Sein Einschreiten lies uns umdenken. Wir konnten nicht mehr ins Lager einfallen und für Durcheinander sorgen. Jeder Schritt musste sorgsam geplant werden. Trotzdem schafften wir es noch einmal pro Woche für Unordnung zu sorgen. Doch je mehr Männer an den Rändern positioniert wurden, desto schwieriger wurde es. Auch konnten wir keinen dauerhaften Lagerplatz mehr errichten, den wir hatten einen Verfolger: „Le Diablo" höchst persönlich sollte zuerst uns zur Strecke bringen, bevor er in den Krieg ziehen konnte. Nun waren wir nicht nur ständig auf der Flucht, sondern hatten noch einen wütenden, frustrierten Verfolger im Nacken. Einen, der erst aufgeben würde, wenn seine Beute tot oder erlegt war. Also einen, der nie aufgab.
Schon nach einem Monat hatten sich die Lager unter seinem Kommando vollständig verändert. Es gab keine Lücken oder Schlupfwinkel mehr. Die einst gelangweilten Soldaten standen wachsam auf ihren Posten oder trainierten fleißig auf den Übungsplätzen. Selbst die Pferde wurden immer kräftiger und ausdauernder. Der Krieg neigte sich seinem Ende zu und der hiesige Herrscher schien zu gewinnen.
Doch ich wollte dies nicht zulassen, ich konnte dies nicht zulassen. In einer weiteren Nacht-und-Nebel-Aktion ritt ich ins feindliche Lager und sprach mit den dortigen Kommandanten. Die ganze Nacht berichtete ich ihn von der Ausrüstung, den Strategien auf den Trainingsplätzen, den Heeresanführern und geplanten Zielen. Interessiert hörte mir mein Gegenüber zu und fragte zwischendurch nach zusätzlichen Informationen. In der Morgendämmerung stieg ich wieder auf mein Pferd und ritt ins Gebirge. Dort fand ich gegen Mittag eine Höhle, in welcher ein Fluss sich entlang schlängelte und welche mit Beerensträuchern durchzogen war. Hier lies ich mich mit meinen schwarzen Freund nieder und wir ruhten uns nach langer Zeit endlich einmal richtig aus. Als ich mich gegen die Mauer lehnte und mich an dieser hinuntergleiten lies, lies ich die letzten Tage Revue-Passieren. Es kam mir schließlich seltsam vor, dass der Kommandant beim nennen von „Le Diablo" plötzlich verstummte und sich für meine restlichen Informationen nicht mehr interessierte, nämlich den Lagerplatz der Truppen. Er hatte mich aus seinem Gedächtnis verbannt und plante irgendetwas. Welchem Anführer, würde das Lager seiner Gegner nicht interessieren, dafür aber eine einzelne Person?
Ich wünschte mir, dass ich endlich mit jemanden sprechen konnte. Doch war ich jetzt schon seit fast fünf Jahren eine Einzelgängerin. Niemand wollte etwas mit mir zu tun habe, weil ich zu den Verfluchten gehörte. Niemand gönnte mir meine Ruhe, weil sie mich als Tochter der Finsternis bezeichneten. Niemand würde je freundlich mit mir sprechen, weil ich den Tod zu ihnen brachte. Nun brachte ich wirklich den Tod in mein Land, ich war eine Verräterin geworden, eine Vogelfreie. Mich würde es nicht wundern, wenn die Jagd auf mich schon im vollen Gange wäre. Bis jetzt sollte mich „Le Diablo" nur einfangen, wenn meine letzten Taten bekannt wurden, würde er mich töten. In diesem Punkt war ich mir völlig sicher, mein anstehender Tod war nun gewiss. Ich hatte niemanden, bei dem ich Zuflucht finden konnte und einen tödlichen Feind im Nacken, der mich sicherlich irgendwann einholen würde. Das Land konnte ich auch nicht verlassen, weil ich die fremde Sprache nicht beherrschte und mich so nicht vor drohendem Unheil verstecken konnte. Mir blieb also nichts anderes übrig als hier zu verweilen und meine Verfolger abzuhängen, was leichter gedacht als gemacht war. Jedoch wollte ich mich hier zuerst erholen und wieder zu Kräften kommen. Auch mein Schwarzer war bereits erschöpft und badete im Fluss. Die Beeren waren eine willkommene Abwechslung zu den Pilzen und Wurzeln, welche bisher auf unserem Speiseplan waren.
Draußen tobte ein Sturm, doch ich war zu müde um meine Umgebung zu registrieren. Der Hengst, mein ständiger Begleiter, lies sich neben mir nieder. Zusammen schliefen wir ein und überhören den näherkommenden Hufschlag. Ein Mann saß auf einer nervösen Araberstute ihm Höhleneingang und schaute sich um. Er suchte Schutz vor dem Unwetter. Als er mich und meinen Freund sah, ritt er neugierig näher. Der Donner übertönte die Schritte der Stute und ihr nervöses Schnauben. Kurz bevor die beiden uns erreichen konnten, roch mein Schwarzer die Stute und sprang auf. Erschrocken wich die Stute nach hinten und lies sich nur schwer wieder bändigen. Durch den plötzlichen Luftzug, der beim emporschnellen des Hengstes entstanden war, wachte ich auf und schaute mich um. Vor lauter Müdigkeit konnte ich zuerst nichts erkennen und erst durch den dritten Blitz im Höhleneingang im Hintergrund sah ich den Reiter mit seinem Pferd. Die Stute stieg auf ihre Hinterhand und kam uns aufgeregt entgegen. Ihr Reiter hatte Mühe sie wieder unter Kontrolle zu bekommen. Weit ausholend ging die Kleine auf mich zu und ich blieb erstarrt sitzen. Plötzlich übertönte ein wütendes Wiehern das Donnergrollen. Mein Hengst sprang zwischen mich und die Stute, wobei er sie fast zum Fall gebracht hatte. Wütend schaute uns der Reiter an und ich sprang auf, um die Schulter meines Kameraden zu untersuchen. Leichte Abschürfungen waren ersichtlich, wenn der Blitz die Höhle wieder erleuchtete, doch kein Blut. Schnell sammelte ich meine Waffen ein und sprang auf den Rücken meines Hengstes. Während uns die Stute ängstlich zitternd gegenüberstand, zitterte mein Pferd aus Erwartung für einen Kampf. Kampflustig warf er seinen Kopf in die Höhe und rollte ihn wieder abwärts. Gleichzeitig starrte ich den Reiter in die Augen. Er blieb gelassen auf seinem nervösen Reittier sitzen und lenkte sie mit seinen kräftigen Schenkeln von der Höhlenwand weg.
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Die Waldfee
FantasyEin Mädchen wird geboren, was die Dämonen der Nacht bekämpfen soll. Stattdessen wird es als Tochter der Finsternis bezeichnet und verdammt. Schafft sie es sich zu behaupten und ihre wahre Bestimmung anzutreten oder verliert sie sich in den wirren de...