Kapitel 13

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"Warum habt ihr Idioten auch das Wasser für ihre Zelle nicht abgestellt?", vernehme ich eine leise, jedoch sehr wütende Stimme. Ich höre alles so, als ob ich Watte in den Ohren hätte. Mein Körper schmerzt. Die Stimmen murmeln immer noch etwas. Es knallt und Stille tritt ein. Schwerfällig öffne ich meine Augen. Im ersten Moment sehe ich nichts. Meine Augen gewöhnen sich langsam an die Dunkelheit und das schwache Licht. Fünf Meter von mir entfernt befindet sich eine Tür. Sie ist aus Metall, genau wie die Wände. Mein Blick gleitet zu meinen Füssen.

Entsetzt starre ich auf die Kette, die an meinen Fussgelenken befestigt sind. Ich hebe meine Hand. Erschrocken ziehe ich sie wieder zurück und streiche mit den Fingern über die Ketten, die ebenfalls an meinen Handgelenken befestigt sind. "Was ist passiert?"

"Du warst Bewusstlos, als sie dich hergebracht haben", antwortet jemand. Verwundert schaue ich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen ist. In der Ecke bewegt sich jemand. "Ich dachte, ich wäre alleine hier." "Anscheinend hast du falsch gedacht", kommt es wieder aus der Ecke. "Wer bist du?", frage ich. Ein Mädchen, das älter ist als ich, kommt aus den Schatten hervor. Sie hat schulterlange blonde Haare und dunkelbraune Augen. Sie läuft langsam auf mich zu und setzt sich neben mich. "Ich bin Memoria", meint sie und lächelt ein bisschen. Dann sieht sie mich auffordernd an. "Ich bin Hope." "Sind wir uns schon mal begegnet?", fragt sie daraufhin. Verneinend schüttle ich den Kopf. "Nicht das ich wüsste." Memoria murmelt leise meinen Namen vor sich hin. "Doch klar kenn ich dich. Du bist Jakes Schwester! Du beherrscht das Wasser!" "Du warst eine Freundin von ihm?", frage ich traurig. "Nein, ich war seine Freundin", auch in Memorias Gesicht sehe ich Traurigkeit und Schmerz. "Er hatte eine Freundin? Das wusste ich gar nicht..." "Er hat es nie jemanden erzählt. Er wollte mich beschützen, obwohl ich viel stärker war als er. Aber ich habe dich oft gesehen, als ich ihn abgeholt habe, um etwas mit ihm zu unternehmen." "Warum bist du hier?", frage ich. "Ich bin wie du. Man hat jemanden entführt, den ich sehr liebe. Sie haben ihn laufen lassen, nachdem ich hier war. Du fragst dich bestimmt, was meine Kraft ist." Ich nicke.

Plötzlich finde ich mich an einem Fluss wieder. Neben mir sitzt Leon und wir picknicken zusammen. Bei dem Gedanken an diese Erinnerung, muss ich lächeln. Genau so plötzlich, wie ich im Wald stand, sitze ich wieder auf den Boden. "Ich kann die Erinnerung von andern sehen und sie wieder diese erleben lassen oder ihnen meine zeigen. So kann ich viele Leute ausser Gefecht setzten." "Das will ich auch können", murmle ich. Memoria schüttelt ihren Kopf. "Jeder Skrix hat einen Grund, wieso er die Kräfte besitzt, die er hat. Du darfst dir nie wünschen, die Kräfte anderer zu haben, sondern sei froh, dass du deine hast."

Nach einigen stillen Minuten frage ich: "Kannst du mir von Jake und dir erzählen?" Überrascht schaut Memoria zu mir. Sie schüttelt den Kopf. "Ich kann es dir zeigen, okay?" Ich nicke. Memoria greift nach meiner Hand.

Der dunkle Raum verschwindet und ich finde mich in einem Wald an einem kleinen See wieder. Das Wasser ist glasklar. Vor mir höre ich ein Lachen. Es sind Memoria und Jake. Beide haben Badesachen an. Jake steht bis zum Bauch im Wasser mit Memoria in seinen Armen. "Wehe, du lässt mich jetzt los!", kreischt Memoria. Jake lacht nur weiter. Dann lässt er sie einfach fallen. Memoria platscht ins Wasser und taucht nach einigen Sekunden wieder auf. "Wieso?" "Hab ich jemals das getan, was du mir gesagt hast?" Grinsend schüttelt Memoria den Kopf. Jake geht einen Schritt auf sie zu und legt seine Hände auf Memorias Hüfte. Dann legt er seine Lippen auf ihre. Memorias Hände wandern hinter Jakes Nacken, wo sie sich verschränken.

Das Bild verschwindet und ein neues taucht auf. Ich sehe unser altes Haus. Aus dem Garten kommt Jake. Ihm rennt ein Mädchen hinterher. Das bin wahrscheinlich ich. "Kannst du nicht nochmal mit mir spielen?", fragt sie. Jake lacht und schüttelt den Kopf. "Tut mir leid Hope, ich muss los. Aber wir spielen wieder, wenn ich zurück komme, okay?" Wild schüttelt mein jüngeres ich den Kopf. Sie umarmt Jake und verschwindet dann wieder. Jake geht zu Memoria, die alles lächelnd mit angesehen hat. "Sie ist ein tolles Kind", grinst sie.

Dann löst sich das Bild auf und ich sitze wieder auf dem Boden. "Danke", murmle ich. Memoria lächelt ebenfalls. Sie lässt meine Hand los und legt sie auf ihr Knie. "Ich muss mich manchmal an die schöne Zeit mit ihm erinnern. Ich will ihn einfach nicht vergessen." Wissend, wie sich das anfühlt, nicke ich.

Müde schliesse ich meine Augen und lehne meinen Kopf an die Wand. Langsam gleite ich ins Land der Träume. Mein letzter Gedanke gilt Jake.

"Verschwinde!", brüllt jemand laut. Langsam schlage ich meine Augen auf. Memoria steht gerade auf und läuft in eine Ecke. Ich schaue nach vorne und sehe den Psycho. Der hat ja noch gefehlt. "Du wolltest wirklich abhauen. Sehr dumm!" Der Psycho richtet sich an mich. "Das kommt davon, wenn man versucht, dem grossen Dr. Mad zu entkommen", ruft er wieder und deutet auf die Ketten. Seufzend verdrehe ich die Augen. Dr. Mad zieht hinter seinem Rücken eine Kamera hervor. Er macht ein Foto. Geblendet vom Blitz kneife ich die Augen zusammen. Dann gibt er die Kamera an einen seiner Leute weiter. "Du wirst niemals hier wegkommen", lacht er, verlässt den Raum, knallt die Tür zu und schliesst ab. "Na super", murmle ich.

"Memoria?" Es raschelt und sie kommt wieder zu mir. Dieses Mal schaut sie zu Boden. "Alles okey?" Memoria schaut auf. Einige Tränen laufen ihr übers Gesicht. Ihre Wange ist knallrot. Ich lege meine Hand auf ihr Knie. "Wieso tut er das?", fragt sie leise. "Er hat eindeutig nicht mehr alle Tassen im Schrank." Meine zweite Hand bewegt sich. Die Tränen sammeln sich und werden zu einer kleinen Kugel. Verwirrt schaut Memoria die Kugel an. Diese schwebt auf ihr Gesicht zu und landet vorsichtig auf ihrer roten Wange und verteilt sich über die Haut. Memoria entspannt sich etwas. Nach einer Weile hat ihre Wange wieder einen normalen Hautton angenommen. Ich lasse die Kugel etwas von uns entfernt zu Boden klatschen. "Danke", murmelt Memoria neben mir. Ich lächle sie an und sie erwidert es.

SkrixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt