MY OWN VIBRATOR (überarbeitet)

34.

Liam

Ich ging schnellen Schrittes auf Harrys Zelt zu, um ihm die Hiobsbotschaft überbringen zu können.

Als ich ins Innere des Unterschlupfs gelang, sah ich Harry im Schneidersitz am Boden sitzen. Vor ihnen saß Annel, ebenfalls im Schneidersitz. Harry sah hochkonzentriert aus, denn mit großer Mühe versuchte er, Annel ihre Haare zu flechten.

Mir schien die Situation suspekt. Wieso würde Annel es für nötig empfinden, sich ihre verfilzten Haare erstens zu kämmen und zweitens zu einem hübschen Zopf frisieren zu lassen?

"Wofür macht ihr euch denn so hübsch?", fragte ich die beiden.

Harry erschrak leicht, denn er war so sehr auf seinen Flechtvorgang konzentriert, dass er meine Präsenz nicht bemerkte. Er hob den Kopf und nahm den Haargummi aus dem Mund, den er dort deponiert hatte, um beide Hände frei zu haben.

"ich mache mich nicht hübsch, ich bin es bereits. Doch Annel braucht noch etwas, wie sagt man daheim so schön? Tuning. Denn unser Annelchen-", er beugte sich vor und grinste Annel an "-hat heute ein Date!", erklärte er mir.

"Oh Annel! Ich freu mich ja so für dich! Wer ist denn dein Sugar Daddy?", erkundigte ich mich liebevoll.

Das kleine Mädchen wurde im gesamten Gesicht rot und kicherte leise.

"Zayn will mit mir tanzen gehen", brachte sie vor lauter Freude und Scham kaum hervor. Doch ich wunderte mich. Wieso würde Zayn, ein 17- jähriger Junge, mit einer 11- jährigem zum Tanzen gehen wollen?

Doch dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen, als ich an ein paar Momente zwischen Annel und Zayn zurückdachte.

Schon seitdem wir Anne und ihre kleine Schwester als Geiseln genommen haben, Schlich Annel ständig um Zayn herum. Sie war Hals über Kopf in ihn verliebt! Ich hätte es schon merken sollen, als die beiden 'Reise nach Jerusalem' spielten.

Ich blickte wieder zu Annel und fing dann lauthals an, sie auszulachen.

"Haha! Wie witzig! Annel denkt doch tatsächlich, dass Zayn auch in sie verliebt ist!", schrie ich.

"Ich bin nicht in Zayn verliebt!", weinte Annel und brüllte mich an.

"Doch, bist du! Komm Harry, sing mit!", animierte ich meinen Ritterkollegen dazu, ebenfalls in die Schmähgesänge einzusteigen.

Nun fing auch Harry an zu lachen und gemeinsam sangen wir: "Annel und Zayn sitzen auf dem Baum, Knutschen rum man glaubt es kaum!"

Annel wurde die Schmach zu viel und stürzte laut schluchzend aus dem Zelt.

Kaum waren wir beide allein, konzentrierte ich mich wieder auf das Wesentliche.

"Endlich haben wir das Zelt für uns allein", hauchte ich.

Harry stand auf und ging langsamen Schrittes auf mich zu, ohne den Blickkontakt auch nur für eine Millisekunde abzubrechen.

Sein Gesicht war nur Zentimeter von meinem entfernt, als er eine Hand auf meine Brust legte. Wir beide sahen den ruhigen, Sänften Bewegungen seiner Hand zu, als er ein sanftes "Ja, ich habe mich schon den ganzen Tag darauf gefreut..", flüsterte.

Er schaute mich wieder mit diesem undefinierbaren Blick an, den er nur hatte, wenn er mich sah. Ich wusste, dieser Blick war exklusiv nur für mich, niemand anderen würde er jemals so ansehen.

Leicht drehte er seinen Kopf und kam mir näher. Ich spürte seinen Atem auf meiner Haut, was mich beinahe um den Verstand brachte.

Ich wusste genau, was kommen würde, und das Warten war eine Qual.

Doch irgendwann hielt es scheinbar auch Harry nicht mehr aus, denn er stellte sich auf die Zehenspitzen, so wie er es immer tat, und leckte mir über meine Augenbrauen... für ein paar Minuten gaben wir uns der Sensation des Augenblickes hin und vergaßen alles um uns herum. Nur er und ich.

Doch plötzlich ertönte jedoch ein lautes Hupen, das Signal für alle V-Ritter, sich unverzüglich am Lagerfeuer zu versammeln.

Deswegen sprangen Harry und ich auf und rannten hurtig zu unserem Treffpunkt.

Dort wartete ein grimmig dreinschauender Pattons bereits auf uns. Als alle V-Ritter angekommen waren, begann Pattons mit seiner Bekanntgabe: "Ich weiß nicht, was ich sagen soll, denn mir fehlen die Worte. Aber wie wäre es mit: Ich bin maßlos enttäuscht von euch - LIAM UND HARRY!", kreischte er.

Mir stockte der Atem, denn bis jetzt wurde ich noch nie vor versammelter Mannschaft zur Sau gemacht.

"Mir wurde berichtet, wie gemein ihr heute zu Annel wart! Anne und sie waren gerade bei mir und haben mich über ihre Abreise informiert! Anne sagte, dass ein solches Verhalten nicht zu dulden sei und sie nun - für Annels Wohl - abreisen würde, selbst, wenn  Sie deswegen enorme Einbußen hinnehmen müsse! Ihr versteht nicht, wie folgenreich euer Verhalten war. Mir geht eine einmalige Chance durch die Lappen! Außerdem haben wir unsere Geiseln und Druckmittel verloren!", redete er sich in Rage.

Ich blickte zu Harry, der den Tränen nahe war.

"Ihr beiden werdet das wieder gerade bügeln. Ich befehle euch hiermit, den beiden Mädels nach Hause zu folgen und dort zu versuchen, sie umzustimmen! Hat ihr mich verstanden?", schrie er.

Mit einem schnellen Nicken bestätigten wir ihn und zogen sofort von Dannen, um unser Gepäck zu holen.