Sechzehn

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El Paso, Texas, United States of America - Niall:

Niall zog sich sein T-shirt an und zupfte es zurecht. Zwei Monate, dachte er. Noch zwei Monate, dann konnte er endlich zurück nach Irland.

Er war in der Garderobe, die Jungs zogen sich ebenfalls um und Harry beklagte sich zum tausendsten Mal darüber, dass er, so wörtlich, jedes "fucking concert one of these bloody black skinny jeans" anziehen musste.

"You started wearing them and you can't blame the fans for liking it.. you look hot.", sagte Clarissa.

Niall verdrehte genervt die Augen. Clarissa war die neue Kostüm-Assistentin, aber neben dem Erstellen der Outfits der Jungs, hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, sie so oft anzuflirten, wie möglich.

Liam schnaubte, auch er hatte offensichtlich genug von Clarissa und ihrer aufdringlichen Art. Niall sah, wie sich Zayn und Harry vielsagende Blicke zuwarfen. Niemand konnte Clarissa ausstehen, Niall war es schleierhaft, wie sie es überhaupt geschafft hatte, an den Job zu gelangen aber eines Stand fest: lange würde sie ihn nicht mehr haben.

"You may go now, Clarissa", wies Louis sie kalt an und zur Erleichterung aller Bandmitglieder, verließ sie den Raum.

"I can't respect women like her", sagte Zayn und Niall wusste sofort, was er meinte.

Seit sie berühmt waren, wurde Niall am laufendem Bande von Frauen angesprochen und er wusste, dass es vielen von ihnen nur darum ging, eine Nacht mit Niall James Horan zu verbringen. Dadurch werteten sich die Frauen selber ab und machten aus sich eine leichte Beute. Solche Frauen hatten den Respekt gegenüber sich selbst verloren und Niall konnte nicht verstehen, wie sie erwarten konnten, von anderen Menschen respektiert zu werden.

"She's terrible", stimmte Niall ihm zu.

Die Jungs gingen noch einmal kurz durch, wie die Show ablaufen würde. Das Team hatte etwas bei KFC bestellt, damit Niall und die anderen auf der Bühne essen konnten, weil das den Fans anscheinend gefiel. Niall hatte damit kein Problem,  aber manchmal fragte er sich, ob tatsächlich kein einziger Fan merkte, wie viel von One Directions Auftritten gestellt war.

Eine viertel Stunde später stand Niall im Rampenlicht und war heilfroh um seine Ohrstöpsel, die ihn eigentlich vor dem zu lauten Bass bewahren sollten, gleichzeitig aber auch das Kreischen der Fans dämpften. Er winkte ein paar Mal in die Menge und die Schreie aus der Richtung,  in die er gewunken hatte, wurden lauter. Unmittelbar fragte er sich, ob irgendwann einmal der Tag kommen würde, an dem er verstand , was all die Mädchen an ihm so toll fanden.

Als Harry ein "We love you!" ins Mikrofon brüllte, tobte die Menge. Harry schaute zu  Niall und in seinem Blick konnte Niall erkennen, dass Harry sich genau dieselbe Frage stellte, wie er: Was war es, das diese Mädchen so durchdrehen ließ?

Nach der Show gingen die Jungs zu einem langen, weißen Tisch auf der rechten Seite der Arena und unterschrieben Autogrammkarten. Der Lärm war beihnahe unerträglich und Niall konnte die Fans, die versuchten mit ihm zu reden, während sie sich ihr Autogramm abholten, kaum verstehen.

Neben ihm saß Liam, der ein Autogramm nach dem anderen unterschrieb und die Fans irgnorierte, ohne mit der Wimper zu zucken. Zunächst wunderte sich Niall über die ungewöhnliche Unnahbarkeit, die sein Freund ausstrahlte, gestand sich aber ein, dass Liams Verhalten vermutlich vernünftig war. So konnte sich niemand benachteiligt fühlen, das Schreiben ging schneller und mehr Fans würden ein Autogramm bekommen.

Nach einer Stunde beendeten ein paar Bodyguards die Autogrammstunde und Nialls Körper entspannte sich, als sie den vergleichsweise ruhigen Backstage-Bereich betraten. 

"I'm going to eat a pizza now. Anybody want to come with me?", fragte Louis.

"We have no time for pizza. Our flight is taking off in-", begann Harry, doch er wurde von Louis unterbrochen.

"We gave two fucking concerts tonight. I don't really care whether there is a flight or not I'm totally exhausted and I want a pizza.", sagte Louis.

"Sorry, bro.", sagte Harry kleinlaut.

"No. I'm sorry I shouldn't have attacked you.", erwiderte Louis und Harry und er umarmten sich.

Niall musste bei dem Verhalten seiner zwei Freunde leise lachen. So waren die beiden immer, zuerst griffen sie sich an und in der nächsten Sekunde waren sie unvorstellbar reumütig. 

"So I'm going to eat a pizza now. Who wants to join me?", fragte Louis erneut.

"I", sagte Niall, ohne zweimal darüber nachzudenken. Er hatte seit dem Frühstück und dem bisschen auf der Bühne nichts gegessen, der Tag war der reinste Stress gewesen. 

Auch Liam folge Louis und Niall, als sie gemeinsam in die Küche gingen, sich eine von vielen Pizzaschachteln nahmen -die Crew musste schließlich versorgt werden- und sich dann in einen ruhigen Raum mit einem Sofa verzogen.

Sie aßen schweigend und genossen die Ruhe, die ihnen den ganzen Tag über gefehlt hatte. Niall biss gerade in sein fünftes Pizzastück, als Louis' Handy klingelte. Er erkannte es sofort, weil Louis den besten Klingelton hatte, den es gab: Bonfire Hearts von James Blunt. Es war eben Louis Tomlinsons Klingelton und Louis Tomlinson brauchte einen besonderen Klingelton.

"Yeah, right", sagte Louis in den Hörer und aus seinem liebevollen Tonfall konnte Niall sofort schließen, dass es Eleanor war, die angerufen hatte. Louis gab ihm und Liam ein Handzeichen,  dass vermutlich so viel wie 'ich gehe jetzt, Tschüß.' heißen sollte und verschwand durch die helle Tür aus Buchenholz.

"They're so cute", sagte Niall zu Liam, während er auf seiner Pizza Prosciutto e Funghi kaute. "They are a perfect match!" 

Liam gab nur ein kurzes "Hm" von sich und starrte das Essen in seinen Händen an.

"Don't you wanna eat?", fragte Niall. Wie konnte Liam nach so einem langen Tag nicht hungrig sein?

"Don't know", murmelte er und Niall begann sich zu allmählich zu fragen, warum Liam in letzter Zeit solch eine griesgrämige Attitüde ausstrahlte. Das passte ganz und gar nicht zu seiner Art.

Niall schluckte den letzten Bissen Pizza hinunter und fragte dann: "Is everything alright?"

Liam hob zum ersten Mal an diesem Abend seinen Blick und seine braunen Augen blickten direkt in die von Niall. Die Wärme, die sie sonst in sich bargen war einer merkwürdigen Art von Trauer gewichen, die Niall nicht richtig zu interpretieren wusste. "What happened?", wiederholte der sonst so quirlige Ire besorgt und versuchte Liam mit seinen Blicken zu sagen, dass er ihm alles anvertrauen konnte.

Gedanklich ging Niall durch was passiert sein könnte.. Hatte es etwas mit Liams Nieren zu tun? War seiner Familie etwas zugestoßen? Ging es einem seiner Freunde schlecht?

"I don't know, Niall. I don't know anything at all. But I know that it's because of her. "

Liams Antwort traf Niall, der den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen hatte, wie ein Schlag. Natürlich ging es um sie. Niall rechnete kurz und stellte dann fest, dass sich Liam und Lorin jetzt seit ungefähr fünf Wochen kannten und es wunderte ihn, dass, was immer zwischen den beiden schiefgelaufen war, Liam so sehr zu schaffen machte.

"We haven't talked for 13 days now and it's killing me, Niall." Liams Blick srtahlte eine seltsame Art von Verzweiflung aus. "I don't even know her. This is absolutely pathetic."

Impossible [Liam Payne]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt