Friends shouldn't kiss me like you do

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Als ich aufwachte galt mein erster Gedanke Ed. Ich musste ihn anrufen und fragen, ob wir uns erneut treffen könnten ansonsten würde ich keine Ruhe haben. Ich trat die Decke von mir, rollte vom Sofa und rannte zu Sus und Terry ins Schlafzimmer. Diese lagen noch eng umschlungen und tief und fest schlafend im Bett, doch ich nahm darauf keine Rücksicht sondern rief so lange ihre Namen, bis sie aufschreckten und mich wütend anstarrten.
»Denkt ihr ich sollte ihn jetzt anrufen?«
Kaum hatte ich den Satz beendet, da bekam ich ein Kissen ins Gesicht und taumelte rückwärts. Sus machte sich schon daran auch Terrys Kopfkissen zu werfen, da hob ich abwehrend die Hände und sagte: »Schon gut, ich mach's! Du brauchst ja nicht gleich ausrasten.«
Während ich mich umdrehte bekam ich das zweite Kissen an den Kopf.
Der Tag schien ja wundervoll zu werden.
Ich setzte mich in die Küche, wählte Eds Nummer und sah lange Zeit auf das Display.
Was sollte ich ihm sagen?
Was wenn er nicht abnahm?
Was wenn er mich anschrie?
Ich seufzte deprimiert und tippte auf den grünen Hörer. Es brachte nichts noch länger damit zu warten - irgendwann musste ich mit ihm reden und da lieber früher als später.
Ich hielt mein Handy ans Ohr und wartete.
Tuuuut.
Ich bis mir aufgeregt auf die Lippe.
Tuuuut.
Meine Finger krallten sich um die Tischplatte bis die Knöchel weiß hervor traten.
Tuuuut.
Mein Herzschlag verdoppelte sich, bis ich das Gefühl hatte es würde mir jeden Moment aus der Brust springen.
Tuuuut.
Auf meiner Stirn brach kalter Angstschweiß aus.
Tuuuut.
Was wenn er mich hasst?
»Hallo
Ich atmete hörbar aus - er hatte abgenommen und klang weder wütend noch verletzt.
»Hallo ... ähm ... Ed. Ich bins, Ruby. Ich wollte dich fragen ob du dich nochmal mit mir treffen willst?«, fragte ich unsicher, doch trotz dass ich am ganzen Körper zitterte wie Espenlaub, war meine Stimme überraschenderweise fest. Ich beeindruckte mich immer wieder selbst.
»Ich denke, das wird sich nicht vermeiden lassen, also ja. Sagen wir 12 Uhr auf dem Friedhof?«, erwiderte er wobei seine Stimme keinerlei Gefühle preisgab. Das erschwerte mir eine Meinungsbildung, war aber immer noch besser als ihn wütend zu hören.
»Ich werde da sein«, bestätigte ich und legte auf. Ich knallte mein Handy auf die Tischplatte, vergrub meine Hände in den Haaren und stütze die Ellenbogen ab.
Unergründlicherweise stiegen mir Tränen in die Augen, liefen in heißen Strömen meine Wange hinunter und tropften leise auf den Tisch, wo sie kleine Pfützen hinterließen. Ich war innerlich so aufgewühlt, dass ich nicht einmal wusste wie ich mich eigentlich fühlte und ob es Tränen der Trauer oder der Freude waren.
Ich gönnte mir einige Minuten der Ruhe in denen ich still weinend in der Küche saß, dann wischte ich mir das Gesicht trocken, ging ins Bad, duschte, putzte Zähne, überdeckte die geröteten Augen mit etwas von Terrys Make-Up und verließ die Wohnung, nachdem ich meinen Freundinnen eine kurze Nachricht über meinen Verbleib hinterlassen hatte.
Ich fuhr mit den Bus nach Hause, stellte mich vor meinen Kleiderschrank und überlegte fieberhaft was ich anziehen sollte.
Ich hasste es, wenn ich das tat. Sonst legte ich nie besonderen Wert auf mein Äußeres, nur wenn es um Männer ging wurde ich zu einer dieser perfektionistischen Modepüppchen, die alle Kleider im Schrank anprobierten und dann zu dem Schluss kamen, dass die doch nichts anständiges besaßen (A/N Ich bin selbst so jemand^^). Genervt räumte ich die Sachen, die ich aus dem Schrank gezogen und im ganzen Zimmer verteilt hatte, wieder zurück und entschied mich für ein einfaches paar Jeans mit einem warmen Hoodie und meinen Dr. Martens, die mittlerweile wieder getrocknet waren. Meine Haare ließ ich offen und fuhr ein paar mal mit der Bürste durch, dann band ich mir einen Schal um den Hals und schlüpfte in den Parka. Es war schon wieder viel zu spät geworden und ich hatte nur noch 30 Minuten bis zu unserem vereinbarten Termin.
Ich sprintete zur Bushaltestelle, als ich sah, dass der Bus gerade dabei war wieder loszufahren.
»Halt!«, schrie ich und fuchtelte wie eine Verrückte mit den Armen um den Fahrer auf irgendeine Weise auf mich aufmerksam zu machen. Vergebens - als wollte er mich absichtlich provozieren, fuhr er mit quietschenden Reifen davon und ließ mich keuchend auf der Straße stehen.
Natürlich musste es so kommen, ich konnte auch nie pünktlich zu einem Treffen erscheinen. Ich seufzte und setzte mich auf die kalten Metallsitze, die in dem kleinen Bushäuschen befestigt waren und wartete bis ich wieder zu Atem kam.
Zehn Minuten später hielt der folgende Bus knirschend vor meiner Nase und ich stieg schlecht gelaunt ein und kramte nach meinem Portmonee, um den Fahrschein bezahlen zu können. Jedoch war es weder in meiner Jacken- noch in meiner Hosentasche und während der Fahrer mich mit einer hochgezogenen Augenbraue beobachtete (wofür ich ihn innerlich verfluchte), ging ich verzweifelt durch den Bus und fragte nach ein wenig Kleingeld. Wie ich es auch nicht anders erwartet hatte, war keiner von ihnen bereit mir ein paar Pfund zu leihen, weshalb ich genervt zurück aus dem Bus kletterte und in meine WG trottete. Als ich dort ankam war es schon 12 und ich überlegte ernsthaft ob ich noch zu dem Treffen gehen sollte.
Als ich auf mein Handy sah und schon vermutete eine wütende SMS von Ed zu sehen - was diesen miesen Tag nur noch perfektioniert hätte - fand ich stattdessen die Information zu zwei verpassten Anrufen von meinem Ex. Ich biss mir auf die Unterlippe und rief ihn zurück.
»Ruby? Ein Glück rufst du an. Du, ich komm erst eine Stunde später, ich hab den Bus verpasst und muss laufen«, erklärte Ed keuchend, was mich vermuten ließ, dass auch er gerannt sein musste.
Ich lachte erleichtert auf. »Ich bin so froh, dass du das sagst. Ich muss auch auf den nächsten Bus warten«, erwiderte ich und meine Stimmung hob sich sofort.
Als Ed mein Lachen erwiderte, sah ich ihn vor mir - den Kopf in den Nacken gelegt, die Augen geschlossen, seine Hand rieb verlegen den Nacken. Mein Grinsen wurde breiter.
»Dann sehen wir uns um eins?«, fragte ich nach einer Weile Stille, die jedoch alles andere als unangenehm war.
»Bis dann, Rubyred.«
Er legte auf und ich versuchte mein Grinsen wieder verschwinden zu lassen. Ich musste einen klaren Kopf behalten um nicht wieder irgendetwas an seinem Verhalten falsch zu deuten. Es war noch immer möglich, dass er  auf irgendeine verschrobene, »Ich lache trotzdem mit dir« - Weise sauer auf mich war.
Schnell steckte ich mein Handy in meine hintere Hosentasche und ging in die Küche, wo ich in großen Schlucken eine kleine Flasche Wasser leerte, bis sich das Kratzen in meinem Hals beruhigt hatte. Eigentlich hatte ich mir versprochen wieder Joggen zu gehen, um meine Kondition zu verbessern. So ein Mist aber auch, dass es viel zu kalt war um Rennen zu gehen.
Ich warf die Flasche in einen Beutel, in dem wir immer Pfandgut sammelten, holte mein Portmonee aus meinem Zimmer und machte mich gemächlich auf den Weg, zurück zur Bushaltestelle.
Diesmal schaffte ich den Bus, ich hatte genug Geld für ein Ticket und ich fand sogar einen freien Platz zum setzen. Der Tag schien sich doch noch zum Guten zu wenden.

Everything Has Changed || Ed Sheeran ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt