Kapitel 9

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"Schön, dass du wieder auftauchst", begrüsst mich meine Mum, nachdem ich das Haus betreten habe. "Jetzt bin ich ja da." Meine Mum verdreht nur ihre Augen. Hinter ihr taucht mein Dad auf.

Na toll.

Jetzt verdrehe ich die Augen. "Wieso verdrehst du deine Augen so?", fragt mein Dad leicht gereizt. "Du warst gar nicht gemeint", zicke ich. "Nicht in diesem Ton Hope! Und was diesen Jungen angeht, du wirst ihn nicht mehr treffen!" Wütend stampfe ich auf den Boden. Aufgebracht sage ich: "Du kannst mir nicht alles verbieten! Du zerstörst mein Leben! Das kannst du nicht machen und vor allem kannst du nicht bestimmen, wen ich liebe und wen nicht!" "DU LIEBST IHN?!?!", brüllt mein Dad los. "Scheisse", murmle ich leise. "Aber was interessiert dich das? Es ist immer noch mein Leben!" "Könnt ihr euch wieder beruhigen?" "Du lebst unter meinem Dach und das heisst, dass du nach meinen Regeln lebst!" "Na und? Dann zieh ich eben aus!" "Könnt ihr beide einfach euren Mund halten!", schreit meine Mutter dazwischen. Mein Dad und ich starren sie an. "Ihr streitet euch jetzt schon seit Anfang der Woche nur noch! Was ist los mit euch?" Meine Mum mustert zuerst meinen Dad, dann mich. Ich zeige auf ihn und sage: "Er hat angefangen." Mein Dad schnaubt und verteidigt sich dann: "Sie macht, was sie will. Wenn ich sage sie darf etwas nicht, macht sie es trotzdem!" "Du kannst ihr nicht verbieten, dass sie sich nicht verlieben darf. Das gehört zum Erwachsen werden dazu. Damit musst du dich einfach abfinden! Geh bitte in dein Zimmer Hope." Ich nicke und schleiche die Treppe hoch. "Du lässt sie einfach so davon kommen? Sie ist vor ein paar Tagen einfach abgehauen!" "Lass sie doch einfach. Hope wird wissen, was sie macht und was gut für sie ist. Schenk ihr einfach etwas mehr vertrauen." Danach knalle ich meine Tür zu.

"Hope? Hallo? Ist jemand zu Hause?" Verwirrt schaue ich in die grünen Augen von Sky. "Was ist los?" "Ich habe dich gefragt, wie es am Samstag war?" "Ganz gut", murmle ich nur. Wir stehen gerade auf dem Schulhof und warten auf das Klingeln.

"Was heisst das wieder?" "Wir haben im Wald gepicknickt. Dann waren wir noch bei ihm zu Hause und habe geredet und gelacht. Und du? Hast du was mit Julian gemacht?" Skys Augen beginnen zu leuchten. Aufgeregt erzählt sie mir von ihrem Wochenende. Das Klingeln stoppt ihre Erzählung und wir machen uns auf den Weg zum Klassenzimmer.

Nach einer Lektion Mathe und zwei Lektionen Geschichte, die mir ewig vorgekommen sind, kann ich endlich wieder auf den Schulhof. Suchend schaue ich mich um. Da entdecke ich jemanden, der mir winkt. Ich schaue etwas genauer hin und erkenne Leon. Ich laufe zu ihm und er nimmt mich in den Arm. "Hey, wie geht’s?", flüstert er in mein Ohr. "Gut, glaube ich. Und dir?" Leon nickt und zieht mich dann von seinen Freunden weg. Händchenhaltend laufen wir ums Schulhaus. "Wieso glaubst du, dass es dir gut geht?" Nach längerem zögern und einigen aufmunternden Blicken erzähle ich Leon, was am Samstag vorgefallen ist. Er drückt meine Hand und flüstert: "Das wird schon wieder." Leon zieht mich zum Eingang, da schon ziemlich alle Schüler verschwunden sind. Ich gebe ihm noch einen Kuss und dann mache ich mich auf den Weg zu Skylar.

"Da bist du ja." Als Antwort nicke ich nur. Sky zieht mich zum Chemiezimmer, da ich sonst in zehn Minuten immer noch an derselben Stelle stehen würde. "Was ist bloss los mit dir?", höre ich meine Freundin leise murmeln. Eine gute Frage.

Die Hormone sind Schuld.

Das war sehr aufschlussreich.

Ich weiss. Was würdest du wohl ohne mich machen?

Ich weiss nicht, dumm sterben?

Das nächste Mal bitte ohne Sarkasmus.

Ich verdrehe nur meine Augen und versuche mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Es klappt zwei Minuten und dann sind meine Gedanken schon wieder wo anders. Sie schweifen immer zu Leon und meiner Familie ab. Schlussendlich landen sie bei den SJ. Keine Ahnung, wie ich drauf gekommen bin.

"Du darfst niemals aufgeben. Du bist besonders und viel stärker als wir. Du schenkst uns Hoffnung Hope." Jake. Eine Träne tropft auf mein Blatt und die Tinte verschmiert. Eine zweite tropft auf den Tisch und man hört ein leises Geräusch. Ich wische mir mit dem Handrücken über die Augen. Eine Hand legt sich auf meine Schulter und ich schaue auf. Leon steht hinter mir. "Komm", flüstert er. Verwirrt stehe ich auf. Der Lehrer nickt nur. Zusammen verlassen wir den Raum und dann das Schulhaus, bis wir schlussendlich unter der Birke stehen. Ich lehne mich an den Stamm und spüre das Leben ihn ihm. Das Wasser, das überall hindurchfliesst. Leon hat sich derweilen auf den Boden gesetzt und beobachtet die Grashalme, die sich im Wind leicht hin und her wiegen.

"Du bist so anders", flüstert er in die Stille hinein. Ich wende meinen Blick von der Rinde des Baumes ab und wende mich an Leon. Fragend ziehe ich eine Augenbraue hoch. Er schaut mich an. "Du hast ein grosses Geheimnis und eine markante Vergangenheit." "Wie kommst du auf so etwas?", frage ich überrascht. "Ich weiss nicht. Es kam mir einfach gerade in den Sinn." Leon streckt seine Hand nach mir aus. Ich nehme sie und werde auf seinen Schoss gezogen. Ich lehne mich an ihn und platziere meinen Kopf auf seiner Schulter. Ich geniesse die Stille, die zwischen uns herrscht. Sie ist irgendwie beruhigend. "Hast du morgen Abend Zeit?", frage ich leise. "Ja." "Kommst du zu mir?" "Ja, wieso nicht. Ich komm um halb sechs, okay?" "Das ist perfekt. Ich sollte dich vielleicht noch vor meinem Dad warnen." Leon nimmt das nur mit einem Nicken zur Kenntnis.

"Da seid ihr ja", ruft Sky, die gerade auf dem Sportplatz aufgetaucht ist. "Ach, wie süss!" Bevor Leon oder ich regieren können, zieht Sky ihr Handy aus der Hosentasche und macht ein Bild von uns. "Hier!" Sie wirft uns unsere Taschen vor die Füsse und steht etwas unschlüssig da. "Essen?" Sky nickt. Ich erhebe mich von Leons Schoss, der sehr bequem ist und schnappe mir meine Tasche. Leon springt ebenfalls auf, nimmt seine Tasche, gibt mir einen Kuss und verschwindet dann in Richtung Cafeteria. Sky und ich folgen ihm etwas langsamer. Sky wiederholt noch das, was wir verpasst haben und geht sich dann ihr Essen holen.

SkrixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt