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Eine ganze Weile saß ich auf der Bank und sah wie Menschen lachend an mir vorbei gingen, Pärchen Fotos vor einem Brunnen machten und Leute sich im Café amüsierten. Gern hätte ich auch so ein Leben geführt. Abseits der Öffentlichkeit und des Leistungsdrucks. Doch ohne Eiskunstlauf ging es nicht. Doch irgendwann.., denn meine Zeit auf dem Eis auf professioneller Ebene, war auf Grund meines Alters beschränkt, würde ich so ein Leben führen können. Ich würde es so machen wie Stéphane, Eislaufen aus Leidenschaft und am Spaß an der Freude.

Seufzend schaute ich zur Seite und sah, wie Yuri still auf mich zukam. Neugierig wartete ich, bis er bei mir war. "Komm mit.", sprach er ohne mir weiter Beachtung zu schenken und ging vor. Irritiert sah ich ihm nach, folgte ihm aber.

Yuri führte uns zu einer Kirche, ein Chor sang gerade für die Touristen und Gläubigen. Wir stellten uns etwas abseits, ich genoss es das religiöse Umfeld auf mich einwirken zu lassen.

Yuri stand aufgeregt vor mir, sah mich nicht an und war gerötet. Etwas beschäftigte ihn, doch ich ließ ihm Zeit. "Ich habe etwas für dich.. mir ist nichts anderes eingefallen womit ich mehr meine Dankbarkeit Ausdruck verleihen könnte als mit dem hier. Ich wollte dir danken, für die Zeit die du dir genommen hast. Fühl all deine Ratschläge. Ich werde mir beim Finale größte Mühe geben und alles zeigen was ich kann.", erschrocken sah ich ihn an. Sein Blick war immer noch zu Boden gerichtet, doch er nahm vorsichtig meine Hand und zog den Handschuh hinab. Augenblicklich weiteten sich meine Augen. Es war nicht zu fassen was er gerade tat.
Aus seiner Tasche holte er eine Schatulle hervor. Vorsichtig klappte er sie aus. Zwei goldene Ringe kamen zum Vorschein.

So absurd die Situation auch zu sein schien, mein Herz ging automatisch schneller und ich spürte wie sich ein roter Schimmer über meine Wangen legte. Ehrfürchtig nahm er einen Ring hinaus und schob ihn behutsam auf meinen Ringfinger. "Bitte sag etwas um mich anzufeuern!", seine Augen waren glasig, seinen Wangen rot und seine Stimme brüchig. Mir ging regelrecht das Herz auf.
"Aber sicher doch.", ich nahm seine Hand und den Ring. "Ich werde etwas sagen, bei dem du nicht lange überlegen musst.", verwundert schaute Yuri zu mir auf. Mein Augen waren jedoch auf Yuri's Hand gerichtet "Übermorgen zeigst du mir einen Lauf, von dem du selbst sagen kannst, dass er der Beste war", während ich die Worte an Yuri richtete schob ich, genauso behutsam wie er, den Ring auf seinen Finger. Er schaute auf seine Hand und dann zu mir. Glücklich strahlte er mich an "Hi!", und fiel mir um den Hals.

Etwas besseres konnte ich ihm nicht sagen. Eine schnellere Abkürzung zur Goldmedaille gab es nicht. Doch ich war überrascht, dass Yuri diesen Schritt tatsächlich gewagt hatte. Sportler tuen die kuriosesten Dinge, wenn sie sich in die Ecke gedrängt fühlten. So auch Yuri. Doch ich hatte absolutes Vertrauen in Yuri und seine Entscheidungen. Und hoffte, dass er nach diesem Finale nicht zurücktreten würde.

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Da wir den ganzen Nachmittag noch nichts gegessen hatten und es schon spät am Abend war, beschlossen Yuri und ich, in ein nahegelegenes Restaurant zu gehen.

Als wir an dem Restaurant ankamen standen Mari und Yuri's Ballettlehrerin, Minako, vor dem Fenster und standen der Ohnmacht nahe. Ich ahnte etwas. Denn Minako stand wahnsinnig auf Chris. Was mich schwer ausatmen ließ.

Und ehe ich mich versah, saßen Yuri, Mari, Minako und ich gemeinsam mit Yurio, Chris sowie weiteren Eisläufern die am Finale teilnahmen an einem Tisch und aßen gemeinsam zu Abend.

Wir ließen uns eine weiterer Runde Getränke kommen. Außer Chris und ich, nahmen alle etwas alkoholfreies. "Es ist seltsam, dass wir hier alle gemeinsam am Tisch sitzen. Letztes Jahr beim Finale stand ich, selbst beim Banquet, ganz allein.", Yuri's Worte klangen nicht wehleidig eher freudig, dass er nun eine andere Erfahrung machen dürfte. Ich nahm einen Schluck von meinem Bier als Yuri weiter sprach "Ich habe nicht einmal mit Victor gesprochen.."

Augenblicklich spuckte ich mein halbes Bier über den Tisch. Alle Augen waren auf und gerichtet. "Kannst du dich etwa nicht mehr daran erinnern Yuri?", belustigt aber auch etwas geschockt sah ich zu ihm. Immerhin war an dem Abend mein Entschluss gefallen, nachdem er mir so ehrlich gegenüber getreten war.

Fragen sah er mich an, bis Chris das Wort erhob "Du hast dich vollkommen mit Champagner zulaufen lassen. Wir haben sogar gemeinsam getanzt.", Chris stützte seinen Kopf auf seine Hand und sah zu meinem Schützling der beschämt und geschockt da saß. Yurio schüttelte angeekelt den Kopf "Was ihr euch dabei gedacht habt. Idioten. Es war abartig. Ich wurde sogar zu einem Dance-Off gezwungen und habe jämmerlich verloren.", sein Blick war verärgert doch ich kratzte mir lachend den Kopf. Erinnerungen stiegen auf. Auf einmal zückte jeder Anwesende am Tisch, außer Yuri, Mari und Minako, sein Handy und ließ Videos vom Banquet abspielen.
Ich sah in Yuri's Augen, dass er am liebsten davon gelaufen wäre. "Wir haben sogar halbnackt an einer Stange getanzt. Yuri", Chris schaute zu mir und ich gab ihn einen bösen Blick. Übertrieben freundlich zwinkerte er mir zu während Yuri sich die Hand gegen die Stirn schlug.

Auf einmal waren alle am Tisch still. Im ersten Moment dachte ich, dass sie mitbekommen hätten wie ich Chris einen bösen Blick zu warf, doch etwas anderes erregte jedermanns Aufmerksamkeit.

Mit geweiteten Augen schaute Chris mich an. "Was ist?", zischte ich zu ihm rüber. "Wirklich Victor? Was sollen diese Ringe?", jedem war das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Besonders Chris und Yurio. Yuri wusste nicht was er sagen sollte.. deshalb sprang ich für ihn ein. Galant ließ ich meine Hand nach oben schnellen und hielt sie so, dass jeder den Ring perfekt sehen konnte. "Versteht, das ja nicht falsch. Es sind lediglich Verlobungsringe. Geheiratet wird erst nach der Goldmedaille."

Und schlagartig änderte sich die Stimmung am Tisch.

Yuri On Ice - Victor's Story (Band I) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt