Nicht so leicht, wie gehofft

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Zuhause ließ ich mich aufs Sofa fallen und ließ erst mal mein Herz zur Ruhe kommen. Ich war fast den ganzen Weg zu mir nach Hause gerannt. Als würde ich vor etwas davon rennen. Aber vor was? Warum hatte ich mich so unsicher gefühlt, als ich neben Melina aufwachte? Warum wollte ich sie im ersten Moment in meine Arme ziehen und weiterschlafen? Und was war dieses Kitzeln an meinen Lippen gewesen? Ich stöhnte auf und legte mich auf die Couch. Mir war klar, dass ich mich bei Melina entschuldigen musste. Ich hatte meine ganze Unsicherheit und die Wut darüber an ihr ausgelassen und mich dadurch unmöglich benommen. Doch bevor ich wieder zu ihr ging, musste ich erst einmal etwas essen. Ich stand auf und ging in die Küche. Zum Glück fand ich noch eine Packung Aufbackbrötchen,aus der ich mir zwei warm machte. Mit den Brötchen und Nutella ging ich zurück ins Wohnzimmer und machte den Fernseher an. Zum Glück lief 'Two and a half Men', sodass ich das Leben für eine halbe Stunde genießen konnte und mir um nichts Gedanken machte. Nachdem ich fertig mir essen war, räumte ich alles wegund holte meinen Laptop. Ich setzte mich an den Schreibtisch, fuhr ihn hoch und schickte anschließend die beiden Werbefilme zur Gangtour an Ramona. Danach surfte ich noch ein wenig im Internet. Doch irgendwann wurde auch das langweilig. Ich klappte den Laptop zu und sah nach, ob sich mittlerweile genug Wäsche angesammelt hatte, um die Waschmaschine anzuwerfen. Dem war leider nicht der Fall, sodass ich mich dann dazu entschloss mich etwas frisch zu machen und danach zu Melina zu fahren. Also ging ich schnell duschen, zog mir etwas Neues an und schminkte mich. Ich schnappte mir meine Tasche und schloss die Tür hinter mir. Ich hatte mich spontan dazu entschlossen, zu Melina zu laufen. Die frische Luft würde mir gut tun und ich hatte länger Zeit, um mir zu überlegen, was ich sagen wollte. Als ich schließlich vor der Tür stand, atmete ich noch einmal tief durch und klingelte. Kurz darauf ertönte Shirin Stimme. „Hallo?" „Hey, Shirin. Ich bin's, Miri. Ich würde gerne mit Melina reden." "Oh. Das tut mir leid, aber Melina hat ihre Sachen gepackt und ist für ein paar Tage zu ihrer Mum gefahren. "„Oh..." „Was wolltest du denn mit ihr besprechen?", fragte Shirin neugierig. Ich musste lächeln. Shirin wollte wirklich immer alles wissen! „Ich wollte mich bei ihr entschuldigen. Ich habe mich heute Morgen schrecklich benommen." „Hm...da hast du nicht unrecht. Melina wird sich freuen, wenn du auf sie zukommst! Aber bis dahin...willst du vielleicht hochkommen?" „Nein danke. Ich denke, ich werde Melina anrufen. Ich möchte das so schnell, wie möglich erledigt haben. Aber danke für das Angebot!" „Kein Problem. Dann widme ich mich jetzt mal wieder Shopping Queen.", hörte ich Shirins Stimme. Ich lachte. „Alles klar. Dann wünsche ich dir noch viel Spaß und bis bald!" „Bis dann!", rief Shirin fröhlich. Dann hörte ich das leise Knacksen, das mir verriet, dass sie aufgelegt hatte. Ich drehte mich um und blickte über die Straße. Die Menschen eilten an mir vorbei. Manche hatten Den Blick auf ihr Handy gerichtet, wieder andere schauten ihre Begleitung an. Sie alle hatten ein Leben und ihre eigenen Probleme. Es war wirklich faszinierend,wie so viele kleine Parallelwelten nebeneinander existieren konnten.
In dem Moment klingelte mein Handy. Ich durchsuchte meine Taschen und fand es schließlich in meiner linken Hosentasche. 'Mum ruft an' stand auf Dem Display. Lächend hob ich ab und sagte: „Hallo Mama!" „Hallo mein Schatz!Wie geht es dir?", hörte ich die liebevolle Stimme meiner Mum. Sofort vermisste ich sie. Wir hatten wirklich schon viel zu lange nicht mehr telefoniert! Ich versuchte ihr eine Antwort auf ihre Frage zu geben. Aber ich hatte keine Ahnung, wie es mir ging. Sofort schoss mir durch den Kopf, wie ich früher immer zu meiner Mum gekommen war, wenn ich einen Rat brauchte. Sie hatte mich dann immer in den Arm genommen und mir geduldig zugehört. Ich entschloss mich ehrlich zu sein: „Ich weiß es nicht Mum. Seit ich in Köln bin hat sich soviel verändert! Ich habe festgestellt, dass ich Tobias nicht mehr liebe. Vor ein paar Tagen hat er mich besucht. Als er wieder weg war habe ich über Das Telefon Schluss gemacht. Kannst du dir das vorstellen? Ich bin schon so weit gesunken, dass ich eines meiner größten Prinzipien breche. Und dann ist da dieses Mädchen..." „Sie heißt Melina und wir haben uns von Anfang an super verstanden und sie ist mittlerweile meine beste Freundin! Aber in letzter Zeit Bin ich total durcheinander, wenn ich sie sehe und wir haben nur noch Stress. Und das wegen so banalen Sachen. Langsam weiß ich nicht mehr, was ich machen soll." Ich beendete meinen Redeschwall. Es hatte gut getan all meine Gedanken und Gefühle auszusprechen. Nun wartete ich auf eine Antwort. Doch am anderen Ende der Leitung war es still. Ich riss mich zusammen und drängte meine Mutter nicht dazu, möglichst schnell zu antworten. Ich wusste, dass sie sich gerade ihre Worte zurechtlegte. Vielleicht musste sie das auch alles erst mal verarbeiten. In dem Moment erklang ihre Stimme: „Zuerst einmal tut es mir sehr leid für Tobias und dich. Aber mach dir bitte keine Vorwürfe, weil du über Telefon Schluss gemacht hast. Ich kenne dich doch. Als er da war, hast du dir eingeredet, dass alles gut ist und als er weg war, wolltest du ihn nicht weiter anlügen und hast die schnellste Variante gewählt. Das zeigt nur, was für ein umsichtiger Mensch du bist. Und diese...Melina scheint ja ein ganz besonderes Mädchen zu sein. Und du scheinst sie wirklich sehr zu mögen. Ich kann mir zwar im Moment nicht erklären, warum du in ihrer Gegenwart so durcheinander bist.Aber du bist ein kluges Mädchen und ich bin der festen Überzeugung, dass du selber auf die Lösung kommen wirst." „Danke...danke, dass du mir immer wieder zuhörst!" „Natürlich mein Schatz!" „Ich halte dich auf dem Laufenden, okay?", sagte ich verschmitzt. Meine Mutter lachte. „Soll das etwa eine Anspielung sein?", fragte sie gespielt schnippisch. „Nein, wie kommst du denn darauf?", log ich. Meine Mutter lachte wieder und steckte mich an. „Aber nun lass uns das Thema wechseln. Wie geht es dir und Papa?"„Uns geht es gut mein Schatz. Wir vermissen dich, aber solange du glücklich bist, sind wir das auch!" Ich lächelte, auch wenn sie das nicht sehen konnte. „Das ist schön." Nach einer kurzen Pause fragte ich leise: „Wie geht es Papas Herzen?" Einen Moment schwieg meine Mum. Dann antwortete sie bedrückt: „Ganz gut, denke ich. Er hat keine Schmerzen. Zumindest beklagt er sich nie." „Okay...pass gut auf ihn auf, ja?" „Immer." „Ich komme euch so schnell wie möglich besuchen!" „Mach dir keinen Stress, mein Schatz." Wir schwiegen. Wir wussten beide nicht so recht, über was wir sprechen könnten. „Ist es bei euch auch so wolkig?", fragte ich irgendwann. „Nein, wir haben Sonne." „Okay, na schön. Dann muss ich jetzt mal wieder los. Es war schön, dass du angerufen hast!", sagte ich. „Ja, natürlich. Bis bald, mein Schatz. Pass auf dich auf!" „Na klar. Ich liebe dich!" „Ich dich auch. Tschüss!" Und damit legte sie auf. Nun sah ich mich zum ersten Mal seit einigen Minuten richtig bewusst um. Ich war während dem Gespräch schon losgelaufen und nun nur noch zehn Minuten von Zuhause entfernt. Schließlich war ich wieder in meiner Wohnung und schenkte mir erstmal ein Glas Wasser ein. Und als ich so an meinem Esstisch saß überlegte ich, Melina anzurufen. Doch Melina saß bestimmt noch im Zug und da hatte man ja bekanntlich kein gutes Netz. Deshalb entschloss ich mich, sie erst heute Abend anzurufen. Mittlerweile hatte ich mein Glas ausgetrunken und stellte es in Den Geschirrspüler. Danach lief ich ins Schlafzimmer, um mich umzuziehen.Währenddessen überlegte ich, was ich bis heute Abend machen könnte. Als mein Blick auf meinen Nachttisch fiel bemerkte ich mein Lieblingsbuch. Wie lange hatte ich nicht mehr gelesen! Entschlossen griff ich mir mein Buch und machte es mir auf der Couch gemütlich. Kaum hatte ich die ersten Seiten gelesen, vergaß ich alles um mich herum. (Bei wem ist das auch immer so?) Als meine Augen langsam zu schmerzen begannen blickte ich auf und rieb mir überdie Augen. Mit einem Blick auf die Uhr fuhr ich hoch. Es war schon 21 Uhr! Und dabei wollte ich doch noch Melina anrufen! Und es zu verschieben, kam nicht infrage. Also nahm ich mein Handy in die Hand und suchte Melinas Kontakt. Als ich sie gefunden hatte tippte ich auf den Hörer und hielt mein Handy an mein Ohr. Tut...tut...tut...

Melinas und meine GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt