Ich war immer noch wütend als ich Ed anrief. Ich wettete darauf, dass er um meine Gefühlslage wusste, so wie meine Stimme bebte und ich die Zähne zusammenbeißen musste um ihn nicht anzuschreien. Aber erstens wollte ich mich mit ihm treffen und zweitens saß ich in der U-Bahn, weshalb ein öffentlicher Wutausbruch weniger vorteilhaft gewesen wäre.
Nachdem ich minutenlang im Schnee gesessen und langsam gemerkt hatte wie einige meiner Körperfunktionen den Geist aufgaben, hatte ich beschlossen meinen Exfreund zur Rede zu stellen. Ich war der Meinung es verdient zu haben, dass er mir seine Geschichte ins Gesicht sagte und wollte mit eigenen Augen sehen, ob er sich wirklich entschuldigen wollte und ob etwas dran war, dass er mich noch liebte.
Wir verabredeten uns für zwei Uhr im Café gegenüber meines Elternhauses, weshalb mir noch eine Stunde blieb um in die WG zu fahren, mich bei Sus und Terry zu entschuldigen (soweit es möglich war - ich war aus unbestimmten Grund noch immer sauer auf sie), mir meine, vom Schnee durchnässten, Sachen auszuziehen und mich wieder auf den Weg zu machen. Die Zeit war knapp, aber es war machbar.
Als ich in der WG ankam war bereits eine viertel Stunde vergangen. Sus und Terry waren es scheinbar leid meine ständigen Ausbrüche auszuhalten, denn sie waren nicht mehr da. Dafür waren Zoe und Florence - meine Mitbewohnerinnen - aufgestanden und bombardierten mich mit Fragen. Sie quasselten so aufgeregt und so wild durcheinander, dass es ein paar Minuten dauerte bis ich herausfand, dass es darum ging, dass Ed auf dem Sofa geschlafen hatte. Ich war in dem Moment nicht in der Stimmung ihnen die Geschichte meiner missglückten On-Off-Beziehung zwischen dem Sänger und mir zu erzählen - vor allem da sie wirklich gefühlsduselig war und die beiden mich dann wahrscheinlich auf ewig mit mitleidigen Blicken ansehen würden - weshalb ich sie mit einem einfachen »Es ist kompliziert« abspeiste und mich an ihnen vorbei in mein Zimmer quetschte. Ich zog mir schnell eine frische Jeans und einen warmen Pulli über, tauschte die Wollsocken gegen andere Wollsocken und ging ins Bad wo ich mir einen lockeren Dutt band und etwas Make-Up auftrug um die geröteten Wangen und Augenringe zu überdecken. Dann ging ich wieder in den Flur, warf mir Parka und Schal über, schlüpfte in ein paar Winterstiefel (meine Dr. Martens waren ebenfalls durchnässt) und huschte aus der Wohnung bevor die beiden Mädchen auch nur die Münder für eine weitere Fragen-Schlacht öffnen konnten. Dank ihrem Gequassel hatte ich eine weitere halbe Stunde verplempert und hatte damit nur noch 15 Minuten um ins Zentrum zu kommen, was sich dank dem Beginn der Rushhour als schwierig erweisen dürfte. Statt mir also wie geplant ein Taxi zu rufen, lief ich ein paar Meter, bis der erwartete rote Bus um die Ecke gebogen kam, auf den ich aufsprang und in die Stadt fuhr. Obwohl ich damit mehr Zeit sparte, kam ich eine halbe Stunde zu spät im Café an, doch Ed saß noch immer an seinem Tisch im hinteren Bereich und trank gerade einen Cappuccino. Unwillkürlich fragte ich mich ob er ihn noch immer mit zwei Würfeln Zucker und Sojamilch trank, verwarf den Gedanken aber schnell wieder und setzte mich ihm gegenüber. Jetzt war keine Zeit um sich über solche Banalitäten Gedanken zu machen - wir hatten Wichtigeres zu klären.
Ed zeigte wieder dieses schüchterne Lächeln von heute Morgen, ließ es jedoch schnell verblassen, als er meine ausdruckslose Miene sah. Ihm war bewusst, dass ich nicht hier war um ihn an den Hals zu springen, auch wenn er versuchte die Situation aufzulockern. Damit würde er jedoch kläglich zu Grunde gehen, ich war innerlich so versteinert, dass es einen Vorschlaghammer gebraucht hätte um mich wieder zu erweichen.
»Ich weiß, dass Susi dir alles erzählt hat. Sie hat mich angerufen um mich vorzuwarnen, aber sei nicht wütend auf sie - du kennst sie, sie will nur dein Bestes.« Seine Stimme war gesenkt und beherrscht, doch seine Augen, die mich unergründlich musterten, sagten mir, dass das nur Fassade war. In ihm herrschte dasselbe Gefühlschaos wie bei mir.
