11. Kapitel

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Natürlich hielt ich mich zuhause nicht annähernd an die 3800 Kalorien. Zuerst ließ ich die durch Sondennahrung ersetzten Kalorien aus, nach 3 Tagen wog ich wieder 42,3kg, dann ließ ich auch die Zwischenmahlzeiten aus und reduzierte die Hauptmahlzeiten, ich fiel wieder zurück, machte täglich 45 min Workout und ging Joggen, nach und nach nahm ich langsamer ab. 2 Wochen später zeigte die Waage 40,6 kg an. 

Ich merkte wie meine ganze Energie und Lebensmut schwand. Mit jedem Gramm weniger ging es mir schlechter. Ich fror, meine Finger wurden blau, mir war den ganzen Tag eiskalt. Als die Waage dann das erste mal weniger als 40 kg anzeigte, wusste ich das ich bald wieder ins Krankenhaus müssen würde. Meine Mutter interessierte es nicht mehr. Ich schlief den ganzen Tag, aß kaum noch. Ging nicht mehr zu Schule. Verließ das Haus nicht mehr, aus Angst in eine Klinik zu kommen.

Waagenergebnis 36,8kg

Mein Tiefstgewicht überhaupt. 

Jede Nacht hörte ich meine Mutter weinen. Sie wusste nicht weiter, ihre einzige Tochter drohte zu sterben.

Liebes Tagebuch,

ich nehme immer mehr ab... ist das jetzt gut oder schlecht? Ich weiß es nicht. Habe so Angst wieder zuzunehmen, und doch Angst zu sterben. Ich fühle mich so schlecht... Leben hat keinen Sinn mehr. Ich will nicht mehr! 

-Annie

Meine Tage waren geprägt von Depression, und natürlich der Magersucht.

3 Tage blieb ich noch im Bett, lief alle paar Stunden ins Bad um mich zu Wiegen und etwas zu trinken. Gegessen habe ich seit 8 Tagen nichts mehr. Dementsprechend war mir bei jeder Bewegung schwindelig. Ich wusste das es an der Zeit war, etwas zu essen. Als ich langsam die Treppe runterlief, hörte ich wie meine Mutter telefonierte.

"Sie schläft den ganzen Tag.... Ich weiß nicht.... Nein ich sehe sie nichts essen.... Sie hat bestimmt 5 Kilo seit dem Klinikaufenthalt abgenommen... sie soll nicht gehen... okay, ich zerbreche auch langsam daran.... Weiß nicht.... JA, ICH BIN ÜBERFORDERT..... Hm....das hat keinen Sinn mehr.... Ich weiß das sie sterben könnte..."   

Wenn sie nur wüsste das es über 10 Kilo weniger als bei meiner Entlassung sind... Wir wussten alle nicht mehr weiter. Die letzte Hälfte der Treppe habe ich schon geschafft, dann musste ich kurz eine Pause machen. Ich schlich mich in die Küche nahm einen Messbecher und ein Glas. Vorsichtig miss ich 150  ml Mandelmilch ab, tat sie in das Glas und stellte es in die Mikrowelle. 60 Sekunden später, war die Milch warm. Vorsichtig nippte ich daran. Es tat so Gut, Wärme füllt mich aus. Die Kalorien brachten meinen Kreislauf wieder in Schwung, ich fühlte mich erholter und merkte wie die Kraftlosigkeit nicht mehr so stark war. 

"Annie? " meine Mutter stand im Türrahmen. In einem Oversize Pulli und einer Leggins stand ich vor ihr, inzwischen hatte es 30 Grad im Schatten, und ich fror trotzdem so entsetzlich. "Ich habe gerade telefoniert, Wir fahren in 30 Minuten zu deinem Hausarzt. So geht das nicht weiter... Wir zerbrechen noch daran, Annie. Ich kann nicht mehr und du glaube ich auch nicht. Du sollst nicht sterben, meine Kleine dünne Maus...." Sie nahm mich in den Arm.

Nur die Magersüchtige in der Masse (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt