Ein schöner Abend zu viert

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Überrascht folgte ich ihrem Finger. Tatsächlich. Ganz hinten in einer kleinen Ecke saßen Timo und Dagi und unterhielten sich. Der Diener führte uns immer näher zu den beiden, bis wir schließlich am Nachbartisch ankamen. „Bitte sehr, die Damen. Ihr Tisch!", verkündete er uns nahezu feierlich. Melina brachte nur ein schiefes Lächeln zustande. Es schien ihr wirklich unangenehm zu sein, hier auf Dagi und Timo zu treffen. Ihre Blicke huschten immer wieder zu ihnen und sie hatte sich immer noch nicht hingesetzt. Irgendwann verdrehte ich genervt die Augen, nahm ihre Hand und zog sie mit zu Dagi und Timo. Lächelnd begrüßte ich die beiden: „Hey ihr beiden! Das ist ja eine Überraschung!" Nun bemerkten auch Dagi und Timo uns. Und entgegen Melinas offensichtlichen Befürchtungen verzogen sich ihre Gesichter nicht, sondern sie lachten. „Hey!" Sie standen auf und begrüßten uns mit einer Umarmung. Dagi wandte sich zu Melina: „Schön, dass du wieder da bist." Melina konnte jetzt endlich auch wieder lachen und nickte. „Wollt ihr euch zu uns setzen?", fragte Timo. Doch Melina lehnte gleich ab: „Oh Nein, Nein, wir wollen keine Umstände machen! Genießt ruhig die Zeit zu zweit!" „Ach Quatsch!", entgegnete Dagi. „Zu viert macht es doch viel mehr Spaß!" Melina gab sich geschlagen und so setzten wir uns mit auf die kleine Eckbank. Wir bestellten unsere Getränke, etwas Kleines zu essen und quatschten den ganzen Abend. Es war wie immer sehr lustig. Irgendwann klingelte Timos Handy und er entschuldigte sich, um zu telefonieren. In dem Moment bemerkte ich, dass meine Blase drückte, sodass ich mich auch entschuldigte, um aufs Klo zu gehen.
Und da hatte ich so einige Schwierigkeiten. Zuerst fand ich die Toilette nicht, ich durchsuchte gefühlt das ganze Restaurant, bevor ich einen der Bediensteten fragte. Dann gab es komplizierten Schließmechanismus bei der Klokabinentür. Ehe ich dahinter stieg hatte ich mir schon fast in die Hose gemacht. Irgendwann war es endlich so weit, dass ich auf die Klobrille sank und Wasser ablassen konnte. Ja, ich gebe es zu: in dem Moment war es mir scheiß egal, wie unhygienisch das war! Und dann, nach einer Ewigkeit, war ich wieder auf dem Weg zu Melina und Dagi. Auf dem Weg traf ich noch auf Timo, sodass wir zusammen zurück gingen. Als wir uns dem Tisch näherten schienen die beiden ein intensives Gespräch zu führen. Ihre Köpfe waren eng beieinander und sie sahen beide relativ ernst aus. Auch wenn Dagi ein kleines Lächeln auf den Lippen hatte. In dem Moment bemerkte sie uns. Sie stupste Melina an und die beiden verstummten. Mit unschuldiger Miene sahen sie uns entgegen. Aber ich sah, dass es nur gespielt war. Über was hatten die beiden geredet?
Bevor ich mir noch mehr Gedanken darüber machen konnte waren wir am Tisch angekommen und Dagi fragte mich: „Das hat aber lange gedauert! Gibt es ein Labyrinth auf dem Weg zum Klo?" Alle am Tisch lachten. Außer ich, ich lachte nur ein wenig, denn ich war viel zu sehr damit beschäftigt, Melina zu scannen. „Melina?", fragte ich schließlich. „Warum sind deine Augen so rot? Hast du geweint?", fügte ich erschrocken hinzu. Auch Melina sah erschrocken aus. Doch dann schüttelte sie hastig mit dem Kopf. Mit einem Blick zu Dagi antwortete sie mir: „Was? Nein! Ich hatte vorhin nur ein Staubkorn im Auge. Deshalb sind meine Augen gereizt." Skeptisch beließ ich es dabei. Ich wusste, dass ich jetzt sowieso nichts mehr aus ihr heraus bekam.
In den nächsten Minuten kam dann auch das Essen, sodass wir das Thema vergaßen und uns anderen Themen widmeten. Wie zum Beispiel, wie lecker diese Soße war!" Miriam verdrehte die Augen und leckte sich kurz über die Finger. „Leute, ich sag euch, diese Soße! Göttlich! Nach dem Essen quatschten wir noch eine Weile bis Timo irgendwann um die Rechnungen bat. 10 Minuten später hatten er und Melina bezahlt und wir vier machten uns auf den Weg zum Ausgang. Ganz gentlemanlike hielt er Dagi die Jacke hin, sodass sie einfach hinein schlüpfen konnte. Zum Dank bekam er einen Kuss. Naja, was heißt Kuss...ihr Lippen berührten sich ziemlich lange. Melina und ich tauschten einen Blick aus. Es war offensichtlich, was die beiden heute Abend noch vorhatten. Deshalb fragten wir gar nicht erst nach, sondern verabschiedeten uns einfach von den beiden mit einer Umarmung. Danach liefen wir eingehenkelt zur Bushaltestelle. Als Melina den Busplan checkte stellte sie fest, dass der letzte Bus vor einer halben Stunde gefahren war. Mit einem schuldbewussten Blick drehte sie sich zu mir: „Du Miri...der letzte Bus ist schon vor einer halben Stunde weg. Wir müssen ein Taxi rufen." Ich lächelte und streichelte ihr kurz über die Wange. „Ist doch kein Problem." Melina lächelte und machte sich daran ein Taxi zu rufen. Währenddessen blickte ich in den Himmel und betrachtete die vereinzelten Sterne. Da das Restaurant relativ außerhalb lag, war die Luft hier nicht so verpestet und man konnte einen klaren Himmel sehen. Plötzlich hörte ich ein Klicken. Ich drehte mich zu Melina und sah, wie ein Mann ihr eine Pistole an den Kopf hielt...NEIN SPAß!! Hab ich euch erwischt?", lachte Miriam. „Melina hatte einfach nur ein Foto von mir gemacht, alles im grünen Bereich.", lächelnd zwinkerte sie in die Kamera. „Also sie machte einfach nur ein Foto von mir, was ich natürlich nicht so cool fand. „Ey Melina!", lachte ich. „Lösch das sofort!" Melina hob lachend die Arme: „Okay okay!" Wie zum Beweis zeigte sie mir ihre Galerie. Ich nickte und widmete mich wieder den Sternen. „Das da oben ist Orion. Erkennst du ihn?" Melina trat näher zu mir und blickte nach oben. „Sorry, ich kenn mich in Sternzeichen überhaupt nicht aus!", gab sie beschämt zu. Ich lächelte mild und stellte mich hinter sie. Dann legte ich meinen Kopf auf ihre Schulter und führte ihren Arm nach oben, bis ihr Finger auf das Sternbild zeigte. „Jetzt?", fragte ich leise. Melina antwortete nicht. Als ich sie anschauen wollte schüttelte sie plötzlich den Kopf. Ich stellte mich wieder hinter sie und beschrieb es ihr nochmal. „Und jetzt?" Melina schüttelte wieder den Kopf. Ich wollte es ihr noch ein letztes Mal zeigen, doch da drehte sie sich in meinen Armen um. Unsere Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt. Durch die plötzliche Nähe überrumpelt zog ich meinen Kopf ein Stück zurück. So nah waren wir einander noch nie. Naja...bis auf damals, als wir uns geküsst haben. Bei dem Gedanken wurde ich rot und ich hatte ein seltsames Gefühl im Bauch. Jetzt weiß ich, dass es Schmetterlinge waren. Damals hielt ich es für eine Unverträglichkeit.
Doch in dem Moment fing Melina an zu sprechen: „Du brauchst es mir nicht nochmal zu zeigen. Ich hab es doch schon längst entdeckt.", gab sie zu und lächelte. Überrascht zog ich eine Augenbraue hoch. „Und warum sollte ich es dir dann nochmal zeigen?" „Weil ich es-" Melina wurde durch das Hupen eines Autos unterbrochen. Wir schreckten auf und sahen, dass unser Taxi angekommen war. Die Worte von Melina vergessend rief ich: „Unser Taxi ist da! Schnell, bevor er weg fährt!" Ich nahm ihre Hand und gemeinsam rannten wir zum Taxi. Im Taxi nannte ich dem Mann zuerst Melinas Adresse. Sie sah mich fragend an und ich erklärte: „Du hast doch bestimmt schon deine ganzen Sachen dorthin gebracht oder? Und es ist ja schon ganz schön spät." Melina verstand und lächelte: „Du bist müde. Alles klar." Entschuldigend nickte ich. „Aber wir können uns ja morgen wieder treffen!", bot ich schnell an. Melina sah aus, als wollte sie zustimmen, doch dann schüttelte sie den Kopf. „Ich würde super gerne, aber ich muss mich auch mal wieder mit der Gang treffen. Sie haben mich in letzter Zeit viel zu wenig gesehen." Ich nickte lächelnd. Ich fand es etwas schade, aber ich konnte sie verstehen. Und ich konnte ihr schlecht verbieten ihre Freunde zu sehen! Also schaute ich aus dem Fenster in die nächtliche Stadt. Melina machte das Selbe und so schwiegen wir bis zu Melinas WG. Es war nicht unangenehm. Wir hingen beide unseren Gedanken nach. Als ich fast einnickte streichelte Melina mich an der Schulter. „Wir sind gleich da.", sagte sie sanft. Verschlafen rieb ich mir die Augen und schaute am Fahrer vorbei auf die Straße. Ich erkannte die Gegend wieder. „Du hast Recht. Dann heißt es für heute Tschüss sagen.", murmelte ich. Auch Melina sah betrübt aus. Doch dann hellte sich ihr Gesicht auf: „Hey! Morgen Früh können wir telefonieren. Und auch wenn ich mich morgen mit ein paar Leuten der Gang treffe bin ich ja erreichbar und übermorgen komme ich dich auf jeden Fall im Studio besuchen!" Nun lächelte ich auch: „Das sind schöne Aussichten!" Melina lachte.
Dann hielt das Taxi und der Fahrer brummte: „Wir sind da." Melina und ich umarmten uns. Als Melina bezahlen wollte, hielt ich ihre Hand fest und sagte: „Lass mich wenigstens das bezahlen." Melina sah mich leicht missbilligend an, doch sie gab nach und stieg aus. Ich winkte ihr noch kurz, dann sagte ich meine Adresse und wir fuhren wieder los. 5 Minuten später waren wir angekommen. Ich bezahlte und stieg aus. In meiner Wohnung angekommen zog ich meine Klamotten aus, meinen Schlafanzug an und fiel ins Bett. Dort erinnerte ich mich lächelnd an den vergangenen Abend.

Entschuldigt, dass es erst jetzt kommt, wir hatten am Wochenende kein Internet 🙄

Melinas und meine GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt