"Balin, ich muss mit dir reden", kam es von Kíli, anstelle der normalen morgendlichen Begrüssung. "Guten Morgen übrigens. Bitte komm nach dem Frühstück so schnell wie möglich ins königliche Arbeitszimmer" Verschlafen nickte Balin und stand auf. Er konnte sich bereits denken um was es ging und brachte deshalb fast nichts runter. Nach nur einer halben Scheibe Brot machte er sich auf den Weg. Die Tür war bereits offen, dennoch klopfte Balin an und wartete auf eine Antwort. "Setz dich, mein Neffe" Nachdem Balin sass, sah Kíli ihn an. "Du weisst was heute für ein Tag ist, oder?" Natürlich wusste er das. Wie könnte er es auch vergessen? Er nickte und sein Onkel fuhr fort. "Dir ist auch bewusst, was es für dich heisst, kein Kind mehr zu sein. Da du nun mündig bist, gehört der Thron deines Vaters dir"
"Ich weiss", murmelte der junge Mann, "Aber das will ich gar nicht... noch nicht jedenfalls. Immerhin muss ich mich um Líli kümmern"
"Das wirst du auch als König können, aber ich verstehe deine Situation. Doch du musst verstehen, dass der Thron niemals für mich gedacht war und nun bin ich schon seit zehn Jahren Erebors Regent... so hätte es nicht kommen dürfen. Ausserdem verlangt es das Gesetz, dass ich nun zurücktrete und das Amt dem rechtmässigen Nachfolger überlasse" Der Halbzwerg knurrte.
"Gibt es irgendein Gesetz, dass dich nicht noch weiter auf dem Thron behalten kann? Denn ich habe nicht nur keine Lust König zu sein, ich kann es nicht einmal. Wa-was soll ich auch mit so viel Verantwortung?" Auf einmal erinnerte er Kíli wieder an den Jungen, der er vor über einem Jahrzehnt noch war. Nach dem Tod seiner beiden Eltern wirkte er recht bald sehr erwachsen. Und nun war er es tatsächlich, heute, an seinem 35. Geburtstag.
"Zum ersten bist du mehr als fähig und im Stande ein guter König zu werden. Und vergiss nicht, ich bin ja auch noch da und werde dir helfen." Er sah seinen Neffen eindringlich an "Aber wenn du lieber noch etwas warten willst, musst du eine schriftliche Verfügung aufsetzen, die einem Vertreter deiner Wahl die Macht für eine definierte Zeitdauer überlässt. Das kann von wenigen Tagen bis hin zu fünfzig Jahren sein. Der Erlass kann allerdings jederzeit für nichtig erklärt werden." Balin nickte erneut.
"Dann machen wir das so. Wann muss ich den schreiben?"
"Innert der nächsten Tagen, ausser du willst die Krönung erst stattfinden lassen..." Der Halbzwerg unterbrach ihn.
"Auf keinen Fall."
"Wie du meinst. Nun denn, es steht dir frei zu gehen. Zwar wirst du deinen Geburtstag nicht feiern, aber es ist dennoch dein grosser Tag. Nur versuch bitte den Gratulanten nicht wieder an die Kehle zu gehen wie vor drei Jahren." Balin seufzte. Es war ihm am liebsten, wenn niemand ihn auf seinen Geburtstag ansprach. Zum Glück hatten seine Familienmitglieder Verständnis dafür und niemand gratulierte ihm oder wagte es gar eine Feier zu organisieren. Für Balin war dieser Tag nicht mehr ein Tag der Freude, sondern ein Tag der Trauer. Seltsamerweise aber wusste er, dass er alles in seiner Machtstehende tun würde, dass seine Schwester jedes Jahr ihren Geburtstag feiern konnte, obwohl auch das eigentlich ein sorgenvoller Tag war. Als die Kleine erfahren hatte, dass ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben war, wollte sie ganz dem Beispiel ihres Bruders folgen und weigerte sich, je wieder ihren Geburtstag zu feiern.
Balin hatte kaum die Tür zu den Räumlichkeiten seines Onkels geöffnet, wo er in den letzten Jahren lebte, als ihm Líli entgegen gerannt kam. Sie war offenbar gerade erst aufgestanden und trug nichts ausser einem dünnen Nachthemd. Der junge Mann hob sie hoch und drückte sie kurz an sich, als das Kindermädchen ebenfalls dazustiess. Die Frau erklärte, dass das Mädchen sich weigerte sich anzuziehen und ob er ihr kurz helfen könne.
"Ihr braucht nicht zu helfen, ich denke, das schaffe ich auch alleine" Dankbar nickte die Angestellte und begann stattdessen etwas Frühstück vorzubereiten, bevor sie wieder ging. Seltsamerweise merkte Balin jetzt doch, dass er Hunger hatte. Doch zuerst würde er seine Schwester in ein Kleid und mindestens Socken stecken, er hatte Angst, dass sie sich erkältete. Leider war das bei ihr sehr schnell der Fall, dadurch dass sie ein Frühchen war, war sie sehr anfällig für Erkältungen und andere Krankheiten. So trug er die Kleine in ihr gemeinsames Zimmer, wo er sie auf seinem Bett abstellte. Das Kindermädchen hatte die Kleidung für die Prinzessin offenbar bereits ausgesucht und bereit gelegt.
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Isildurs Erbe
FanfictionEigentlich hätte es ein wunderbarer Tag werden sollen, aber mittlerweile müsste ich wissen, dass das Leben nicht vor Unglücken, Katastrophen oder Schicksalsschlägen gefeit ist... Dennoch verborg dies gewisse und ungeahnte Überraschungen. Diese Erei...