Wärme

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Es musste mitten in der Nacht sein.

Hime konnte nicht sagen, warum sie das wusste, es war einfach so ein Gefühl, als sich ihre Augenlider wieder hoben, es fiel ihr so unglaublich schwer. Noch nie zuvor war sie bewusstlos gewesen, aber jetzt wurde ihr klar, dass es etwas ganz anderes war, als einfach nur zu schlafen. Sie fühlte sich wie erschlagen, alles schmerzte, es war, als sei sie eben von den Toten zurückgekehrt. Um es kurz zu sagen – ihr ging es über alle Maßen dreckig.

Als sie es schließlich schaffte, die Augen aufzuschlagen und ihre Umgebung wahrzunehmen, bemerkte sie als erstes das Fenster in der Wand direkt vor ihr. Und wie sie es erwartet hatte, war es draußen schon – oder besser noch – stockdunkel. Im Zimmer jedoch brannte das Deckenlicht, direkt über ihr.

Sie lag auf der Seite, auf einem Bett, den Kopf auf ihre Hände gebettet, und als sie sich langsam auf den Rücken drehte, verließ ein Stöhnen ihre Kehle, das helle Licht stach in ihren Augen, und der Reiz arbeitete sich bis in ihr Gehirn vor, wo es ehrlich schmerzte.

Was mache ich hier? ... Wo bin ich überhaupt?

Sie bemerkte, dass sich die Matratze unter ihr ein wenig bewegte und sie rollte sich noch weiter herum, ihr Kopf sackte einfach so zur Seite. Sie war so schrecklich erschöpft, vollkommen entkräftet, als habe sie zuvor schier unmenschliche Anstrengungen hinter sich gebracht. Allerdings breitete sich Erleichterung in ihrer Brust aus, als sie Azusa sah, der auf der Bettkante hockte und sich eben zu ihr umgewandt hatte. Sein Blick war schwer zu deuten, aber ... sah sie da so etwas wie ... Sorge in seinen Augen?

Ein Gedanke, der sie selig lächeln ließ.

„Hime-san", sagte der blasse Junge da und erhob sich kurz, nur um sich gleich darauf zu ihr auf das Bett zu knien. Da bemerkte Hime das Messer in seiner Hand. Und nicht nur das. Der Ärmel seines weißen Strickpullovers, in dem seine schlaksige Gestalt richtiggehend verschwand, war weit hochgekrempelt, bis zu seiner Schulter, und von dort zog sich, bis zu seiner Ellenbeuge, ein leuchtend roter Strich seinen Arm hinab. Blut war dick und tiefrot aus dem Schnitt gequollen, bildete einen feucht schimmernden Wall auf Azusas bleicher Haut.

Verwundert wollte Hime sich aufrichten, doch gleich darauf bereute sie es. Ihr Körper war entschieden dagegen, dass sie sich bewegte, und sofort wollte er sie mit allen Mitteln wieder zurück auf die Matratze drücken – mit Gliederschmerzen, Übelkeit und Kopfweh. Es brach über sie herein wie ein Blitz. Ein unterdrückter Schmerzenslaut entfuhr ihr und Hime legte sich eine Hand über den Mund, versuchte mit aller Kraft, die aufkommenden Tränen zurückzudrängen, doch es gelang ihr kaum. Ein leises Schluchzen entrann ihrer Kehle.

„Hime-san!", wiederholte Azusa nun eindringlicher und griff nach ihren Schultern, noch immer wirkte er reichlich unbeholfen, aber das war egal. Allein seine Anwesenheit beruhigte sie, mochte es ihr auch noch so schlecht gehen.

Sie hob den Blick und sah Azusa an, wischte sich mit einer fahrigen Bewegung über die Augen, zog die Nase hoch. Der Schmerz hatte ein wenig nachgelassen, auch wenn er noch immer präsent war. „I-ist ... ist das mit Kanato-kun ... wirklich geschehen?", wollte Hime nun leise wissen, während sie sich noch immer die Stirn hielt, hinter der es wie verrückt pochte. Sie war sich wirklich nicht mehr sicher, was Traum war und was Realität, aber auf der anderen Seite fiel ihr kein anderer Grund ein, der für ihre miserable Verfassung in Frage käme. Das hier war schlimmer als der schlimmste Kater, den sie je gehabt hatte.

„ ... Ja", antwortete Azusa einfach nur und sein Blick wanderte zu ihrem Hals, aber nur für einen kurzen Moment, dann drückte er sie sanft zurück auf sein Bett, legte dabei eine Hand auf ihre Schulter und eine auf ihren Rücken. „Du solltest dich nicht zu viel bewegen", sagte er dann mit überraschend fester Stimme und beugte sich über sie, strich ihr eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht, die da nicht hingehörte. Sein Blick war, trotz dieser merkwürdigen Erschöpfung, die ihm immer ins Gesicht geschrieben stand, klar und aufmerksam. Und ... beruhigend.

Diabolik Lovers ~ Bloody IncisionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt