14. Schritte

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Sicht von Kostas

"Du stehst nicht auf Mädchen?", fragte sie baff. Ich nickte und traute mich kaum sie anzusehen. "Ach, du stehst nicht auf Mädchen", sagte sie laut und lachte dabei. "Es tut mir Leid. Ich werde dir auch helfen, aber das", ich deutet auf uns beide, "wird nichts." Wieder lachte Alina einfach empört. "Und das hat bisher keine Rolle gespielt?" Ich wollte gerade etwas dazu sagen, da sprach sie bereits weiter. "Weißt du was? Ich will mir von dir nicht meinen letzten Tag hier vermiesen lassen. Das versaust du nicht auch noch!", meinte sie nochmal mit Nachdruck und ihre Hand kam mit jedem Wort meinem Gesicht näher. Ich rührte mich nicht und sah sie nur weiter schuldbewusst an. Plötzlich schluckte sie. "Lass mir Zeit! Ich muss erst einmal verarbeiten, dass der Kerl, mit dem ich knapp drei Jahre zusammen war, schwul ist." Mit diesen Worten ging sie wieder hoch zu den anderen. Ich hörte, wie die anderen bereits nach und nach raus liefen zu den Fahrrädern, aber ich blieb weiterhin, wo ich war.

Nach kurzer Zeit hörte ich Schritte und stand vom Boden auf, wo ich mich hingesetzt und gegen die Wand gelehnt hatte. "Was hat sie gesagt?", hörte ich Mikis Stimme durch den leeren Gang hallen. Als er vor mir stand, antwortete ich ihm. "Sie braucht erstmal Zeit. Ich kann sie ja verstehen. Nach drei Jahren Beziehung wird sie schwanger und bekommt dann gesagt, dass der Vater schwul ist. Ich bin ein total schlechter Mensch, Miki", brabbelte ich vor mir hin. "Nein", er nahm mich in den Arm. "Es ist einfach ungünstig gelaufen. Alina hat dir die ganze Zeit über etwas bedeutet."

Sicht von Mik

Überrascht sah er mich an: "Woher willst du das wissen?" Ich seufzte. "Man hat es gemerkt." Er gab mir einen leichten Kuss auf den Mund und meinte: "Dafür gehöre ich ab jetzt nur dir." Ich lehnte mich gegen ihn und wir verweilten kurz so bis Kostas das Wort wieder ergriff: "Wirklich. Ich liebe dich." Ich lächelte und sah ihm in seine wunderschönen, braunen Augen. "Ich weiß doch." Ich lachte. "Ich liebe dich auch." Mit einem letzten Kuss wollten wir zu den anderen gehen, aber Kostas hielt mich an der Hand fest. Mir war so, als hätte ich Schritte gehört, aber ich ignorierte sie und konzentrierte mich weiter auf Kostas' Augen. "Willst du da wirklich hinterher? Lass uns nach Hause! Ich habe keine Lust die Straßen unsicher zu machen." Ich lächelte. Das war vielleicht unser Abschluss, aber viel lieber würde ich mit Kostas Zeit verbringen. "Gut. Zu mir oder zu dir?" Ich gab ihm einen leichten Kuss auf die Lippen und nahm freudig seine Hände. "Zu mir. Du hast kaum noch Möbel", lachte er und zog mich in Richtung Hinterausgang.

Sicht von Kostas

Als wir wieder bei mir auf dem Bett lagen - sein Kopf auf meiner Brust, dachte ich wieder über die vielen Kartons in Mikis Wohnung nach. "Alex will nächstes Jahr bei der Zeitung anfangen. Ob das etwas für ihn ist?" Mik und ich hatten uns die letzten zwei Stunden über alles mögliche unterhalten. Doch, eine Frage ließ mich einfach nicht in Ruhe. "Waren das Umzugskartons bei dir zuhause?" Miki, der bis eben noch an die Decke gestarrt hatte, drehte sich nun mit dem Kopf zu mir und lachte leicht. "Wie schön, dass du mir so gut zuhörst!" "Entschuldige, aber ich kann an kaum etwas anderes denken", erklärte ich ihm. "Schon gut", fing er an. "Ich mache nach unserem Abschluss eine Ausbildung in Potsdam im Bereich Marketing - in derselben Firma wie unsere Väter, weißt du?" Ich nickte. "Heißt das, dass du nach Potsdam ziehst?", fragte ich grübelnd. Dabei merkte ich wie er nickte. "Am Donnerstag bringen wir meine Sachen in die neue Wohnung und dann ist es nicht mehr lange bis die Ausbildung anfängt." Meine Gedanken spielten wieder einmal verrückt. "Wie machen wir das denn alles?", stellte ich die Frage in den Raum. Miki zuckte mit den Schultern und richtete sich auf. Er wusste es nicht, natürlich nicht. "Lass uns das später klären! Es ist gerade für den Moment zu schön", meinte er, nahm sich sein Handy und kuschelte sich wieder an mich. Zwar stimmte ich ihm zu, aber mein Kopf hörte nicht auf. Ich musste mich trotzdem um Alina und das Ungeborene kümmern. Ich hatte genug angerichtet. Das war ich ihr schuldig.

Ich bemerkte wie Mik geschockt auf sein Handy starrte. "Kostas?", machte er sich aufmerksam. "Was ist denn?" Er hielt mir einen Chatverlauf von Alex unter die Nase. "Wo bist du? Und wo ist Kostas? Sabrina hat euch gesehen! Hier ist die Hölle los, man!" Nein. "Scheiße", fluchte ich. Als Mik sich aufrichtete, stand ich auf und zog mir wieder Mikis Top von vorhin an. "Rufst du ihn bitte mal an? Ich will wissen, was genau da los ist!" Miki nickte eifrig und tippte auf den grünen Hörer. Es piepte. Er hatte auf laut gestellt. "Pssst. Warte! Ich muss kurz weg. Gleich wieder da, Leute!" Alex' Stimme erklang in meinem Zimmer. "Mit wem telefonierst du da? Sind das die Schwuchteln? Man, leg auf!" Als wir Ricos Stimme erkannten, sahen wir beide uns geschockt an. "Lass jetzt mal!" Das war Alex. "Hey Mik, wo bist du denn?" Miki atmete einmal tief durch. "Ich bin bei Kostas. Wir sind zu ihm nach Hause." Man konnte unseren Kumpel am anderen Ende seufzen hören. "Das habe ich mir gedacht. Ihr habt euch hier gerade keine Freunde gemacht..." "Was genau hat sie denn erzählt? Und wem? Und...", unterbrach ich ihn, doch Alex ließ mich ebenfalls nicht zu Wort kommen. "Kann gerade nicht. Ich komme später bei dir lang! Dann erkläre ich euch alles, aber jetzt muss ich Sabrina erstmal zum Schweigen bringen. Bis dann." Mit diesen Worten legte er auf.

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