Mit Misstrauen betrachtete ich unser neues Haus. Wir waren von einem schönen, ruhigen Dorf mitten in eine Großstadt gezogen. Also Schluss mit Ruhe, frischer Luft und Grünflächen. Immerhin hatten wir einen kleinen Garten, wo bereits ein paar Blumen gepflanzt wurden. Unser Haus sah von außen nichtmal wirklich schlecht aus. Es war nicht riesig, doch für uns drei würde es locker ausreichen. Die meisten Häuser um uns herum waren deutlich größer und pompöser, vor allem jenes, welches direkt neben unserem stand. Doch das Landhaus in dem wir davor gelebt hatten, war etwas kleiner als dieses vor dem ich jetzt stand. Im Grunde also sogar eine Verbesserung.
"Schätzchen, kannst du mir bitte mal deinen Koffer abnehmen?", keuchte meine Mutter, als sie meinen schweren roten Koffer aus dem Kofferraum entlud. Ich nahm diesen entgegen und rollte ihn hinter mir her über den kleinen Weg des Vorgartens. Im Haus selbst kroch mir direkt der Geruch von frischer Farbe und neuen Möbeln in die Nase. Meine Eltern waren schon ein paar mal hierher gefahren um es hier schon möglichst wohnlich aussehen zu lassen, wenn wir einziehen. Das war ihnen eigentlich auch gelungen, denn Küche und Wohnzimmer waren fertig aufgebaut. Nur fehlten noch Details um es richtig gemütlich zu machen. Angeblich sollte sich mein Zimmer im oberen Stock befinden. Also ging ich nach oben und schaute mich kurz um. Zur Orientierung schien meine Mutter Zettel an die Türen geklebt zu haben. So laß ich also: Eltern, Bad und Melissa.
Ich öffnete die weiße Tür meines Zimmers und trat ein. Hier roch es ebenfalls nach frisch gestrichenen Wänden. Mein altes Bett, welches ich unbedingt behalten wollte, stand an der einen Wand. Plakate von den verschiedensten Filmen lagen schon auf meinem Bett bereit und warteten nur darauf, aufgehangen zu werden. Gegenüber stand ein hoher Kleiderschrank plus Spiegel, und vor dem großen Fenster ein Schreibtisch mit daran geschobener Kommode. Doch das Wichtigste war mein flauschiger Sitzsack, der kleine Fernseher und das Regal vollgepackt mit spannenden oder lustigen Filmen. Denn ich liebte es Filme zu gucken. Ich bestaunte immer die Schauspieler und die detaillierten Sets. Selber fotografierte und filmte ich auch für mein Leben gerne, weshalb mich es auch gleichzeitig inspirierte, so viele Filme zu gucken. Und egal wie merkwürdig es klingen mag, bei Verfilmungen zu einem Buch habe ich oftmals danach auch das Buch gelesen, nur um abzugleichen, wie gut es umgesetzt wurde.
So stand ich also nutzlos in der Mitte meines neuen Zimmers und spielte am Saum meines weißen, dünnen Pullovers herum. Ich hätte ja theoretisch schonmal meine Plakate aufhängen, oder meinen Koffer auspacken können. Doch erstmal stand ich nur da und sah mich weiter um.
"Klopf, Klopf.", sagte mein Vater und lugte durch die Tür. Er sah mich lächelnd an, ehe er sich auch kurz im Zimmer umsah. "Ich hoffe wir haben deinen Geschmack getroffen Bienchen.", so nannte er mich irgendwie schon immer so. Obwohl ich überhaupt garkeine Ähnlichkeit mit einer Biene hatte. Ich war durchschnittlich groß, hatte eine normale Figur und auch meine braunen, fast schwarzen, Haare mit meinen grauen Augen hatten null mit einer Biene gemeinsam. Aber hey, es war mein Dad.
"Wir müssen jetzt nochmal schnell in die Klinik. Kommst du alleine klar?", fragte mein Dad und sah jetzt zu mir. Ich nickte darauf knapp. Dies war nämlich der Grund für unseren Umzug. Mein Vater war Tierarzt und hatte hier in Seattle endlich die Möglichkeit gehabt, seine eigenen kleinen Klinik zu eröffnen. Er verließ mein Zimmer und kurz darauf hörte ich Autotüren knallen und ein Auto aus der Einfahrt fahren.
Ich hatte mich nun doch entschieden die Filmplakate als erstes aufzuhängen. Mit Stecknadeln und Klebeband bewaffnet stellte ich mich auf mein Bett und begann die Ersten an die Wand zu pinnen. Doch gerade als ich Harry Potter und der Orden des Phönix neben Silver Linings hängen wollte, klingelte die Haustür. Durch diese Störung etwas genervt ging ich runter zu unserer großen Haustüre, checkte nochmal kurz ob meine Ärmel bis zum Handgelenk gingen und öffnete dann die Tür.
Eigentlich hatte ich erwartet, dass die pralle Mittagssonne mir direkt ins Gesicht scheint, doch ein großer Schatten legte sich über mich. Vor mir stand ein blonder, überdurchschnittlich großer Junge und sah gelangweilt auf sein Handy. Er bemerkte mich sofort und sah von seinem Handy zu mir auf, oder besser gesagt runter. Dieser musterte mich kurz mit seinen dunkelblauen Augen.
"Mein Dad meinte, ich soll euch herzlich in der Nachbarschaft willkommen heißen und so weiter.", sagte der Junge gelangweilt und machte eine kurze Handbewegung zu der riesigen Villa nebenan.
"Äh, danke.", meinte ich und lächelte dazu etwas. Der Nachbar musterte mich erneut und blieb an meinen Augen hängen. Ich jedoch brach den kurzzeitigen Blickkontakt sofort ab. "Noch was?", fragte ich ungeduldig. Ich wollte wieder in mein neues Zimmer und die Plakate weiter aufhängen.
"Ja doch...", sagte der Junge und blickte mich dabei etwas verwirrt an. "Mein Dad is' viel unterwegs und würde sich freuen, wenn ihr heute vielleicht zum Essen kommen könntet."
"Naja - wann wäre das denn?", ich stockte kurz am Anfang des Satzes. Genau dafür hasste ich mich, dass ich fremden gegenüber so verdammt schüchtern und zurückhaltend war.
"So gegen acht.", meinte der Blondschopf vor mir und fuhr sich genau durch diese Haare. Er hatte inzwischen seine Augenbrauen etwas zusammen gezogen und die durchtrainierten Arme vor seiner Brust verschränkt.
"Ich werd's ausrichten.", sagte ich knapp und versuchte höflich zu lächeln. Ob es geklappt hatte, wusste ich nicht.
"Gut.", sagte der Junge und drehte sich schon zum Gehen. Ich hatte die Tür fast geschlossen, als er sich jedoch nochmals umdrehte. "Ich bin übrigens Lance."
"Melissa.", sagte ich darauf noch kurz. Diesmal war Lance derjenige, der lächelte, bevor er sich wieder umdrehte. Nun schloss ich endgültig die Tür und lief hoch, um die Plakate weiter aufzuhängen. Jedoch musste ich mit Enttäuschung feststellen, dass sich das Harry Potter Plakat schon wieder gelöst hatte und nun wieder auf meinem Bett lag.
Nach ein paar Stunden hörte ich meine Eltern wieder im Wohnzimmer. Meine Plakate hingen bereits und ich lief runter in das Wohnzimmer. Mein Vater hatte sich bereits auf das Sofa gesetzt. Seine Halbglatze lugte hinter einer Tageszeitung hervor, welche immer wieder ein Blätterrascheln verursachte. Meine Mutter hingegen war gerade dabei irgendwelche kleine Kräuterpflanzen in noch kleinere Pflanzentöpfe zu setzten, welche an der Küchenwand befestigt waren.
"Die Nachbarn haben uns heute zu einem Abendessen eingeladen.", kurz sah ich auf die Uhr an meinem Handgelenk. "Eigentlich sogar in fünf Minuten.", fügte ich noch kurz hinzu.
"Das ist aber nett von ihnen.", sagte meine Mum, vollkommen auf die Pflanzen konzentriert. Die Zeitung wurde unter lautem Geraschel zusammen gefaltet und das freundliche Gesicht meines Dads erschien.
"Dann lasst uns da mal hingehen.", sagte er energiegeladen und stand von dem Sofa auf. Auch meine Mutter schien fertig zu sein und lief mit dem Satz, sie müsse sich noch schnell umziehen, in das obere Geschoss.
An jeden der Neu ist: HERZLICH WILLKOMMEN
An diejenigen, welche Prudence schon gelesen haben (ist ja momentan noch nicht fertig😉): WILLKOMMEN ZURÜCK❤️
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Strange Neighbour
Teen FictionMelissa ist ein Mädchen, welches gerne für sich alleine ist. Sie liebt es sich in ihrem Zimmer zurück zu ziehen, doch wenn sie raus geht, dann nicht ohne ihre Kamera. Dadurch das ihr Vater eine neue Tierklinik in Seattle aufmacht, muss sie wohl oder...