Als Reaktion auf seinen letzten Satz schnaubte ich und schüttelte den Kopf. »Susi hat dich nicht angerufen, weil sie mein Bestes will. Sie ist nur total verzweifelt und wütend, was mich angeht. Du warst einfach das einzige Mittel, dass ihr noch einfiel um nicht vollkommen an mir zu scheitern, weil ich nicht das erreicht habe, was sie sich in der Liebe für mich wünscht. Reiner Eigennutz.« Sobald die Worte aus meinem Mund waren, zuckte ich überrascht zusammen - es war nicht meine Absicht gewesen so abschätzig über meine beste Freundin zu reden - ich war einfach stinksauer.
Nun sah mich mein Gegenüber traurig an. »Ruby, ich-«
»Nein!«, unterbrach ich ihn und hob abwehrend die Hand. »Sag nicht ›Ich liebe dich‹ oder ›Es tut mir leid‹! Ich habe es satt, immer mit diesen Sätzen abgespeist zu werden, als wäre ihre Bedeutung lebensverändert für mich, obwohl sie nicht einmal ernst gemeint sind. Weißt du was? Du hast mich nicht geliebt, Edward. Und du liebst mich auch jetzt nicht. Die Wahrheit ist, dass du nur zu feige warst um mir zu sagen, dass du mich nicht mehr willst. Du hast nicht mit mir Schluss gemacht um mir Schmerz zu ersparen sondern dir selbst. Denn du wusstest, dass es mir dadurch nur noch schlimmer ging! In Wahrheit konntest du es nicht ertragen mich deinetwegen leiden zu sehen, du konntest deinen eigenen Schmerz nicht mehr aushalten den es dir zufügte. Du hast mich abserviert - obwohl du wusstest wie dreckig es mir gehen würde - damit du dich wieder besser fühlst. Das ist keine Liebe Ed, das ist Narzissmus. Und komm mir jetzt nicht mit den Argumenten, dass du die Liebe kennst, weil du von ihr in deinen Songs erzählst - die einzige Liebe die du kennst ist die zu dir selbst, was andere für dich empfinden ist dir nicht wichtig.«
Trotz des leisen Tons um den ich mich bemüht hatte, hatte das Zischen mit dem ich Ed die Wörter an den Kopf geworfen hatte, einige Leute auf uns aufmerksam gemacht. Sie sahen uns auf fragende, wütende oder besorgte Weise an, während zwischen meinem Gegenüber und mir Funken sprühten. Aber nicht die Funken der Liebe, sondern eher die eines tödlich geladenen Elektrizitätswerks.
»Ruby, du hast keine Ahnung was ich die letzten Jahre durchgemacht habe«, zischte Ed nun im selben Tonfall zurück und lehnte sich über den Tisch zu mir.
Ich lehnte mich ihm ebenfalls entgegen, sodass nur noch wenige Zentimeter zwischen unseren Gesichtern waren. Allerdings hätte wahrscheinlich sogar ein Blinder gemerkt, dass wir nie hätten weiter entfernt voneinander sein können als jetzt.
»Achja?«, fragte ich spöttisch. »War es so anstrengend von den Medien gefeiert, den Fans vergöttert und den Plattenfirmen umworben zu werden? Ich wette Mädchen wie Ellie Goulding haben es geschafft dich aufzumuntern.«
Ich merkte deutlich wie seine vorherige Beherrschung dahinsiechte. Er war nun genauso geladen wie ich. »Niemand hat mich aufgemuntert, Ruby Kingsley. Der einzige Mensch der in dieser Zeit für mich da war war Taylor.«
»Swift? Hm ... sowas wie Freundschaft plus soll helfen bei Sexentzug«, giftete ich zurück. Das schien ihn jedoch zu treffen, denn er lehnte sich zurück und wirkte verletzt. Ich konnte nichts dagegen tun, als eine gewisse innere Genugtuung zu verspüren. Jetzt wusste er wie sich dieser Schmerz anfühlte, auch wenn ich nicht beabsichtigt hatte seine beste Freundin hineinzuziehen. Ich mochte sie sehr, auch wenn ich sie nicht persönlich kannte.
»Nein«, flüsterte Ed nun und seine Wut schien vollständig verpufft zu sein. »Aber sie war der einzige Mensch der für mich da war, als ich mir das Leben nehmen wollte.«***
Sorry für das kurze Kapitel, aber ich musste den Cliffhanger dahinsetzen und wusste nicht was ich hätte noch schreiben sollen.^^
Jedenfalls tut es mir leid wenn ich irgendjemanden verletzt habe, als ich Ellie Goulding und Taylor Swift beleidigte, ich musste nur Rubys Wut zum Ausdruck bringen. Taylor finde ich selbst total klasse (wie ihr am Titel des Buches erkennt, höhö) und Ellie Goulding hasse ich wie die Pest, aber ich wollte niemanden zu nahe treten ;)
xoxo Lara
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Everything Has Changed || Ed Sheeran ✔️
Fanfiction»Ich hörte ihn. Ich hörte ihn jeden Tag. Ich schaltete das Radio ein und da war er. Ich schaltete den Fernseher ein und da war er. Ich konnte nicht einmal ins Ausland fahren, ohne ihn zu hören.« Wenn man abserviert wird will man sich eigentlich von...