75. „Geht dich nichts an."

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P.O.V Lance

„Schon wieder da?", fragte Enzo überrascht, als ich mit voller Wucht die Haustür zuschlug. Er und Mailo blickten mich von der Küche aus irritiert an. Sie selbst schienen auch gerade am Frühstücken, wie Melissa und ich eben noch.

„Ja.", sagte ich nur ganz knapp, ehe ich schon beinahe in mein Zimmer hoch sprintete. Meine Zimmertür knallte ich ebenso zu und schmiss mich einfach mit meinem Rücken auf das Bett. Warum bereute Melissa es und warum wollte sie mir nicht erklären, warum?! Wenn es nicht an mir lag, woran dann? Ich wusste langsam einfach nichtmehr, wie ich mit ihr umgehen sollte. Immer wieder geriet ich an einen ihrer wunden Punkte und ich konnte ihnen durch Unwissenheit nicht ausweichen.

„Warum knallst du die Türen so?!", fragte eine total verschlafene und angepisste Prudence. Sie trug mal wieder einen von Mailo's Pullis, welcher ihr viel zu groß war.

„Geht dich nichts an.", fuhr ich sie strenger an, als zuvor gedacht. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, ehe sie die Tür leise hinter sich schloss und sich zu mir ans Bett setzte. Kurz studierte Prudence mein Gesicht.

„Melissa?", hackte sie vorsichtig und gleichzeitig einfühlsam nach, wobei sie ihre Hand auf meinen Oberarm legte. Schwer war es wohl nicht zu erraten. Schließlich war ich bis eben ja noch bei ihr gewesen.

„Mh.", grummelte ich bloß und drehte mein Gesicht in die andere Richtung. Ich wollte meiner Schwester jetzt nicht ins Gesicht sehen. Außerdem verschränkte ich meine Arme vor der Brust, damit ihre Hand verschwand.

„Los komm schon.", sagte Prudence und schob mich etwas zur Seite, sodass sie sich neben mich legen konnte. „Was ist passiert?", hackte sie nach und ging mir damit wirklich auf die Nerven. Vielleicht konnte man mit ihr über vieles sprechen, doch das war mir dann doch zu intim.

„Geht dich nichts an.", wiederholte ich mich, wobei ich weiterhin stur wegsah. In mir kochte Wut, doch ich wusste nicht woher sie kam.

„Natürlich geht mich das was an. Ich bin deine Schwester.", sagte sie sanft und legte wieder eine Hand auf meinen Oberarm. Sollte ich es ihr erzählen? Nein, das war wirklich zu privat.

„Nein, es ist mein Leben. Geh jetzt einfach runter zu deinem Lover und lass mich hier einfach in Ruhe.", sagte ich und schüttelte dabei erneut ihre Hand ab. Allein an ihrem Blick erkannte ich, dass ich nun auch noch Stress mit meiner kleinen Schwester hatte. Beleidigt und auch ein kleines bisschen gekränkt stand sie auf. So schnell wie Prudence aufgetaucht war, verschwand sie auch wieder.

Ich wünschte mir manchmal, zwischen Melissa und mir würde es auch so perfekt laufen wie zwischen meiner Schwester und Mailo. Doch ich glaubte, wir sind einfach zwei viel unterschiedlichere Menschen. Sie schüchtern und zurückhaltend, ich offen und manchmal vielleicht zu dickköpfig.

P.O.V Melissa

Direkt nachdem Lance gegangen ist, bin ich in mein Zimmer hoch. Ich schmiss mich auf mein noch ungemachtes Bett, welches an manchen Stellen so gut nach ihm roch. Ich konnte nichts dagegen machen, ich musste einfach weinen. Egal wie dumm es vielleicht klingen mochte, ich sog die Luft an dem Kissen stärker ein, auf welchem Lance' Kopf vor noch nichtmal zwanzig Minuten noch gelegen hatte. Es roch wirklich noch ziemlich intensiv. Zum Einen beruhigte es mich, doch zum Anderen trieb es mir nur noch mehr Tränen in die Augen. Ich hatte es eindeutig verhauen. Jedoch hätte ich auch beim besten Willen nicht geglaubt, dass gestern Nacht so bedeutsam für ihn war. Schließlich hatte Lance doch früher immer wieder eine Neue, sodass es doch langsam unbedeutend für ihn werden müsste.

Irgendwann müsste ich es ihm mal erzählen und zwar schon bald. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er mich sonst nicht verstehen würde. Ich wusste nichtmal, ob er es danach verstehen würde. Für manche mag sowas wahrscheinlich nicht so bedeutsam sein, doch mich hatte es stark geprägt. Sowohl die Angst vor Blickkontakt als auch diese Zurückhaltung hatte ich nämlich noch nicht immer. Bisher hatte ich ihm auch nur einen kleinen Teil anvertraut und ich hoffte, dass Lance, wenn ich es ihm mal erzählen sollte, es verstehen würde.

Denkt ihr, dass Lance und Melissa vielleicht doch zu unterschiedlich sind um auf lange Zeit glücklich zu werden, oder dass sie dadurch noch besser zueinander passen? Und wird Lance es nachvollziehen können?

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