Er schien die Frage ein wenig zu ernst genommen zu haben, so schien es mir, dennoch verschwendete ich keinen weiteren Gedanken mehr daran und wandte mich wieder meinem Buch zu. Es war ja nur eine dumme Frage eines kranken Kindes gewesen.
(Donnerstag)
Jin war am nächsten Morgen ein wenig schlecht gelaunt. Ob es nun an meiner Frage am Vortag lag, oder eben an den ausgebüchsten Kühen konnte ich nicht genau sagen.
Changkyun hatte sich nach dem Vorfall tot ernst geweigert zu helfen und mir hatte man gesagt, ich dürfe mich heute noch ausruhen, selbst wenn mein Fieber gesunken war. Als niemand im Haus darauf achtete hatte ich mich, böse wie ich bin, aus der Decke geschält und war aus meinem Zimmer geflohen um ebenfalls auf dem Hof zu arbeiten."Ch-",rief Changkyun überrascht als ich still und heimlich über den Hof gerannt war um auf ihn im Kuhstall zu treffen als er gerade das dreckige Heu aus dem Kälbchenstall in eine Schubkarre beförderte.
"Pssshhh!", unterbrach ich ihn sofort und lief auf ihn zu, damit er ja nichts falsches sagte. Wer weiß wo Jin sich gerade herumtrieb.
"Im Bett ist es langweilig und ich wollte gucken ob du Faulenzt", erzählte ich ihm in Vertrauen da ich bezweifelte dass er mich wieder weg schickt, einfach weil er dadurch weniger Arbeit hatte, wenn er sie denn alleine verrichten würde, was ganz danach aussah."Aha, also hilfst du mir?", vergewisserte er sich, nur um meine Wörter auch richtig verstanden zu haben, weshalb ich nickte und mir ebenfalls eine Mistkabel krallte.
"Können wir die Gabeln tauschen?", fragte er mich nachdem wir einige Sekunden still vor uns hin geschaufelt haben.
"Wieso hast du eben nicht getauscht?", wollte ich wissen und schaute ihn verwirrt an.
"Ähh, weil ich eben gerade erst angefangen habe und gerade die da nehmen wollte", redete er sich raus und deutete auf die Gabel in meinen Händen.
"Kann nicht, hier ist doch schon die Hälfte raus", schüttelte ich den Kopf und schaute ein wenig verdutzt, von dem was er gerade von sich gab."Jin hat vor mir hier angefangen und meinte vor ein paar Minuten erst dass ich hier übernehmen soll", klärte er mich eilig auf und hielt mir sein Werkzeug entgegen, was ich vorerst nicht annahm.
"Der Stiel von der hier ist aber nicht geschmiergelt, das könnte Splitter geben", wandte ich skeptisch ein, weigerte mich fast schon ihm dieses zerfranste Sück Holz in die Hände zugeben.
"Macht nichts, ich habe gestern ja auch schon mit der gearbeitet", zuckte er mit den Schultern, weshalb ich ihm dasDing eher misstrauisch überließ. Das ist doch nicht der Changkyunden ich kannte! Der echte würde die Gabel nur wieder in den Dreck schmeißen und mir die ganze Arbeit überlassen, aber dass er jetzt plötzlich freiwillig arbeitete und noch dazu eine so gut wie kaputte Gabel nahm war durchaus bedenkenswert. Er schob die Schubkarre in den Stall hinein, sodass wir es leichter hatten den Dreck hinein zu befördern. Er trennte das Gehege in der Mitte ab, sodass jeder von uns eine Hälfte übernahm.
"Jetzt hab ich mehr Arbeit zutun", brummte er missmutig, jedoch hörte sich diese Beschwerde nicht gerade ernst gemeint an. Eher als würde er so tun dass es ihm etwas ausmacht.
"Wir können auch gerne tauschen", zuckte ich mit den Schultern, während ich schon anfing die Karre zufüllen.
"Nö nö, schon gut", seufzte er und startete ebenfalls.
Ich war mir nicht sicher ob ihm bewusst war, dass ich ahnte was er vor hatte als er sich freiwillig meldete die Karre auszuleeren, doch ich wusste es zu schätzen. Ich war mir sicher dass er versuchte mir Arbeit abzunehmen, weil es ihm vielleicht unangenehm war mich hoch zu schicken oder eben genau weil er dachte, dass es besser wäre mich auf dem Hof zu lassen. Nicht weil ihm dadurch Arbeit abgenommen wird, sondern weil er eventuell wusste wie schlecht ich mich sonst fühlen würde, nur faul im Bett herum zu liegen während alle anderen beschäftigt sind.
Jin hätte mich schon längst wieder ins Bett geschickt und mich zu einer Woche Betthüten verdonnert. Ich fands ja süß dass er sich um mich sorgte, aber das was Jin manchmal macht fand ich übertrieben.
Changkyuns Aktion war ehrlich gesagt ziemlich aufmerksam, beinahe schon süß, wenn ich mit meiner Vermutung wirklich richtig läge.
Wenn ich es mir genau vor Augen führte war er also wirklich kein so schlechter Kerl wie man anfangs vermutet, ein wenig Geduld und Strenge kann Wunder bewirken. Er machte es nicht gerne, das wusste ich, aber alleine schon, dass er es tat zeigte wie sehr der erste Eindruck trügen kann.
Er kehrte nach ein paar Minuten mit der Karre zurück und lehnte sie mit den Griffen senkrecht an die Scheunenwand, wie Jin es ihm wahrscheinlich gezeigt hatte.
"Lass mich raten, du willst mir auch helfen das Heu rein zu holen", vermutete er während er hörbar ein atmete und die Hände in die Hüfte stemmte bevor er sich wieder seine Gabel krallte.
"Richtig" Besonders motiviert und begeistert von der Arbeit schien er nicht zu sein, er setzte verlangsamt einen Fuß vor den andern und schaute missmutig vor sich hin als er letztendlich den Heuhaufen erreichte den Jin einfach so auf dem Heuboden abgeladen hatte.
"Hat Jin die Hunde schon gefüttert?", fragte ich als ich mich schon an die Arbeit machte während er noch unmotiviert im Heu herum stocherte.
"Ich hab die Köter gefüttert", knurrte er, in Gedanken bei den beiden Hofhunden die er nicht sonderlich leiden konnte.
"Was hast du gegen die Hunde?", wollte ich wissen und wartete auf eine Antwort, mit der er ziemlich auf sich warten ließ.
"Hunde sind gruselig, die machen mir Angst", murmelte er, kaum hörbar, als wolle er die Konversation so schnell wie möglich beenden.
"Warum?", ich wollte das Thema nicht so schnell fallen lassen, wenn man sich schon unterhalten konnte. Ich hatte das Gefühl, die Wand zwischen uns wäre nicht mehr so undurchdringlich wie zuvor.
"Das geht dich nichts an", Seine Stimme war gefährlich leise und rau, er funkelte mich bloß mit seinen verrenkten Augen an anstatt laut zu werden. Als Warung. Ich verstummte augenblicklich und fragte widerwillig nicht weiter nach, obwohl es mich nach dieser abwertenden Reaktion nur noch neugieriger gemacht hat. Als Ich gerade ansetzen wollte ein neues Thema anzusprechen, wurden meine Worte von einem wütenden Räuspern im Keim erstickt. Mit zusammen gepressten Lippen drehte ich mich zu Jin um, der mit verschrenkten Arme im Rahmen der Tür stand und mich mit fordernden Augen genaustens inspizierte.
"Du, Bett", war das einzige was er aussprach, wodurch ich bloß den Kopf schüttelte. Er würde an meiner Stelle das selbe tun, dass kann er nicht verleugnen. Wäre er krank würde er auf keinen auf diesem Hof hören wollen, wahrscheinlich arbeitete er dann sogar noch mehr als vorher. Außerdem übertrieb er maßlos, mein Fieber war schließlich fast weg. Und Changkyun konnte meine Arbeit nicht komplett übernehmen, das traue ich ihm nach dieser kurzen Zeit hier nicht zu.
"Im Bett ist es langweilig", wehrte ich mich und sah aus dem Augenwinkel dass Chang in seelenruhe weiter machte und uns zwei nicht eines Blickes würdigte.
"Wenn du dich heute nicht im Bett langweilst wirst du es drei Tage lang am Wochenende tun. Dann fahre ich mit Changkyun alleine zum See", drohte er, was mich weniger interessierte, denn als er 'Changkyun' und 'See' in einem Satz verwendete fing ich an ihm überhaupt erst zu zuhören.
"Häh?? Changykun kommt mit??", fragte ich entrüst und riss die Augen auf, woraufhin er nur langsam mit dem Kopf nickte und die Augen schloss.
"Ich dachte nur wir zwei", Jetzt war ich ein wenig enttäuscht. Ich hatte mich auf einen Tag mit ihm alleine gefreut, ohne irgendwas oder irgendwen, ich dachte Chang sollte hier die Stellung halten.
"Ich komme garantiert nicht mit! Wer weiß was alles in diesen See scheißt und pisst!", warf Changkyun plötzlich in die Diskussion mit ein, weshalb ich mich zu ihm umdrehte, wie er sein Kinn auf dem Ende des Gabelstiels ablegte und angewidert zu uns rüber schaute.
"Du sei mal ganz leise! Bist schuld dass die krank ist und lässt sie auch noch arbeiten!", herrschte er den Jüngeren an, klang dabei aber nicht sonderlich ernst. Als würde er den Fehler nicht bei Changkyun suchen.
"Willst du sie etwa einsperren? Das Fieber kommt nur vom Schock, keine Erkältung, keine Grippe, gar nichts. Komm mal runter und lass sie machen was sie für richtig hält sie ist alt genug!", motzte er plötzlich zurück, was ihm überraschte Blicke von beiden Seiten einfingen ließ. Von Mir, weil er die fehlende Ernsthaftigkeit in Jins Mahnung nicht bemerkt hatte und weil ich niemals damit gerechnet hätte, dass ausgerechnet er mich verteidigen würde, und Jin weil er nicht mit Widerspruch gerechnet hatte.
"Bist du ihr Erziehungsberechtigter oder ich?""Erziehungsberechtigter?", kam es aus unseren Mündern fast Zeitgleich. Seit wann war Jin mein Erziehungsberechtigter? In welcher Zone war ich denn jetzt bitte?
"Jetzt nicht offiziel aber ich komme mir vor wie ihr Vater, verstanden?"Na Danke auch.
Ich war enttäuscht und sauer. Ich hatte ernsthaft gedacht Jin würde mich auch mögen, vielleicht ein kleines Stück. Da war wohl etwas gewaltig an mir vorbei gegangen.
"Das hätte ich an deiner Stelle jetzt nicht gesagt", drang es monoton an mein Ohr als Changkyun die Worte hinter meinem Rücken aussprach und zu mir angetrottet kam um mir die Gabel aus der Hand zu nehmen.
"Nicht dass du auf ihn los gehst", flüsterte er kaum hörbar während Jin verwirrt über meinen plötzlichen Stimmungswandel zu uns rüber schaute.
"Ich geh ins Haus", schnaufte ich sauer und trampelte wütend aus der Scheune, natürlich nicht ohne Jin beleidigt an der Schulter anzurempeln und davon zustapfen. Mir war nach heulen zumute, ich hätte am liebsten geschrien oder könnte ihm von Trauer verdummt meine jahrelange Liebe blindlinks gestehen, weshalb ich lieber das Weite suchte um so etwas zu vermeiden. Hinter mir hörte ich Schritte, die mir eilig folgten und kurz danach Jins Stimme die nach mir rief.
"Lass mich in Ruhe!", keifte ich über die Schulter zurück und pfefferte die Gummistiefel an meinen Füßen einfach an die Hauswandehe ich die Haustür aufriss und mit flinken Schritten hindurch schlüpfte bevor ich sie sauer ins Schloss fallen ließ. Wie ein wütendes Kleinkind das Ärger bekommen hatte sprintete ich in Socken die Stufen hinauf und flüchtete völlig aufgewühlt in mein Zimmer, wo ich sofort den Schlüssel im Schloss herum drehte. Mag sein dass ich überreagierte, aber kaum war die Tür verschlossen schmiss ich mich auf mein ungemachtes Bett und schrie mit voller Kraft in die Matratze. Ich jammerte irgendwelche unverständlichen Wörter vor mich hin die in meinem Kopf sinn ergaben, während ich meine Arbeitsklamotten quengelig von meinem Körper zerrte.
"Warum funktioniert das ni-niiicht!", heulte ich unzählige Oktaven zu hoch und strampelte mir die schwere Hose vom Leib um schlussendlich schluchzend und gänzlich in Unterwäsche unter der Bettdecke zu verschwinden, die mich warm empfing und kommentarlos meine Tränen aufnahm. Ich dachte gar nicht daran leise zu weinen. Ich schrie meine Wut in die Decke, schlug auf die Kissen ein und versank im Selbstmitleid. Einmal wollte ich mich selbst bemitleiden, mit gequollenen und verlebten Augen aufwachen, die Kissenbezüge nassheulen und anschließend einen heißen Kakao und Kekse von Oma serviert bekommen, die niemanden in mein Zimmer ließ und mich pflegte. Ich wollte die Verabredung von mir, Jin und nun plötzlich auch Changkyun sausen lassen, depressive Sprüche auf Instagram posten und alles und jeden ignorieren, damit auch sie sich mies fühlten. Ich übertrieb maßlos, dass wusste ich eigentlich. Dennoch war mir so zumute.
Ich drehte das Kissen um als mir die Nässe an der Wange unangenehm wurde. Die Minuten verstrichen und langsam beruhigte ich mich wieder. Die Tränen wollten nicht mehr kommen, das klägliche Schluchzen erfüllte kaum noch den Raum und Stille kehrte ein, was ich nur herzlich begrüßte. Die Augen brannten, der Halsschmerzte und mein Brustkorb hob und senkte sich wieder regelmäßig während meine Nase noch immer lief und mich eine weitere Packung Taschentücher kostete. Ich saß im Schneidersitz auf dem Bett als ich das Tuch schüttelte, damit es sich von selbst entfaltete, als es energisch an der Tür klopfte.
"VERSCh-SCH-SCHwINDe!", brüllte ich krächzend, der Atem von Schluchzern geschüttelt.
"Ich bin's, Changkyun"
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«applepie» || im changkyun
Fanfiction"Ein Stück Apfelkuchen", befahl ich abweisend und schaute mich weiterhin im Raum um. "Wie wär's mit Bitte?" Changkyun konnte sich nicht damit abfinden. Gegen seinen Willen muss er seine Sommerferien auf dem Bauernhof seiner Großmutter verbringen und...