte ich ihm jedoch noch nichts von unserem neuen Gast. Dieses Verständnis wollte ich ihm noch nicht abverlangen.

Pov Yoongi

Ich öffnete die Tür zu Jishits Zimmer.  Es war weiß gestrichen und nahezu riesig. Sein Bett war ebenso riesig und stand an der Mitte einer Wand. Neben einem Schreibtisch in der Ecke und einem Regal, stand alles andere wahrscheinlich noch in den Kisten.

Ich ließ meinen Rucksack auf den Schreibtischstuhl fallen und guckte mich im Zimmer um. Direkt bekam ich das Gefühl von Zuhause. Es war zwar aufgeräumt, aber dennoch erkannte man, dass es das Zimmer eines Jungen war.
Tief in mir drinnen war ich froh, dass es jemanden wie Jishit gab, doch ich wollte diesen Gedanken und dieses Gefühl nicht. Es würde einfach nicht gut ausgehen.

Plötzlich kam Jishit durch die Tür. Er schloss sie hinter sich und lächelte mir zu.
"Und? Gefällt's dir? Es ist noch nicht ganz fertig, aber zum Leben reicht es allemal." Er guckte mich an. Eine zeitlang verweilten wir in dieser Position. Seine Augen hatten etwas an sich, was ich nicht beschreiben konnte. Etwas fehlte in seinem Leben und seine Augen suchten danach, ohne dass er es wusste. Er machte es automatisch.
Doch mit einem mal fühlte ich mich erdrückt, mein Magen zog sich zusammen, ich fühlte mich gefangen. Warum machte mir diese Angst immer alles kaputt? Ich wollte mich verstecken, wollte hier weg, wollte von ihm weg, von Menschen. Ich musste mich so sehr kontrollieren, biss die Zähne zusammen.

Ich wandte meinen Blick ab "Geht schon klar." Zum Glück bemerkte er meine Symptome nicht.
"Fühl dich frei alles zu tun was du willst. Ich zeige dir später noch, wo das Bad und die Küche ist. Wenn du Langeweile hast kannst du Fernsehen oder irgendwas zocken," er deutete auf ein Regal, was vor seinem Bett stand, "und wenn du irgendwas brauchst, musst du einfach nur was sagen." Er lächelte immer noch. Dieser Junge war so gutmütig.

Warum war er so? Ich verstand es nicht.  Wie konnte er so selbstlos sein und so viel für mich tun. Das, was er tat, galt schon nicht mehr als Hilfe, dafür war es zu viel des guten und ich wusste tief in mir drinnen, dass es falsch war, doch ich würde es ausnutzen. Ich würde nicht nach mehr fragen, aber er würde mir alles hinhalten und ich würde nicht nein sagen.

Jishit durchbrach meine Gedanken.
"Yoongi," ich sah ihn an und direkt in seine Augen, "ich habe eine Frage."
Ich öffnete meinen Mund um besser Luft zu bekommen. Ich nickte ihm abwesend zu  schaute mich um. Doch dadurch stieg meine Angst nun noch mehr. Dieser Raum war geschlossen, Jishit stand vor der Tür. Ich spürte, wie meine Lippen trocken wurden.

"Dumme Frage, ich weiß, aber... Warum bist du immer alleine?"

Mein Herz schlug schneller. "Ich... i-ich erhm-" Jimin schien mir auf einmal so überlegen. Ich schmeckte den Geschmack von Angst auf meiner Zunge, die typischen Gefühle kamen wieder. Es war so still, seine Aufmerksamkeit lag auf mir. Das wollte ich nicht.

"Yoongi?"

Ich spürte seine Hand an meinem Arm, hatte ich ihn nicht gehen hören? Seine Berührung durchschnitt meine Gedanken und ließ sie stoppen. Ich sah ihn an.
Und plötzlich schien er nicht mehr böse.
Er war ein ganz normaler Junge, er wollte mir helfen, ich erkannte es, ja, ich sah es. Meine Angst war wie verflogen, das war noch nie so, war es durch ihn?

"Tut mir leid," ich verstand es nicht, schüttelte den Kopf und suchte in meinem Unterbewusstsein nach meinem Unwohlsein, doch es war nicht aufzufinden, "Ich weiß es nicht."
Ich hatte seine eigentliche Frage schon längst vergessen, antwortete nur noch, damit ich nicht im Mittelpunkt stand.

Er antwortete etwas verdutzt, wollte mich anscheinend nicht überfordern, er hatte gemerkt, dass ich anders war. "Egal, ist nicht so wichtig. Willst du Fernsehen?"
Er löste seinen Griff und ging an mir vorbei, ich sah ihm nach, denn eine Wärme verließ mich mit ihm. Es war wie zuvor, nur dass meine Ängste verschwunden waren.
Hatte er sie mir genommen?

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[Danke für's Kommentieren und Voten]

Aloah~
Jetzt beginnt die Story erst richtig leude /reibt sich die Hände/ ich freu mich :3
Have a nice dayyy♡

「 socialphobia 」 - yoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt