Am nächsten Morgen wurde ich von der Sonne, die durch ein großes Fenster ins Zimmer schien, geweckt. Ich gähnte und streckte mich. Sofort hielt ich mir stöhnend den Kopf. Es fühlte sich an, als würde er gleich platzen! In dem Moment klopfte es leise an der Tür und ich brummte. Die Tür ging auf und Paul erschien mit einem Lächeln und einer Tasse in der Hand. Sofort stürzten die Erinnerungen auf mich ein und ich stöhnte wieder. Ich hatte mich schon wieder unmöglich gegenüber Melina verhalten! Würde das irgendwann mal aufhören? Und warum hatte ich Sex mit Paul gehabt? Wenn ich ihn jetzt so ansah war er zwar gut gebaut, aber törnte mich gar nicht mehr an! Paul hatte mein Stöhnen wohl falsch gedeutet, denn er sagte: "Ich dachte mir schon, dass du Kopfschmerzen haben könntest. Du hast dich gestern echt vollgesoffen! Hier, ich hab Kaffee gemacht."
Es stimmte. Ich hatte wirklich viel zu viel getrunken! Das bewies die Person vor mir. Nichtsdestotrotz nahm ich die Tasse dankend entgegen und nahm einen vorsichtigen Schluck. Überrascht hob ich eine Augenbraue. Pauls Kaffee schmeckte ziemlich gut! Er hatte ein interessantes Aroma und dir Temperatur war genau richtig. "Nicht schlecht.", lobte ich. Paul lächelte. "Ich muss dir etwas sagen.", begann er. Spöttisch unterbrach ich ihn: "Du hast dich jetzt aber nicht in mich verliebt oder?" Er lachte. "Nein, keine Sorge. Viel eher ist es so, dass das, was gestern passiert ist, nie wieder passieren wird." Gerade, als ich ihm erleichtert zustimmen wollte, fügte er hinzu: "Denn ich bin schwul." Die Worte blieben mir im Hals stecken. Dann brach es aus mir heraus: "What?! Du bist doch nicht schwul!" "Doch, bin ich. Ich hatte gestern eine Wette laufen, die ich verloren habe. Da meine Kumpels nicht wissen, dass ich schwul bin, aber ich ziemlich schüchtern bin, musste ich gestern eine Frau abschleppen. Und meine Wahl fiel auf dich. Ich hab dann auch so viel getrunken, bis es mir egal war, welches Geschlecht neben mir saß, da ich einfach nur geil war." Sprachlos starrte ich ihn an. "Sorry.", kam es kleinlaut von ihm. "Nein, schon okay. Das war sehr mutig von dir, mir das zu erzählen. Und ich hätte ehrlich gesagt auch keine Lust auf ein 2. Mal." Wir beide grinsten. "Lust auf Frühstück? Die Brötchen sind noch warm!" Hungrig nickte ich und Paul half mir vorsichtig aus dem Bett. Mein Kater war schließlich noch nicht komplett weg. In der Küche erwartete mich ein komplett gedeckter Tisch. Hätte Paul mir nicht gesagt, dass er schwul ist, hätte ich mir spätestens jetzt Sorgen gemacht. Bei dem Gedanken musste ich lächeln. "Was?", fragte Paul verwirrt. "Nichts. Du hast den Tisch nur sehr schön gedeckt. Ich glaube, in nächster Zeit komm ich mal öfters zum Frühstück vorbei!" Ich zwinkerte ihm zu und er lachte. "Ich hab nichts dagegen einzuwenden!" Wie ein Gentleman schob er mir den Stuhl zurück und ich setzte mich. Während dem Frühstück redeten wir über Gott und die Welt und lachten sehr viel. Als ich mich zum gehen bereit machte, fühlte es sich an, als würden wir uns schon Jahre kennen. Paul gab mir noch seine Nummer, damit wir uns wieder treffen konnten und verabschiedete mich mit einem Küsschen auf die Wange. Lachend ging ich die Treppen runter und trat schließlich an die frische Luft. Dort nahm ich erstmal einen tiefen Atemzug und lief los.
Doch nach ein paar Metern fiel mir auf, dass ich ja gar nicht wusste, wo ich war. Zum Glück sah ich in der Nähe eine U-Bahn Station. Ich lief dorthin und schaute auf dem Plan, wie ich fahren musste. Dann stieg ich ihn die Bahn und fuhr los. Nach anderthalb Stunden war ich endlich da. Zuhause duschte ich erstmal ausführlich und setzte mich mit einem Kakao auf die Couch. Ich nahm mein Handy, suchte nach Melinas Namen und rief sie an. Beim ersten Mal ging sie nicht ran. Doch ich rief sofort wieder an. Ich wusste, dass Melina eingeschnappt war und mich daher ignorierte. Wieder ging sie nicht ran. Ich blies kurz die Backen auf und ließ die Luft wieder raus. Dann rief ich ein drittes Mal an. Es tutete einige Male, doch dann nahm sie endlich ab. "Kannst du bitte mal aufhören, zu nerven?", fragte sie bemüht genervt. Doch ich hörte das Lächeln in ihrer Stimme. Also hatte ich es nicht allzu sehr verbockt. "Tut mir leid wegen gestern. Ich hab mich echt zugeschüttet." "Ja, das hast du. Schade, dass ich das nicht aufnehmen konnte!", lachte Melina leise. Ich lachte auch. "Bist du mit dem Typen mitgegangen?", fragte sie nun ernster. Mir wurde unbehaglich zumute. Trotzdem wollte ich ehrlich sein: "Ja...aber rate mal, was ich heute erfahren habe!" Melina schwieg kurz, doch dann fragte sie leise: "Was denn?" "Er ist schwul!" "Was? Haha! Nicht dein Ernst!", lachte Melina wieder. "Du Opfer!" "Eyy!", rief ich entrüstet. "Tia, Strafe muss sein!" "Wer sagt denn, dass das eine Strafe ist? Ich wollte sowieso keinen Sex mehr mit ihm haben. Und jetzt hab ich endlich einen schwulen Freund!" Melina lachte. "Ich bin wirklich froh, dass du nicht mehr sauer bist.", sagte ich erleichtert. "Oh Miri, ich bin sehr wohl noch sauer! Ich habe mir an dem Abend wirklich Sorgen um dich gemacht! Du hast einfach aufgelegt und dieser Typ hätte mit dir machen können, was er wollte. Und als ich die anderen angerufen habe, ist niemand rangegangen. Ich bin fast durchgedreht!" Bei jedem aufgebrachten Satz rutschte ich tiefer in die Couch und zog die Schultern hoch. Als Melina Luft holte, antwortete ich schnell: "Ich weiß! Das war wirklich nicht okay. Es wird nie wieder vorkommen, versprochen!" "Das hoffe ich doch!", mahnte Melina. Mir war klar, passierte mir so ein Ausrutscher in Melinas Gegenwart nochmal, würde ich keine Chance mehr bekommen. Um das Thema zu wechseln fragte ich schüchtern: "Was machst du heute so?" "Keine Ahnung...wir machen vielleicht eine Wanderung mit der Familie." Melina klang immer noch leicht distanziert, aber der Themenwechsel schien zu helfen. "Was hast du denn heute für Pläne?", fragte sie in dem Moment. "Oh, ähm, weiß ich auch noch nicht so genau. Ich hatte die letzten Wochen sehr wenig Zeit für mich. Ich mache heute bestimmt einen Chill-Tag. Ein bisschen Maniküre, auf der Couch entspannen, schlafen und lesen. Das klingt doch gut oder?" "Ja." Ich hörte Melinas Lächeln, welches mich wie immer ansteckte. Plötzlich platzte es aus mir heraus: "Ich vermisse dich. Ich mache immer Dummheiten, wenn du nicht bei mir bist. Wann kommst du zurück?" Erschrocken schlug ich die Hand vor den Mund. Wo kam das denn jetzt her? "Ooh, du bist süß!", sagte Melina sanft am anderen Ende der Leitung. Ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf schoss. "Ich weiß leider noch nicht, wann ich wiederkomme. Ich muss hier noch etwas erledigen, wofür ich einen guten Moment abpassen will. Aber dann komm ich zurück, ja?", versuchte Melina mich aufzumuntern. "Okay. Was musst du denn erledigen?", fragte ich neugierig. "Ach nichts besonderes. Erfährst du schon noch.", wich Melina mir aus. Ich runzelte die Stirn, gab mich aber erstmal mit dieser Antwort zufrieden. "Na gut...dann leg ich mal auf. Schreiben wir heute Abend nochmal?", fragte ich und verstellte meine Stimme so, dass ich ein wenig wie ein kleines Kind klang. Melina lachte: "Na klar! Bis heute Abend. Und Miri? Mach keine Dummheiten!" Ich lächelte. "Ich versprechs." Wir verabschiedeten uns und legten auf. Lächelnd schnappte ich mir mein Buch und kuschelte mich auf die Couch. Mein Gewissen war beruhigt und so konnte ich es genießen. Ich laß fast den ganzen Tag, ich versank wie immer in meiner ganz eigenen Welt. Gegen 17 Uhr verspürte ich Hunger. Ich legte das Buch zur Seite und schaute im Kühlschrank, was ich hatte. Die Zutaten für eine einfache Schnitte hatte ich noch. Und das würde mir reichen. Zwanzig Minuten später war ich fertig mit essen und nahm mein Buch wieder in die Hand. Es war gerade so spannend! Ich wachte durch ein lautes Geräusch an der Tür auf. Ich öffnete langsam die Augen und rieb mir übers Gesicht. Nach und nach begriff ich, wo ich war. Ich musste über dem Lesen eingeschlafen sein, denn ich lag noch immer auf der Couch, eine Decke und mein Buch auf mir. In dem Moment ertönte wieder ein Klingeln und Klopfen an der Tür. Jemand schrie: "Miriam! Wenn du nicht sofort aufmachst, ruf ich die Polizei!" Erschrocken schob ich die Decke von mir und lief schnell zur Tür. Als ich sie aufriss fiel Shirin mir direkt um den Hals. "Oh mein Gott Miriam! Ich dachte schon, dir sei was passiert! Gott sei Dank geht's dir gut! Dir geht's doch gut oder?", misstrauisch wanderten ihre Blicke über meinen Körper. Ich erholte mich von meiner Überraschung und lachte: "Alles gut Shirin! Warum machst du dir denn solche Sorgen?" "Melina hat mich angerufen. Sie war ziemlich aufgebracht und wollte von mir wissen, wo du bist. Ihr wolltet wohl gestern Abend telefonieren? Als sie dich nicht erreicht hat und auch sonst kein Lebenszeichen von dir kam, hat sie sich Sorgen gemacht und mich gebeten, nach dir zu sehen. Ja, und jetzt steh ich schon seit einer halben Stunde vor deiner Tür."Zwei Kapitel an einem Tag, als Entschuldigung...🙈
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Melinas und meine Geschichte
Fanfiction"Wir sind beste Freunde." Ach wirklich? Eine Geschichte über ein ganz normales Mädchen und Melina. Vielleicht eine Liebesgeschichte? ;)