15. Fragen

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Sicht von Mik

Erstarrt schauten wir uns an. Kostas, der während des Telefonats herumgelaufen war, stand mit offenem Mund da. Ich saß weiterhin auf dem Bett und legte mein Handy auf den Nachttisch. "Nicht mehr lange und meine Eltern wissen alles", fing Kostas an. "Uns bleibt nicht mehr viel Zeit!" Ich nickte nur als Antwort. Er setzte sich neben mich und ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter. "Sie müssen es heute noch erfahren?", fragte ich ihn. "Ja, und bis dahin sollten wir alles geklärt haben", meinte er weiter. Ich runzelte meine Stirn. Ich hatte mich auf ihn eingelassen. Ich hatte mich auf das alles hier eingelassen. Das heißt, ich werde ihm zum einen helfen, das Geld für Alina und das Kind aufzutreiben, und zum anderen, mit seinen Eltern klar zu kommen. "Was war dein Plan nach der Schule?", stellte ich die nächste Frage. "Ich wollte Abitur machen, aber das hatte sich mit der Schwangerschaft erledigt." Kostas seufzte und ich nahm meinen Kopf von seiner Schulter. "Egal, was passiert, zusammen schaffen wir das." Er sah mich dankbar an und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. "Danke."

Sicht von Kostas

Einige Zeit später, Miki und ich waren zu einer annehmbaren Lösung gekommen, klingelte es an der Tür. "Das wird Alex sein", meinte er sofort. Ich stimmte ihm zu und ging zu Tür. "Komm rein", begrüßte ich Alex durch die Sprechanlage. Als dieser die Treppe hoch gelaufen kam, stellte sich Miki zu mir. "Hey, ihr beiden." Mit diesen Worten kam Alex rein und zusammen setzten wir uns wieder zurück in mein Zimmer. "So, ich habe nicht viel Zeit! Rico wartet um die Ecke. Er wollte nicht mitkommen", brummte Alex und machte es sich trotzdem auf meinem Drehstuhl gemütlich. "Was ist jetzt passiert?", fragte Miki, der neben mir auf dem Bett saß.

"Sabrina hat euch beiden scheinbar unten im Keller beobachtet. Damit rannte sie natürlich gleich zu Rico, der es ja nicht für sich behalten konnte. Sie hatte ihn fragen wollen, ob er etwas darüber wusste - Alina wegen. Als er sich dann darüber aufregte, ...", genauer ging Alex nicht darauf ein, "... bekam auch Alina einige Fetzen des Gesprächs mit und fragte, was los sei. Sabrina versuchte es ihr ruhig zu erzählen. Doch, Rico machte ihr natürlich einen Strich durch die Rechnung. Als ich dann dazu kam, weinte Alina und Sabrina versuchte sie zu trösten." Alex schaute uns vielsagend beide an. "Das ist alles total nach hinten losgegangen. Ich muss mich unbedingt bei ihr entschuldigen, verdammt! Ich wollte ihr erst einmal Zeit geben, um sich zu klimatisieren, bevor sie die ganze Wahrheit erfährt", meldete ich mich als erster wieder zu Wort. Da schaute Miki mich geschockt an: "Du hast ihr noch nicht alles erzählt?" Ich schüttelte schuldbewusst den Kopf. "Ich habe nur erzählt, dass ich schwul bin. Weiter kam ich nicht mehr! Ich konnte ihr weder sagen, dass es mir Leid tut, noch, dass zwischen uns beiden was läuft. Sie hatte mir vorher schon das Wort abgeschnitten", versuchte ich mich zu rechtfertigen. Alex mischte sich wieder in das Gespräch ein: "Das hättest du vielleicht machen sollen! Vor allem, wisst ihr, wie ich da stand, weil ich schon Bescheid wusste?" Woher wusste er es eigentlich? Hatte Mik ihm etwa von uns beiden erzählt? Anders konnte es ja gar nicht sein. Ich seufzte. Was beschwerte ich mich? Ich war das Arschloch. Nicht Mik. Nicht Alex. Nicht einmal Rico. Es war alles meine Schuld. "Das tut mir auch mega Leid. Ich werde das irgendwie versuchen zu regeln. Ja, irgendwie", antwortete ich Alex. "Na gut", begann er dann. "Ich habe, wie gesagt, nicht viel Zeit und werde wieder los. Ihr beide wisst erst einmal, was abgeht, und ja. Wir sehen uns dann morgen. Ich finde alleine raus." So verschwand er dann und ließ Miki und mich alleine.

Sicht von Mik

"Wie konnte es nur soweit kommen?", richtete ich mich an Kostas. Er zuckte mit den Schultern, während er weiterhin auf einen Punkt am Boden starrte. Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange und seufzte. Da schaute er mich an. Man sah Kostas an, dass er sich schlecht fühlte. Ich legte beruhigend meine Lippen auf seine und setzte mich auf seinen Schoß. Seine starken Hände hielten mich fest, während ich ihn kurz dichter zu mir zog, um mich dann von ihm zu lösen. "Was willst du jetzt als nächstes tun?" Ich lehnte meine Stirn gegen seine und wartete dabei auf eine Antwort. Nach einer kurzen Stille hörte ich ihn leise etwas sagen. "Bleibst du hier, damit ich erst mal mit meinen Eltern reden kann? Danach kann ich hoffentlich zu Alina und mich bei ihr entschuldigen. In dem Zug erzähle ich ihr dann auch gleich, wie wir uns das überlegt haben, wenn das für dich in Ordnung ist." Ich blieb kurz noch still und löste mich dann etwas von ihm. "Falls du das wirklich durchziehen willst, meine ich", füllte Kostas die Stille. Zu seiner Überraschung nickte ich einfach und lächelte ihn an. Es war irgendwo eine absurde Idee und vielleicht war es viel zu überstürzt, aber das würden wir schon schaffen. Ich glaubte fest daran. Erleichtert küsste er mich, als plötzlich die Wohnungstür ertönte.

Sicht von Kostas

"Kostas? Bist du etwa schon zuhause?", hörte ich meine Mutter rufen. Miki kletterte schnell von mir runter. Gerade rechtzeitig. Sie stand in der nächsten Sekunde überrascht in der Tür. "Schön, dich mal wieder zu sehen", begrüßte sie mich ruhig. Seufzend stand ich auf. Ich hatte seit Freitag nicht mehr richtig mit meinen Eltern gesprochen. "Ja, das finde ich auch. Deswegen würde ich aber gerne nochmal mit euch reden. Möglichst heute noch..." Meine Stimme war sehr leise. Ich war definitiv unsicher, da ich keine Ahnung hatte, wie sie reagieren könnten. Überrascht blickte sie zwischen mir und Mik hin und her, dem sie bereits zugewunken hatte. "In Ordnung. Dein Vater kommt gleich zum Essen. Isst Marik mit uns?", fragte sie als wäre es das normalste der Welt. Wir beide nickten und meine Mutter machte meine Tür wieder zu, als man meinen Vater hören konnte. Er war zuhause. "Es wird alles gut. Ich bin für dich da", flüsterte Miki mir ins Ohr und umarmte mich von hinten. Er hielt meine beiden Hände fest und drückte sie einmal zur Beruhigung, bevor er einen Schritt von mir weg machte und wir in die Küche zu meinen Eltern gingen.

Bi? Schwul? Hetero?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt