Epilog

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Man lernt erst zu schätzen, wie kostbar wenige Minuten sein können, wenn man nur eine begrenzte Anzahl von Zeit miteinander hat.
Das letzte halbe Jahr, dass ich mit Ed verbrachte, war wohl die glücklichste Zeit meines bisherigen Lebens, auch wenn ich mir jede Minute, die verstrich, sehnlichst zurück wünschte. Je näher der Tag rückte, an dem Ed aus seinem eigenen Exil zurückkehren und sich seinen Fans zurückgeben musste, desto flüchtiger und gleichzeitig kostbarer schienen diese Momente zu werden. Trotzdem waren wir beide froh, als er wieder zurück in die Öffentlichkeit trat - dort wo er hingehörte. Er hatte mir klar gemacht, dass er mich nie wieder so zurücklassen würde, dass er mich in den Vordergrund stellen und jede freie Minute an mich denken würde. Ich versprach ihm dasselbe, auch wenn dieses Versprechen aus seinem Mund einen viel größeren Wert besaß.
Ich saß auf dem hässlichen Sofa in Sus' Wohnung und schlug meine Schwester und meine beste Freundin gerade bei Mensch ärgere dich nicht, da ertönte ein lautes Surren und ich sprang hastig auf.
»Eddi!«, kreischte Sus, gespielt enthusiastisch, wofür sie eine hochgezogene Augenbraue von mir erntete (Ich hatte es endlich gelernt!).
Ich hüpfte zur Haustür und riss sie auf. »Happy Birthday!«, rief ich und viel meinem Freund in die Arme.
»Ich freue mich so dich zu sehen«, murmelte er in meine Haare und küsste mich überschwänglich.
»Jetzt hört auf rumzumachen und kommt her, sonst verpasst ihr wie ich Ruby schmeiße!«, schrie Sus aus dem Wohnzimmer.
Wir trennten uns lachend und ich zog Ed an der Hand in das Zimmer. Er begrüßte Sus und Terry, die ihm ebenfalls beide zum Geburtstag gratulierten. Die Wogen zwischen meiner Schwester und Ed waren geglättet, auch wenn Terry noch immer zurückhaltender war als früher. Sus hingegen liebte meinen Freund mittlerweile fast so sehr wie ich, womit ich sie ständig aufzog.
»Setzt euch«, wies meine Schwester uns an und zeigte auf das Sofa. Dankbar nahmen wir Platz und ich lehnte glücklich meinen Kopf an Eds Schulter.
»Tut mir leid, dass wir keine richtige Party für dich haben«, flüsterte ich nach einer Weile.
»Ach«, Ed winkte ab. »Das hier ist perfekt.«
Er küsste meinen Haaransatz und ich schloss die Augen - glücklich darüber, die drei wichtigsten Menschen bei mir zu haben.

8 Jahre zuvor:
Es war ein wahnsinnig schönes Erlebnis durch London zu laufen, wenn nur die Straßenlampen und die Scheinwerfer die Nacht erleuchteten. Ab und an eine Reklametafel die für Parfüm, Verhütung oder Getränke warb. Je näher ich in das Stadtinnere lief, desto heller wurde es und schließlich war ich mir kaum noch bewusst, dass es schon 23 Uhr war. Meine Mom hasste es, wenn ich mich so spät noch aus dem Haus schlich und würde mich wahrscheinlich köpfen, wenn ich nach Hause käme. Trotzdem konnte ich mir diesen Anblick nicht entgehen lassen. Die Stadt war zugleich wunderschön und hässlich; strahlend und vernebelt; riesig und winzig.
Ich wusste nicht wohin ich lief, ging einfach geradeaus, beobachtete die Leute um mich herum, zog mir die Kapuze tiefer ins Gesicht, wenn mich jemand unangenehm ansah und ließ die verschiedenen Eindrücke auf mich wirken. Es waren gerade sechs Tage seit unserem Umzug aus Framlingham und auch wenn ich es jetzt schon vermisste, war London doch etwas ganz Neues und Einzigartiges, wenn man vorher noch nie dort gewesen war.
Ich mochte vielleicht anderthalb Stunden orientierungslos umhergelaufen sein, da beschloss ich mir in einem Pub etwas zum trinken zu holen und dann zurück zu fahren. Es war mittlerweile schon nach Mitternacht und ich war mir nicht sicher ob ich mit meinen 14 Jahren überhaupt irgendwo hinein kommen konnte, doch als ich eine Bar fand, war von irgendwelchen Aufsehern keine Spur zu sehen. Ich betrat den stickigen Raum, dessen Luft von Zigarettenrauch und Essensduft geschwängert war und setzte mich an einen kleinen Tisch in einer Nische, um mich aufzuwärmen.
Trotz der späten Stunde war immer noch ein reges Treiben und eine kleine Ansammlung umringte die Bühne, auf der ein Junge auf einem Holzhocker saß und Gitarre spielte. Ich konnte ihn nicht ganz hören, deshalb lief ich - nachdem der Kellner mir meine Cola gebracht hatte - ein Stück weiter Richtung Bühne, quetschte mich durch die Menge (was durch meine geringe Größe kein großer Aufwand war) und lauschte dem Jungen. Er hatte eine fantastische Stimme - irgendwie rau, gleichzeitig aber auch so gefühlvoll und weich, wie man es sich nicht vorstellen konnte. Er hatte auffallend rote Locken und kniff beim Singen die Augen zu, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Die Art wie er sich in seine Songs hineinversetzte war wunderschön.
Er kam mir bekannt vor.
Aber ich konnte mich beim besten Willen nicht entsinnen woher.
Ich lauschte ein paar Songs in der Hoffnung vielleicht wenigstens seinen Namen zu hören und nachdem er sein letztes Lied beendet hatte, schnallte er sein Gitarre auf den Rücken, machte eine kleine Verbeugung vor dem laut klatschenden Publikum und sagte ins Mikro: »Ich danke euch vielmals! Wenn ihr EP's von mir kaufen wollt, kommt einfach zu mir, ich habe ein paar da. Mein Name ist Ed Sheeran und ihr könnt mich gern für Auftritte buchen.«
Ed Sheeran! Natürlich, jetzt erkannte ich ihn. Wir wohnten in derselben Gegend und hatten ab und zu mal miteinander gespielt. Ich hatte ihn damals schon süß gefunden, aber mir war nicht klar, dass er jetzt so gut aussah! Und dass er so gut singen konnte, war mir auch nicht bewusst gewesen.
Ich beschloss meine Chance zu ergreifen und ging auf ihn zu. Ein paar Mädchen umringen ihn, kauften seine CD's und schwärmten von seiner Stimme. Ich stellte mich in die Schlange und wartete geduldig bis ich an der Reihe war.
»Hay, hättest du auch gern eine CD?«, fragte er lächelnd und zeigte dabei seine strahlend weißen Zähne. Ich musste mich daran hindern zu kichern wie ein kleines Mädchen, sonst würde er mich noch für eines halten.
»Eigentlich nicht«, gestand ich und lächelte verlegen.
Er wirkte überrascht, lachte aber. »Okay, kann ich dann sonst etwas für dich tun? Willst du mich für einen Auftritt buchen oder - wie alt bist du eigentlich?«
Ich richtete mich zu meiner vollen Größe auf und reckte den Kopf in die Luft. »14. Aber ich sehe älter aus«, entgegnete ich stolz und zwang mich mir nicht wie King Kong auf die Brust zu schlagen.
Ed lachte jetzt lauter und schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht«, sagte nun er und wir mussten beide lachen. Er sah mir in die Augen und für den Moment schien die Welt still zu stehen. Sie waren ozeanblau und glitzerten schälmisch.
Doch der Moment war schnell vorbei, denn hinter mir räusperte sich ein Mädchen genervt.
Schnell wandte Ed den Blick ab, nahm eine seiner CDs und kritzelte etwas darauf.
»Hier«, sagte er und reichte mir das Plastik-Kästchen, auf das er mit Edding eine Handynummer geschrieben hatte.
»Wenn sie dir gefällt, kannst du ja mal anrufen.«
Er lächelte wieder dieses Grübchen-Lächeln, bei dem mir die Knie weich wurden. In diesem Moment glaubte ich daran, dass Liebe auf den ersten Blick wirklich existierte.
Ich grinste bis über beide Ohren, hauchte »Danke« und war auch schon weg.
Als ich jedoch an der frischen Luft angekommen war, hörte ich wie jemand »Hey, warte!«, rief und ich sah mich um, in der Hoffnung, dass es Ed war der mich da gerufen hatte.
Meine Hoffnung wurde erfüllt.
»Ich kenne gar nicht deinen Namen«, sagte er und kam näher, bis er nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt stand. Ich musste meinen Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen sehen zu können und musste von der Intensität der Gefühle, die seine Augen in mir auslösten, heftig schlucken.
»Ruby Kingsley«, flüsterte ich. Mein ganzer Körper begann zu zittern, als er erneut lächelte.
Nach einer halben Ewigkeit in der wir uns nur in die Augen sahen, löste er seinen Blick und ging rückwärts Richtung Bar. Kurz vor der Tür rief er: »Wir werden uns wieder sehen. Rubyred

Everything Has Changed || Ed Sheeran ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt