Am nächsten Morgen wache ich von einem Sonnenstrahl auf, der mir ins Gesicht fällt. Ich habe den Vorhang gestern Nacht nicht mehr ganz zugezogen. Die letzten Wochen kommen mir vor, wie ein Traum, doch die Realität holt mich wieder ein, als ich einen Blick auf den Nachttisch werfe und die Briefe sehe. Erschrocken springe ich auf. Meine Schreibtischlampe ist leer. Hektisch blicke ich mich um, und ärgere mich. Ich hatte die Fledermaus völlig vergessen...
Mein Zimmer sieht unversehrt aus -ein Glück- doch das kleine Wesen ist nirgends zu sehen. Ich suche an allen möglichen Stellen, schüttle die Vorhänge aus, suche meine Lampe ab, meine Bilderleine, da sticht mir mein leicht offener Kleiderschrank ins Auge.
Jaja, die Fledermaus, die hatte ich bis gerade eben schon wieder fast vergessen. Ich denke an meine eigene und schaue mich im Raum um, sie ist nicht zu finden, vermutlich gerade unterwegs.
„Caitlin! Kommst du bitte mal schnell?" Mit einem flüchtigen Blick auf meinen Schrank verlasse ich mein Zimmer und achte sorgfältig darauf, die Türe gut zu schließen. Meine Mutter redet und redet. Ich höre ihr nicht richtig zu, da meine Gedanken in meinem Zimmer sind, verzweifelt auf der Suche nach der Fledermaus. Ich frage mich, wie lange sie wohl in einem Haus überleben kann, so ohne Wasser und Futter.
„Also sollen wir dann nachher Essen gehen?" Ich versuche einen Zusammenhang zu finden, zwischen ihrem anfangs Thema: ‚Ordnung in meinem Zimmer' und ‚Essen gehen', doch ich nicke: „Kann ich dann wieder in mein Zimmer? Ich ziehe mich noch an, dann komme ich zu euch zum Frühstücken. Dann können wir das da besprechen, wegen Samira. Wir hatten heute ja schon etwas vor"
Vorsichtig öffne ich meine Zimmertüre schleiche durch den kleinen Spalt und schließe sie wieder. Den Kleiderschrank öffne ich als erstes. Behutsam schaue ich zwischen den Kleiderbügeln, doch die Fledermaus bleibt verschwunden. Ich raufe meine Haare. Wo kann sich so ein kleines Tier denn noch überall versteckt haben? Sie konnte ja nicht aus meinem Zimmer heraus. 20 Minuten später lasse ich mich verzweifelt auf meinen Stuhl sinken.
Ich bekomme keinen einzigen Bissen hinunter. „Wolltest du dir nicht etwas Richtiges anziehen?", fragt mein Vater leicht belustigt mit einem Blick auf meinen Schlafanzug und grinst, als er sieht wie ich rot werde. Ich verdrehe die Augen und mein Blick fällt auf einen Lappen zwischen den Kochlöffeln, die an der Leiste hängen. Nein...das ist kein Lappen, das ist... die Fledermaus. Ich wundere mich, wie sie aus meinem Zimmer kommen konnte.
„Sagt Mal, war einer von euch beiden heute früh schon in meinem Zimmer?" „Ja, ich habe geschaut, ob du schon wach bist", meint meine Mutter beiläufig. Angestrengt überlege ich, wie ich die Fledermaus unauffällig mitnehmen kann. „Wenn es dir so wichtig ist ziehe ich mich kurz um. Diesmal richtig", sage ich und stehe auf. „Ich glaube, ich sollte mal noch etwas Wasser für meine Pflanze mitnehmen. Ich hoffe mir gelingt die Wiederbelebung" Leider stimmt dies, meine Pflanze hatte bestimmt schon seit 3 Wochen kein Wasser mehr gesehen. Mit Tieren habe ich es normaler Weise besser drauf, weshalb ich mir das mit der Fledermaus auch nur schwer erklären kann.
Während ich ein Glas mit Wasser befülle packe ich vorsichtig die Fledermaus und lasse sie unauffällig in meiner Bauchtasche des Pullis verschwinden, den ich mir vorhin kurz übergestreift hatte. Auf dem Weg in mein Zimmer spüre ich, wie sie etwas empört herum zappelt -hoffentlich beißt sie nicht. In meinem Zimmerangekommen, öffne ich das Fenster, hebe die Fledermaus auf meiner Hand heraus und schaue ihr hinterher, bis sie nicht mehr zu sehen ist. Ob ich bald auch so gut fliegen kann?
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Feranyo
Fantasía„Ich schätze, du hast in den vergangenen Wochen schon ein paar besondere Dinge bemerkt." Ich nicke. „Wieso musstest du mich denn so erschrecken? Hätte doch auch einfach ein Brief kommen können." „Geht schon, aber wir sind ja keine Zauberer, auße...