Zum Schutz

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Noch ehe Hime wirklich wach war, spürte sie etwas Weiches unter ihren Fingern. Stoff, dachte sie verschlafen. Aber es war nicht die Bettdecke, die sogar über ihren Kopf reichte. Wolle, war ihr nächster Gedanke.

Als sie die Augen aufschlug, war es dunkel, aber angenehm warm und kuschlig. Und dann bemerkte sie, dass sie ihr Gesicht in Azusas Pullover vergraben hatte. Sie war im Laufe der Nacht ein Stück nach unten gerutscht, sodass sie geradewegs auf seine Brust blickte.

Azusa-kun, dachte sie, ihre Gedanken waren vom Schlaf noch vollkommen benebelt, sie hatte wirklich sehr fest geschlafen, und doch breitete sich bereits ein Gefühl der Glückseligkeit in ihrer Bauchgegend aus. Und dann schloss sie die Augen noch einmal, atmete tief ein. Es roch nach zu Hause, nach Wärme und nach Geborgenheit.

Dass sie mit einem Jungen, den sie noch nicht einmal eine Woche lang kannte, in einem Bett lag, beunruhigte sie merkwürdigerweise kein bisschen. Sie fühlte sich kein Stück fehl am Platz. Azusas Nähe wirkte ungemein beruhigend auf sie.

Am liebsten wollte sie den Moment niemals verstreichen lassen. Vorsichtig rutschte sie noch ein wenig näher an ihn heran. Sein Körper spendete noch immer keine Wärme, aber das war nicht weiter schlimm, es gab ja noch die Bettdecke, die sie beide warmhielt.

Mit geschlossenen Augen lauschte Hime Azusas Herzschlag ... das heißt, das wollte sie zumindest. Doch sie nahm absolut nichts dergleichen wahr. Sein Körper war vollkommen leblos. Kalt und tot.

Erschrocken fuhr Hime in die Höhe, doch noch ehe sie irgendetwas tun konnte, regte Azusa sich im Schlaf ein wenig, seine linke Hand schob sich unter seinen Kopf und ein leises Seufzen kam ihm über die Lippen, sein Mund war leicht geöffnet. Und Hime bemerkte, dass er gleichmäßig atmete, und auch sein Brustkorb hob und senkte sich noch.

Oh Mann, dachte sie und ihr fiel ein Stein vom Herzen. Hab' ich mir das eingebildet? Sie überlegte und beobachtete dabei Azusas entspannte Gesichtszüge. Oder haben Vampire vielleicht gar keinen Herzschlag? Was unterscheidet sie wohl von uns Menschen? Sie bemerkte Azusas Eckzähne, die, kaum sichtbar, unter seiner Oberlippe hervorlugten. Sie sind wirklich ein wenig länger, hm?, dachte Hime mit einem Lächeln.

Vorsichtig ließ sie sich wieder neben ihn aufs Kissen sinken, sah ihn einfach nur an. Wenn er schlief, sah er noch viel friedlicher aus als sonst, auch wenn Hime zuvor schon gedacht hatte, dass das eigentlich nicht möglich war. Aber die Ruhe, die er ausstrahlte und die stets auf Hime überging, war nun noch ausgeprägter. Aber vor allem ... sah er in diesem Moment nicht so leidend aus wie sonst immer.

Hime dachte an das, was sie von Noriko erfahren hatte. Dass den Brüdern des Mukami-Haushalts schlimme Dinge widerfahren waren. Und Hime ahnte natürlich, dass es dabei um mehr ging als „gewöhnliche" Schicksalsschläge wie Krankheiten oder Unfälle oder dergleichen. Sie hatte es schon immer gefühlt – Azusa und sie kamen aus zwei verschiedenen Welten. Aber das sollte sie nicht daran hindern, mit ihm zusammen zu sein. Gerade deswegen möchte ich bei ihm sein.

Viel mehr jedoch beschäftigte sie, dass Noriko ganz selbstverständlich davon ausgegangen war, dass Hime sich vor Azusa fürchtete und lieber vor ihm fliehen wollte, anstatt sich in seiner Nähe aufzuhalten. Sollte ich so denken?, fragte sie sich, während sie nach wie vor Azusas Gesicht musterte. Kenne ich Azusa-kun denn überhaupt? Aber auf der anderen Seite ... Noriko hat selbst gesagt, dass sie kaum mit Azusa-kun spricht. Aber ich habe bereits mit ihm gesprochen. Also ... sollte ich wohl selbst am besten wissen, ob ich mit ihm klarkomme oder nicht. Und bisher hat er mir nichts getan. Er hatte den ganzen Samstagnachmittag Zeit, von gestern Nacht ganz zu schweigen ... Hime atmete tief durch und verbannte alle zweiflerischen Gedanken zumindest für den Augenblick.

Diabolik Lovers ~ Bloody IncisionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt