Als ich am nächsten Morgen erwachte, war ich allein. Rajan hatte am Abend zusammen mit den anderen Männern den Raum verlassen und kam irgendwann in der Nacht zurück.
Er hatte sich leise ausgezogen und neben mir ins Bett gelegt, einen Augenblick meinte ich auch seinen Blick auf mir gespürt zu haben, doch ich stellte mich schlafend.Schläfrig blinzelte ich zu den Fenstern, die noch verhangen waren. Durch das Licht, das an den Rändern hindurch linste, konnte ich aber erkennen, dass die Sonne schon recht hoch stehen musste.
Einen Moment lang blieb ich unbewegt im Bett liegen und starrte den roten Stoff an, den man über die Balken des Bettes gespannt hatte. Jetzt wo er nicht mehr vom Licht der Kerzen angestrahlt wurde, wirkte er gar nicht mehr so warm wie gestern Abend. Trotzdem dachte ich wieder an wohlige Winterabende in Schneewacht, Arden, wie er mir vorlas und an das Kleid meiner Mutter.Alles Dinge die vergangen waren. Die ich so wohl nicht wieder erleben oder sehen würde.
Etwas sauer auf mich selbst schüttelte ich den Kopf und rappelte mich auf. Ich sollte wirklich mit solchen Gedanken aufhören. Für mich hatte jetzt ein neues Leben begonnen und dieses würde mir garantiert neue Erinnerungen bescheren.
Rajans Gemächer waren deutlich größer als meine. Man konnte fast sagen, dass es zwei einzelne Räume waren. Einmal der vordere Teil mit dem großen Schreibtisch, einigen Schränken und Regalen und einer längeren Tafel mit 12 Stühlen. Und dann noch der hintere Teil, der zwei Stufen höher gelegen war, optisch abgetrennt durch die Treppen und einen Vorhang, der jedoch gerade an der Wand festgebunden war.
Seufzend schwang ich die Beine aus dem Bett und stand auf. Kurz wartete ich, ob dieser üble Schwindel vom Vorabend wieder einsetzte, doch nichts geschah. Natürlich war ich aber auch nicht mehr so erhitzt und der psychische Druck, den ich mir selbst aufgebaut hatte, war auch verschwunden.
Langsam machte ich ein paar Schritte vom Bett weg und um den Paravent herum, der links davon aufgebaut war. Dahinter verbarg sich ein Zuber, ein Waschtisch, sowie ein Tisch mit großem Spiegel und zwei dunkle Kleiderschränke.Zielstrebig hielt ich auf die Waschschale zu, langte in das erfrischend kühle Wasser und rieb mir mit den nassen Händen ein paar Mal übers Gesicht. Das half auf jeden Fall wacher zu werden.
Es war erstaunlich, dass nicht schon jemand gekommen war, um mich zu wecken. Normalerweise riss Roya schon die Vorhänge auf, wenn die Sonne gerade einmal am Horizont zu erahnen war.Mit zusammengekniffenen Augen ertastete ich das Leinentuch neben der Schüssel und rieb mir das Gesicht ab.
Vermutlich wollte sie mich nach dem langen, aufregenden Tag gestern einfach schlafen lassen. Eigentlich lieb von ihr, aber ehrlich gesagt wusste ich ohne den gewohnten Ablauf am Morgen nicht so richtig etwas mit mir anzufangen.Ich seufzte, legte das Tuch zurück und lief weiter zum Frisiertisch, wo ich mich auf dem Stuhl niederließ und vorsichtig in den Spiegel sah. Frustriert musste ich feststellen, dass ich fast noch schlimmer aussah als ich befürchtet hatte.
Meine Haare wirkten irgendwie strohig und waren sehr zerzaust. Mein Gesicht wirkte vom Schlafen noch etwas verquollen und unter den Augen zeichneten sich leichte Augenringe ab. Ich war wirklich erst spät eingeschlafen.Aber ansonsten... immer noch ich. Was hatte ich auch erwartet? Das ich jetzt anders aussah, wenn ich einen anderen Namen trug? Wenn ich eine richtige Frau war?
Noch einmal seufzte ich und griff nach der Bürste. Es war definitiv meine, also musste Roya schon da gewesen sein oder hatte gestern im Laufe der Feier meine Sachen hergebracht.
Ich umfasste den hölzernen Griff und wollte sie gerade anheben, als mir etwas ins Auge fiel. Hinter den Fläschchen und Tuben, die am hinteren Rand der Tischplatte aufgereiht waren, ragte ein Stück Papier hervor, fast nicht zu sehen.
Verwundert ließ ich die Bürste los, fasste stattdessen mit spitzen Fingern die kleine Ecke und zog ein zweifach gefaltetes Stück Papier hervor.
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Stern des Nordens
FantasyDas Land ist zerstritten. Um die Anhänger des Königs zu stärken, sollen die nördlichen und südlichen Lordschaften durch die Hochzeit der jungen Lady Aree und des schleierhaften Lord Thymeris' vereint werden. Durch Intrigen versuchen Feinde der Krone...