Kapitel 6: Highlands

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Der Wind verweht meine Haare. Es ist ein ungewohntes Gefühl, wie er meine Flügel entlang streift. Ich stehe am oberen Rand eines Abhangs, so dass ich den direkten Blick auf einen See, wie sie es hier nennen 'Loch', habe. Weit und breit grüne Wiesen und Highlands. Die einzigen Häuser hier in der Nähe befinden sich hinter mir. Ein wenig entfernt kann ich Stimmen hören, und wie einer Anweisungen gibt.

„Neu hier?" Ich drehe mich um. „Ein Licht", sagt der Junge beiläufig. Er ist größer als ich mit meinen 1.75m, recht gut gebaut, hat dunkelbraune Haare und grünblaue Augen. Seine Flügel sind pechschwarz, bis auf ein intensiv-blaues Highlight, welches die Flügelstruktur und Form betont. „Was?", ich schaue ihn fragend an. Ich kann ihm nicht folgen, was er mit 'Licht' meint. „Du?" Als ich noch verwirrter schaue grinst er. „Ich habe mich noch nicht einmal vorgestellt. Ich bin Clay." „Caitlin", stelle ich mich ebenfalls vor.

„Hat man dir noch nichts Genaues zu uns erklärt?" Ich schüttle meinen Kopf. „Ok, also grob eingeteilt gibt es vier unterschiedliche Feranyo-Typen. Zeros, sie haben einfarbige Flügel mit grauem Highlight, jedoch keine oder nur wenig besondere Fähigkeiten. Leider ist jeder zweite einer von ihnen... Dann gibt es Schatten, solche wie mich, mit schwarzen Flügeln und einem Farbigen Highlight. Wir sind schneller, besser, schlauer und gutaussehender als die anderen." Ich ziehe eine Augenbraue hoch, bis ich mir ein grinsen nicht mehr verkneifen kann.

„Naja, zum Teil stimmt es sogar. Wir sind zum Beispiel wirklich schneller und stärker als andere Feranyo. Manche von uns können sogar unsichtbar werden und dann gibt es noch ein paar spezielle Fähigkeiten." Er überlegt kurz: „Es gibt noch Aquas, nur etwa 10% sind welche. Sie haben blaue Flügel, mit einem 'Wassermuster'. Ansonsten natürlich noch Lichter, wie du eines Bist. Flügelfarben gibt es alle möglichen und es gibt alle möglichen Varianten. Aber immer von der Mitte fast schwarz bis zu einem weiß nach außen. Du bist selten, sie freuen sich bestimmt über dich. Naja und dann gibt es noch Unikate, welche es nur wenige Male oder nur ein einziges Mal gibt. Wir haben übrigens die Ehre einen im Haus zu haben. Das ist richtig selten." „Wir?" „Bist du nicht auch bei Fynn?" „Doch, dann kenne ich jetzt immerhin schon jemanden. Sag mal, die Buchstaben hinter den Namen haben nicht zufälliger Weise etwas mit dem Typ des jeweiligen Feranyo zu tun?", der Gedankenblitz war mir soeben gekommen. „Ja. Es sind 5 Schatten, eins davon ein Mädchen, eine und ein Aqua, einen weiß ich gerade nicht und noch den Besonderen, wie ich bereits erwähnt habe."

Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie ich dort am Abhang stand, vor mir die schottischen Highlands und mich mit Clay unterhielt. All das kam mir nur so vor wie ein einziger langer und wundervoller Traum. Das Gefühl wie Wind über meine Flügel streicht hatte ich leider schon lange nicht mehr. Schottland, was würde ich dafür tun noch ein einziges Mal dort hinzugehen.

„Es ist echt schön hier", sage ich. „Nur die Art, wie sie einem mitteilen, dass man ein Feranyo ist mag ich weniger.", diesmal ist es Clay, der die Augenbraue hochzieht. „Wurdest du nicht von hinten gepackt und dann..." Ich breche ab, weil sich sein Grinsen nun in ein Lachen verwandelt hat. „Ach, du bist das. Fynn hat von dir erzählt. Natürlich nur das Beste." Ich kann nicht erkennen, ob der letzte Satz ernst gemeint ist oder nicht, ich werde trotzdem rot und beschließe das Thema zu wechseln.

„Weißt du, wo man sich hier eine Fledermaus holen kann, es gab ja keine dazu. Hast du eigentlich schon eine?" „Ja und Ja", er holt eine kleine Pfeife aus seiner schwarzen Lederjacke. „Wieso darfst du eine Lederjacke tragen und ich nicht?", diese Frage ist mir nur ausversehen herausgerutscht, eigentlich habe ich das gerade nur gedacht. „ich bin ein Schatten, du nicht. Ein Licht steht für Frieden, Reinheit, Unschuld, da wäre eine Lederjacke doch einfach nur unangemessen oder nicht?", den letzten Satz sagt er mit spöttisch verstellter Stimme, ich vermute, dass ich bald erfahren werde, wen genau er zitiert.

In diesem Punkt hatte ich tatsächlich Recht.

Eine Fledermaus die heranfliegt und sich an eine vermutlich extra für sie befestigte Schlaufe hängt bringt uns wieder auf das ursprüngliche Thema: „Darf ich vorstellen: das ist der kleine Scott, wie Scotland. Ja ich weiß, ich war unkreativ mit dem Namen. Wenn du auch eine möchtest kann ich dir zeigen, wo es sie gibt. Ich nicke und folge Clay, welcher nun in die Richtung der Häuser geht. Ich folge ihm mit einem letzten Blick zum Loch. „Wie lange bist du denn schon hier?", möchte ich wissen. „Seit einer Woche. Übermorgen habe ich das erste Mal Flugtraining."

Erst jetzt fällt mir bewusst auf, dass seine Flügel schon um einiges größer, etwa doppelt so groß sind als die meinen. Wir kommen an unserem Haus vorbei, etwas entfernt erkenne ich die 2 anderen. Wir gehen direkt auf eine Häuseransammlung zu, welche hinter den Wohnhäusern stehen. Alle natürlich im typischen schottischen Stil mit Feuersteinfassade. Clay steuert auf ein recht kleines Haus zu. Als wir eintreten staune ich. Die Wände und Decken sind wie eine Höhle gestaltet, überall hängen Fledermäuse. „Guten Tag, kann ich euch behilflich sein?"

Eine halbe Stunde später verlasse ich den Laden mit einer kleinen noch sehr jungen Fledermaus und einer Kompletten Ausrüstung zu ihr. Eine kleine Felsnachbildung, die man wohl an einer dafür vorgesehenen Halterung an der Wand befestigen kann, zusätzlich noch einen kleinen Napf und für Futter und Wasser, eine Lasche aus Leder für unterwegs wie auch Clay eine hat, sehr praktisch, dass fast alle Dinge die es gibt extra für Fledermaus Assessors vorgesehen ist, und einen Gurt, den man Quer umschnallen kann, falls man keine Jacke trägt. Eine Pfeife habe ich bei dem ganzen Zubehör kostenlos obendrauf bekommen.

FeranyoWhere stories live. Discover now