Geständnis

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"Wir müssen Reden, Novemeber."
Erschrocken ließ ich mich auf einen der Küchenstühle fallen und legte die Hände in den Schoß.
"Das geht so nicht weiter.", seufzte Alex und setzte sich ebenfalls.

Wusste er es? Woher?

Ich richtete meinen Blick nach oben.
"Ich weiß, dass ich kein Partygänger bin... Aber du kannst nicht einfach davon ausgehen, dass ich nicht auf die Erstie Party gehe!", lachte er und griff nach meiner Hand, um mich zu ihm auf den Schoß zu ziehen.
Ich musste tief durchatmen.

Er hatte nichts gemerkt.

"Das ist unfair!", sagte er und fuhr fort: "Zur Erstie Party komm ich definitiv mit! Das lass ich mir nicht entgehen. Außerdem sind viele unserer Freunde da. Ich halte das schon aus."
Bisher hatte ich noch kein Wort gesagt.
Stattdessen lächelte ich jetzt nervös.
"Was ist los mein Schatz?"

Bei dem Wort Schatz drehte es mir den Magen um.
Eigentlich wollte ich es ihm nicht sagen. Aber es fühlte sich so falsch an. Wie lang sollte das so weiter gehen?
Wie lang soll ich ihm vorgaukeln es wäre nichts? Seit Tagen verhalte ich mich komisch und muss aufpassen, dass ich nichts sage.

Ich hatte das schon mal, mit Ben. Was das angerichtet hat... Aber was war schlimmer? Wenn ich es ihm jetzt sage, oder wenn ich es ihm späte sage? Alles fühlt sich falsch an. Einfach alles.
Ich konnte das einfach nicht...
Nein, ich kann das nicht.

"Alex...?"
"Ja Schatz?"
"Könntest du bitte für eine Minute einfach nichts sagen?"
Er schwieg.

Es war so schwierig.
Ich hatte tausende Wörter im Kopf und wusste einfach nicht wie ich es sagen sollte.

"Ich weiß nicht was ich dir sagen soll."
"Dann-"
Doch ich unterbrach ihn.
"Ich sagte, nicht sprechen. Ich will und muss dir das sagen."
Er schwieg wieder.

Mit verschränkten Armen stand ich auf und ging auf die andere Seite des Raumes.
"Wenn du mich nicht mehr liebst, sag es einfach.", meinte Alex nun bitter und schaute auf den Boden.
"Da-s ist es nicht.", stotterte ich
"Ich meine, ich weiß es nicht."
"Sprich November."

Ich wippte von einem Fuß auf den anderen. Alles was ich mir zurecht gelegt hatte, machte einfach keinen Sinn.

Wie konnte man etwas so schwieriges sagen?

Nach längerem Zögern platzte es einfach aus mir heraus. Wie ein Warnschuss, eine Bombe, etwas tötliches und gefährliches.

"Ich hab dich betrogen!"

Alex schwieg.
Ich konnte spüren wie mir Tränen die Wangen runter liefen.
"Ich- es tut mir leid.", schluchzte ich und hielt mir die Hände vors Gesicht.
"Das heißt du liebst mich nicht mehr richtig?"
"Ich- weiß e-es nicht."
"SOWAS MUSS MAN WISSEN NOVEMBER.", brüllte er und erhob sich.
"Schrei mich nicht an.", wimmerte ich und merkte wie meine Knie nachgaben.
Nun kauerte ich auf dem Boden.
"Wie lange schon?"
"Das ist es nicht.", antwortete ich leise.
"Bitte?"
"Das ist es nicht!"
"Was ist es dann? Du bist so komisch seit Julian aufgetaucht ist, meinst du ich hab das nicht mitbekommen? Du ziehst dich anders an, verhälst dich anders. Hast Geheimnisse."
"Nur dieses eine! Und es wird nie wieder vorkommen!"
"Ich wollte dich heiraten November."

Ich ließ die Hände sinken und schaute ihn mit verweinten Augen an.
"Nur jetzt muss ich mir das nochmal überlegen."
"Es ist einfach passiert. Wir hatten was getrunken und dann-"
"Dann was."
Ich antwortete mit einem Schluchzen.

"Wenn ich wiederkomme bist du weg."
"Aber-"
"Das 'Aber' hast du dir verkackt, als du angefangen hast mit ihm ins Bett zu hüpfen November und seine Freundin sollte das auch erfahren. Das ist einfach unfair."
"Tu das nicht bitte."
"Wieso?"
"Sie-"
"Ja?"
"Sie ist schwanger."
"Oh noch schöner, wieso schläfst du überhaupt mit ihm, wenn du WEIßT, dass sie schwanger ist? Bist du eigentlich noch ganz dicht?"

Wütend ging er an mir vorbei aus der Küche, zwei Sekunden später konnte ich die Tür schlagen hören.

Ich sackte auf dem Boden zusammen.

Was hatte ich nur angestellt?

[Perspektivenwechsel]

Seit unseres Streits herrschte eine angespannte Atmosphäre in der Wohnung.
Ich wollte das Kind immer noch nicht und nichts würde mich davon überzeugen es zu wollen, zumindest jetzt noch nicht.
Aber November hatte schon Recht. Ich hatte eine Verantwortung gegenüber Amelie die ich einhalten musste, deshalb musste ich wohl mitspielen.

"Amelie. Ich hab viel nachgedacht, als ich auf der Party war und hab eine Entscheidung getroffen."
Sie hörte auf, auf ihrem Latop herumzutippen, auf dem sie vorher noch gearbeitet hatte und wandte sich mir zu.
"Das Kind. Ich will es."
"Wieso auf einmal?"
"Ich sollte für das einstehen, was ich zu verantworten habe außerdem... Liebe ich dich."

Tat ich das? Oder liebte ich November mehr?

Ihr Gesicht tauchte, wie ein Geist, vor mir auf und lächelte mich an.

Amelie fing an zu strahlen, erhob sich und rannte auf das Bett zu auf dem ich saß.
Lächelnd ließ sie sich auf mich drauf fallen und küsste mich.
"Ich liebe dich auch Julian, es tut mit so leid. Ich weiß wir hätten drüber reden sollen und ich weiß, dass ich nicht ganz fair zu dir war-!"
Außerdem tut es mir leid, dass du ganz allein auf die Party musstest. Ich hoffe du und November hatten trotzdem Spaß...
Und ich meine, das hab ich alles gar nicht so gemeint. Ich versteh dass das ein Schock war, wir sind schließlich noch so jung."
"Lassen wir es einfach sein. Vergessen wir das."
Sie nickte und streichelte über ihren Bauch.
"Das ist außerdem nicht gut fürs Kind, wenn es jetzt schon merkt, was hier so passiert..."

Diese Situation war sehr seltsam und wieder einmal wollte ich einfach nur verschwinden.

Sie hat mir so schnell verziehen? Wollte sie das Kind eventuell sogar selbst nicht?

"Holst du Essen? Ich hab einen Bärenhunger.", wechselte sie plötzlich das Theme und streckte sie auf dem Bett aus.
Ich nickte und war mehr als dankbar, dass ich kurz verschwinden konnte um das alles auf mich wirken lassen konnte.

---

Ein paar Minuten später war ich auch schon im Freien und dachte nach.
Mein Weg führte mich durch einen Park und ich musste sofort an November denken.
Damals hatte sie mich im Park mit einem anderen Mädchen erwischt... Ich wusste selbst nicht mehr wieso ich das getan hatte...
Wir haben so viel Mist zusammen durchgemacht und sind schon so oft aneinander geraten... Eigentlich müsste ich sie hassen, aber ich konnte einfach nicht.

Wie sollte es weitergehen? Sollte sie jetzt immer im Hintergrund spielen, sollten wir uns immer heimlich treffen und sie mir sagen, wie ich meine Beziehung führen soll? Sie ist doch eigentlich selbst die Queen of Chaos.

Ich schrieb ihr eine SMS, dass ich und Amelie uns versöhnt hatten, nun auf dem Weg war Essen zu holen und ob wir uns kurz sehen konnten.

Doch dann sah ich ihn, völlig verheult, eine Zigarette rauchend, mit einer Flasche Wodka in der Hand auf einer Parkbank sitzend.

Alex.

Jugendsünden [Fortsetzung Feindschaft+]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt