Kapitel 7

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"Wenn ich dich kriege, wirst du das  bereuen!"

"Ach ja? Zuerst einmal musst du das schaffen. Und  mit nur einem Schuh rennen" Im nächsten Moment war mein Mann davon gerannt, mit meinem Stiefel in der Hand. Schnaubend  schlüpfte ich aus dem rechten Schuh und nahm die Verfolgung auf. Ab und zu schrie ich ihn an, dass er gefälligst stehen bleiben solle, doch er schaffte es sogar noch, mir amüsierte Blicke zu zuwerfen. Nicht dass es das erste Mal wäre, dass er mit etwas, das mir gehört abhaut, aber er fand wohl meine Reaktion nur zu lustig. Dennoch konnte ich mich nie beherrschen, es lockerer zu nehmen, ganz besonders, wenn es um Sachen ging, die ich gerade anziehen oder sonst verwenden wollte. Das einzig Gute, das allerdings auch in sich wieder einen Nachteil barg, war, dass hier in Mandos Hallen mir wenigstens nie die Puste ausgehen konnte. Der angebliche Luftmangel berührte mich mittlerweile kaum noch, doch leider war das bei Fíli genauso. Dieser Trottel schlug genau jetzt auch noch einen Kiesweg ein, wohlwissend, dass ich hier barfuss kaum darauf rennen konnte.

"Gib mir wenigstens den Stiefel wieder, dann sind die Chancen gerechter", rief ich ihm zu.

"Auch mit Schuhen hast du keine Chance, Kleine", gab er nur zurück und schenkte mir ein Grinsen. Gut, er schien es nicht anders zu wollen. Ich blieb extra vom Kiesweg weg und rannte auf dem Gras weiter. Als ich etwas näher bei ihm war, visierte ich seinen Rücken an und schleuderte dann mit aller Kraft meinen anderen Schuh auf ihn. Überrascht blieb er stehen und ich konnte ihn endlich einholen. Sofort stürzte ich mich auf ihn und brachte ich durch den Schwung zu Fall. 

"Wie war das?", knurrte ich ihn an, "Ich hätte keine Chance?"

"Das war geschummelt"

"Ach ja? Und dein Kiesweg war auch sehr gerecht"  Seine Antwort war ein Grinsen, dann sagte er:

"Na gut. Aber du wirst mich nie hier festhalten können"

"Das werden wir ja noch sehen"  Wohlwissend, dass er recht hatte, holte ich wenigstens meinen Schuh zurück und sah zu, dass er ausser Fílis Reichweite war.  Anstatt sich loszureissen zog er mich zu sich runter und hielt mich fest. 

"Und wer hat jetzt die Oberhand?", spottete er. Den Sieg gönnte ich ihm nicht, also sagte ich nichts sondern entspannte mich in seinem Griff und kuschelte mich an ihn. Nach einer Weile schien der Zwerg es aufzugeben mir eine Antwort zu entlocken, stattdessen fuhr er mit der Hand über meinen Rücken. Ich seufzte glücklich, was ihn wieder zum Grinsen brachte. 

"Na ihr scheint euch auch zu amüsieren" Erschrocken fuhren wir beide hoch und erkannten Fílis Vater über uns. Mein Mann zuckte mit den Schultern, liess mich los und stand schliesslich auf. Während die beiden ein Gespräch anfingen, holte ich meine beiden Stiefel wieder und zog sie an. Erleichtert ging ich dann auf die beiden zu und beteiligte mich an ihrer Diskussion. Plötzlich hörten wir, wie jemand den Namen meines Schwiegervaters rief, dann Fílis. Im ersten Moment dachte ich, es wäre Thorin, der auf uns zukommt, bis ich genauer hinsah und schluckte. Inzwischen hatten sich auch die Männer umgedreht und folgtem meinem Blick.

"Dís", hauchte der Ältere und im nächsten Moment warf seine Frau sich weinend um seinen Hals. Er drückte sie an sich und sie sanken zusammen zu Boden, beide schluchzend. Ich warf einen Blick zu Fíli, der mit einem Lächeln seine Eltern ansah und dann nach meiner Hand griff. Sofort umarmte auch ich ihn und merkte, dass ich den Tränen nahe war, da mich die Situation so berührte. Gleichzeitig überkam mich ein eher merkwürdiges Gefühl, da Dís' Anwesenheit hiess, dass sie gestorben ist. Ausserdem machte sich eine Art schlechtes Gewissen in mir breit, da ich nach Fílis Tod nur ein halbes Jahr ohne ihn gelebt hatte, während Dís ihren Angetrauten fast über 200 Jahre nicht sah. 

Isildurs ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt