Fünfzehn

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"Hi", sagte ich und lächelte in die Kamera. Es war Sonntag und seit Liams langweiligem Meeting war genau eine Woche vergangen, in der wir jeden Tag über Whatsapp in Kontakt gewesen waren. Ich hatte mich fast schon daran gewöhnt, jeden Morgen ein "Good Morning, Lorin :) x"  auf dem Display meines Handys zu sehen (Er machte langsam Annie mit ihrem allmorgentlichen "Morgen Süße :**"  Konkurrenz) und ich ertappte mich immer öfter dabei, dass meine Stimmung sich verschlechterte, sobald ich einen Tag lang nichts von ihm hörte.

Heute Morgen hatte er vorgeschlagen zu skypen und ohne groß nachzudenken hatte ich zugestimmt. Ich hatte es mir in meinem Bett gemütlich gemacht, lehnte an meinen Kissen, die ich an der Kopfseite des Bettes aufeinander gelegt hatte, steckte bis zur Brust unter der flauschigen, warmen Bettdecke und hatte den Laptop auf meine leicht angewinkelten Knie gelegt.

"Hi", antwortete Liam. "How are you?"

Wir redeten über alles mögliche. Er erzählte mir alles: Von seiner neuen Stylistin, über Harry Styles durchgemachte Nächte bis zu seinem Heimweh. Und auch ich ließ keine Details aus. Ich erzählte ihm, wie Ella und Toni drauf und dran waren zum cutest couple alive zu werden -sie waren einfach so verliebt!-, dass mein Bruder sich für ein Volkswirtschaftsstudium beworben hatte und wie ich gestern einen leckeren Schokokuchen gebacken hatte, den ich aß, während wir uns unterhielten.

Die einzige Tatsache, die ich ausließ, war, dass mein Bruder am Telefon in Tränen ausgebrochen war. Unsere Großmutter väterlicherseits hatte einen Herzinfarkt gehabt und lag nun im Krankenhaus. Sie war bereits auf dem Wege der Besserung, aber trotzdem war der Schock und die Angst vor dem Verlust eines geliebten Menschen in der ersten Sekunde unendlich groß gewesen. So hatten mein Bruder und ich zusammen geweint, er in Stuttgart, ich in Frankfurt, bis wir uns gegenseitig gut zugeredet hatten und beschlossen hatten, dass unsere Oma zu stark war, um schon mit 68 Jahren zu sterben. 

Schnell schob ich die Gedanken an meine Oma beiseite, da ich kein besonders großes Verlangen spürte, mich vor Liam in ein schluchzendes Wrack zu verwandeln.

Nach einer Stunde lockerer Unterhaltung waren wir schließlich dabei angelangt, darüber zu diskutieren, ob Barack Obama seinen Friedensnobelpreis verdient hatte - ich hatte literally nicht den Hauch einer Ahnung, wie wir auf dieses Thema gekommen waren. Liam war der Ansicht, Obama hätte seine Wähler enttäuscht und die Lage im Nahen Osten nur weiter verschlechtert. Ich dagegen beharrrte auf dem Argument, dass Obama verglichen mit Bush ein Engel war und dass ein einziger Mann den Kurs eines ganzen Landes nicht von heute auf morgen verändern könne. Wir einigten uns schließlich darauf, dass wir beide die USA mochten, weil sie die Mutter von Coca-Cola und McDonalds war.

"I don't know what I would have done without coke for the past few years!", sagte Liam.

"Well.. my brother loves it", sagte ich, denn Dennis war wirklich ein absoluter Cola-addict. "But I could live without it."

Liam antwortete nicht, er blickte gedankenverloren auf seine Hände. Ich wusste nicht Recht, was ich sagen sollte, also pickte ich beiläufig die letzten Kuchenkrümel von meine Teller. 

"I can't remember", sagte er irgendwann.

"What?", fragte ich verwirrt.

"I can't remember, whether my sisters like coke or not. I just can't... " Er wirkte völlig verstört von dieser Erkenntnis. Ich vermutete, dass es ihn schockte, wie fremd er seiner eigenen Familie geworden war.

"It's okay.", sagte ich. "They'll always be your sisters no matter how long you haven't seen them." Ich wusste, dass meine Trostversuche miserabel waren. Ich konnte mich gut in andere Menschen hineinversetzen, ihre Sorgen verstehen, doch ich litt meistens so sehr mit ihnen mit, dass ich selbst komplett verzweiflte. Wenn man jemanden aufmuntern wollte war das nur leider eher kontraproduktiv.

Impossible [Liam Payne]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt