Als ich am nächsten Morgen erwache, merke ich, die Nacht war eindeutig zu lang. Ich bin so müde, dass ich es gerade mal schaffe den Kopf zu heben, ihn wieder ins Kissen fallen zu lassen und mir die Decke über den Kopf zu ziehen. Gedämpft höre ich, wie es an der Türe klopft, doch niemand kommt herein. Auf dem Gang ruft jemand, Türen öffnen sich und ich bin neugierig, sehr neugierig. So finde ich mich innerhalb von Sekunden im Schlafanzug in der Senkrechten aus meiner Türe hervor Luken. Dort sehe ich einen Überglücklichen Fynn, der gerade von Jonas und Clay freudig umarmt wird.
„Habe ich was verpasst", frage ich, denn ich kann die viele Freude und Motivation am frühen Morgen nicht ganz verstehen. „Ja, ich bin Vater geworden. Es ist ein Mädchen. Sie ist Aqua wie Lynn.", strahlt er mich an. „Ich konnte sie noch nicht sehen, da Lynn ja schon vor zwei Wochen nach Tenarus gegangen ist. Aber ich verabschiede mich hiermit. Ihr werdet mich wahrscheinlich erst in der Schule wiedersehen."
Ich halte mein Gesicht unter den angenehm, kühlen Wasserstrahl, der mich langsam munter werden lässt, ziehe mich um und gehe nach unten. Der schon lang geplante Langstreckenflug, quer über Schottland, für welchen wir seit geraumer Zeit trainieren wird heute trotzdem stattfinden.
Der Flug über Schottland war einfach wunderschön. Es ließ mich all meine Gedanken vergessen und reizte all meine Sinne. Das schwierigste war, sich die ganze Zeit zu tarnen. Denn alle Feranyo besitzen die Fähigkeit, die Farbe der Umgebung anzunehmen, etwa wie ein Oktopus, um von niemanden gesehen zu werden.
Es war das letzte Wochenende im Camp, leider. Die fünf Tage danach vergingen wie im Flug und Jonas, sowie Clay erwähnten nichts mehr von dem Kuss in der Flughalle. Ich war ihnen dafür dankbar, auch wenn es mir geholfen hatte, mit ihnen über meinen Freund zu reden, es hat mir geholfen endgültig loszulassen. Da Fynn die letzte Woche nicht mehr da sein konnte, kam ein etwas älterer Schüler, geschätzte 18 oder 19 Jahre alt Namens Ellestro und übernahm seine Aufgaben.
„Hey", ich zucke zusammen. Clay steht neben mir. „Gönn dir mal eine Pause. Du hast heute noch gar nichts gegessen." Ich schaue ihn an. Seine rehbraunen Augen schauen mich auffordernd an. „So enttäuscht wie du aussiehst bist du gerade mit dem Camp fertig geworden." Er grinst. „Also traust du dir eine kurze Unterbrechung zu? Ich denke es wird auch nicht den psychologischen Effekt zerstören. Darf ich bitten?" Schauspielerisch hält er wie in alten Filmen mir auffordernd die Hand entgegen und ich nehme sein Angebot mit einem Lächeln an. Er zieht mich hoch und ich bedanke mich mit einem Knicks.
Wir gehen durch einen Bogen aus dem Haus hinaus und in den kleinen Hinterhof. Er besteht im Kern aus einem kreisrunden Springbrunnen und wie ineinander verfließende grobe Mosaiksteinplatten außen herum. Die Ecken des Hofes werden mit zierlichen Pflanzen ausgeglichen. Eine Dame bringt uns einen Teller mit allen möglichen kleinen Speisen.
Hauchdünne Brotscheiben, ein wenig Fladen, verschiedene Käsesorten, und mir unbekannte Obstsorten, sowie kleingeschnittenes Gemüse und noch mehr. Nur eines ist nicht darauf zu finden, Fleisch. Hier ernährt man sich vegetarisch.
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Feranyo
Fantasy„Ich schätze, du hast in den vergangenen Wochen schon ein paar besondere Dinge bemerkt." Ich nicke. „Wieso musstest du mich denn so erschrecken? Hätte doch auch einfach ein Brief kommen können." „Geht schon, aber wir sind ja keine Zauberer, auße...